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25.08.01 »Ernst Busch ist ein parteilicher Künstler« / Die Stadt Kiel möchte eine Straße nach dem bolschewistischen Propagandisten benennen

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 25. August 2001


Klassenk(r)ampf:
»Ernst Busch ist ein parteilicher Künstler«
Die Stadt Kiel möchte eine Straße nach dem bolschewistischen Propagandisten benennen
von Jonny Düsterbrook

Der Außenweg der Gaardener Schwimmhalle in Kiel soll nach dem „berühmten Schauspieler und Sänger“ Ernst Busch benannt werden, meldete die Kieler Lokalzeitung lapidar. Die SPD und die Grünen im Ortsbeirat beschlossen es gegen die Stimmen der CDU. Wer dieser Ernst Busch war, erfährt man kaum. Nun soll die Ratsversammlung entsprechend beschließen.

Die schleswig-holsteinische Landeshauptstadt erlaubt sich den Schildbürgerstreich, 40 Jahre nach dem Bau der Berliner Mauer und zwölf Jahre nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes einen der prominentesten kommunistischen Agi- tationskünstler zu ehren, während zur gleichen Zeit auf dem Gebiet der ehemaligen DDR die Namen früher führender Kommunisten von den Straßenschildern verschwinden.

Busch wurde 1900 in Kiel geboren und arbeitete als Jugendlicher bei der Germania-Werft. 1918 trat er der USPD bei, einer linken Abspaltung der SPD. Anfang der 20er Jahre entdeckte er sein Interesse fürs Theater und wurde nach einer kurzen Ausbildung vom Kieler Stadttheater für kleinere Rollen engagiert. Dann tingelte er durch ostdeutsche Theater, bis er von dem kommunistischen Theatermacher Erwin Piscator in Berlin entdeckt wurde. Piscator war einer der namhaften Vertreter des Agitprop-Theaters, einer Theaterform, die mit den Mitteln der Bühne kommunistische Agitation und Propaganda betrieb. Ihm gefiel der junge Ernst Busch, der äußerlich wie auch in der Stimmlage der Prototyp des Proleten war, wie ihn sich damals die Kommunisten vorstellten. Piscator machte ihn zum Star. Ende der 20er, Anfang der 30er Jahre spielte er zunehmend tragende Rollen in Propagandastücken kommunistischer Autoren wie Walter Mehring, Ernst Toller, Bert Brecht, Friedrich Wolf. Die linke Intelligenzija bejubelte ihn. Daneben spielte er im Rahmen des Agitprop in Kabaretts, trat auf Veranstaltungen der KPD auf, wirkte mit im „Kampfkomitee der Künstler und Geistesarbeiter“ für die Wahl der Kommunistischen Partei. In dem „historischen Schauspiel“ von Walter Mehring „Der Kaufmann von Berlin“ spielte Busch einen der Straßenkehrer, der auf der Bühne einen feldgrauen Soldaten mit den Worten „Dreck! Weg damit!“ auf den Wagen der Müllabfuhr wirft, eine Szene, die damals in Berlin einen riesigen Skandal provozierte, von der linken Schickeria aber gefeiert wurde.

Sein Kampf galt der Vernichtung der bürgerlichen Demokratie, der „Sozialfaschisten“ von der SPD und natürlich der Nationalsozialisten.

Er war nicht eigentlich ein Schauspieler, der zu vergleichen wäre mit den Großen seiner Zeit wie Heinrich George, Emil Jannings oder Werner Krauß. Ein ihm durchaus wohlwollend gesinnter Kritiker schrieb damals: „Ernst Busch spielt eigentlich immer nur sich selbst.“ Aber dieser Typ wurde von seinen kommunistischen Auftraggebern verlangt: groß, blond, körperlich stark, nicht von des Gedankens Blässe angekränkelt, jeder Zeit zum Kampf für die Weltrevolution bereit. Und so konnte er auch in einigen Filmen mitwirken, die im Dienst der kommunistischen Propaganda standen.

In der linken Kulturszene wurde er nicht zuletzt durch seine sozialistischen Kampflieder bekannt und beliebt. Er war einer der Interpreten, die der Autor Bert Brecht wie der Komponist Hanns Eisler über den grünen Klee lobten. „Das Lied der Einheitsfront“, „Solidaritätslied“, „Thälmannkolonne“, „Roter Wedding“, das waren Lieder, mit denen er bekannt wurde.

Im März 1933 emigriert er nach Holland und kann dort, betreut von der niederländischen Sozialistischen Partei, einige Male auftreten. Im Oktober 1935 reist er weiter in die Sowjetunion, das Land seiner Träume. Während Stalin vor allem unter den emigrierten mittel- und westeuropäischen Kommunisten seine fürchterlichen Säuberungen durchführt und Tausende seiner Genossen nach Sibirien verbannt oder sofort umbringen läßt, zieht Ernst Busch singend durch das Paradies der Werktätigen, ohne von dem Stalinschen Massenterror Notiz zu nehmen. Er kann Schallplattenaufnahmen seiner Kampflieder, etwa von dem „Kominternlied“, machen lassen, tritt im Moskauer Rundfunk auf und ist alles in allem ein Hätschelkind der Machthaber.

Als in Spanien der Bürgerkrieg zwischen Nationalen und Kommunisten ausbricht, geht Busch zwar nicht an die Front, wohl aber ins Hinterland, um mit seinen Vorträgen und Liedern die Kampfmoral der Rotspanier zu stärken. Während seine roten Gesinnungsgenossen 80 000 Zivilisten umbringen, darunter 8000 Priester, Nonnen und Mönche, (von denen Papst Johannes Paul II. im vergangenen März 233 als Märtyrer des Glaubens selig sprach), und Hunderte von Kirchen, Klöstern, Archiven, Kunstwerken zerstören, singt Ernst Busch zu ihrer moralischen Stärkung. Als die Roten besiegt worden sind, geht er zunächst nach Belgien. Dort wird er 1940 als deutscher Kommunist interniert, nachdem zwischen dem Deutschen Reich und der UdSSR ein Nichtangriffspakt geschlossen worden ist. Beim Einmarsch der deutschen Truppen transportieren die Belgier ihn nach Frankreich ab, wo er in ein Internierungslager kommt. Es gelingt ihm zu fliehen. Beim Versuch, die Grenze in die Schweiz zu übertreten, wird er geschnappt und nach Deutschland ausgeliefert. Hier sitzt er einige Jahre im Untersuchungsgefängnis Berlin-Moabit, wird dabei bei einem Luftangriff britischer Bomber verletzt und 1944 zu vier Jahren Zuchthaus wegen Hochverrats verurteilt. Nach der Befreiung durch die Rote Armee ernennt ihn die Sowjetmacht zum Kulturdezernenten von Berlin-Wilmersdorf. Bald tritt er wieder auf, nunmehr zu den gefeierten Siegern gehörend. Er produziert Schallplatten, singt im Rundfunk, auf Veranstaltungen der SED, deren Mitglied er wird, auf deren Parteitagen, im Kulturbund. 1947 erhält er die 3. Klasse des neu geschaffenen „Nationalpreises der DDR“, später den Preis 2. Klasse. 1950 wird er mit seinem Lied „Ami, go home!“ zu einem der lautesten Propagandisten für den Abzug der amerikanischen Truppen aus Westdeutschland, was ihn aber freilich nicht zum Umkehrschluß veranlaßt, auch den Abzug sowjetischer und anderer fremder Truppen aus Deutschland zu fordern.

Im Zusammenhang mit dem „Neuen Kurs“ der Partei nach dem Aufstand vom 17. Juni stellten einige Kulturpolitiker der DDR die Frage, ob das Wiederaufleben der kommunistischen Kunst der 20er und 30er Jahre, die darauf gerichtet war, die kapitalistische Gesellschaft zu zerstören, in der DDR noch am Platze sei. Jetzt gelte es doch, den Staat aufzubauen, und das müsse bedeuten, daß die Kunst konstruktiv zu sein habe. Zu den destruktiven Künstlern wurde auch Ernst Busch gezählt. Busch war beleidigt; er fühlte sich als Genosse unangemessen behandelt und ließ verärgert seine Parteimitgliedschaft ruhen. Nachteile hatte das für sein öffentliches Wirken als Schauspieler im Berliner Ensemble oder als Lied-Interpret nicht.

1961 sprach er, dem nachgesagt wurde, daß er mit zunehmendem Alter zum Querulanten geworden war, beschwerdeführend den DDR-Kulturminister Hans Bentzin an, weil er meinte, seine Platten würden im DDR-Rundfunk nicht mehr gespielt. Bentzin stellte richtig: es gebe keine Anweisung, Busch-Lieder nicht mehr zu senden. Im Gegenteil wurde ein großzügiges Programm für die Produktion von Busch-Platten in die Wege geleitet.

Obgleich seine Parteimitgliedschaft ruhte, wird er mit weiteren Preisen überschüttet und erhält einen Orden nach dem anderen, so 1956 die „Hans-Beimler-Medaille“, die „Medaille für Kämpfer gegen den Faschismus“, den „Vaterländischen Verdienstorden“ in Silber, die „Johannes-R.-Becher-Medaille“.

1965 folgt der „Vaterländische Verdienstorden in Gold“, ein Jahr später die „Erich-Weinert-Medaille“. 1971 wird er wieder in die SED aufgenommen. 1972 überreicht ihm der sowjetische Botschafter in Ost-Berlin den „Internationalen Lenin-Preis“. Zu seinem 75. Geburtstag verleiht ihm die UdSSR den „Orden für Völkerfreundschaft“. Zwei Jahre darauf folgt der „Kunstpreis des FDGB“. Als er drei Jahre später stirbt, nimmt an der pompösen Trauerfeier fast die gesamte DDR-Spitze teil, von Erich Honecker und seiner Frau Margot über Kurt Hager bis zu Hermann Axen. In dem 1987 erschienenen Jubelband der „Akademie der Künste der DDR“ wird zitiert: „Ja, Ernst Busch ist ein parteilicher, kommunistischer, internationaler Künstler.“

Wenn interessierte Kreise seiner Gesinnungsgenossen ihn jetzt zum Kritiker der DDR, ja fast zum Widerstandskämpfer in der DDR hochstilisieren wollen, indem sie etwa im Internet behaupten, er habe Honecker geohrfeigt, dann wollen sie damit eine Legende lancieren, die mit den Tatsachen nichts zu tun hat. Ernst Busch war bis zu seinem Tode ein stets linientreuer Kommunist, ob nun Stalin am Ruder war oder Ulbricht, der alle Säuberungen überstand und kein Wort der Kritik am real existierenden Sozialismus fand, weder zur Niederschlagung des Aufstandes am 17. Juni noch zur Berliner Mauer, weder zur Meinungsunterdrückung in der DDR noch zum Stalinschen Terror.

Und nach diesem Mann soll nun eine Straße in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt benannt werden!

Die SPD in Schleswig-Holstein und speziell die in Kiel stand immer in dem Ruf, besonders weit links zu stehen. Nun aber macht sie die Landeshauptstadt zum Gespött für ganz Deutschland. Oberbürgermeister Gansel, übernehmen Sie!

Sang als bolschewistischer Agitator gegen die Weimarer Republik und blieb auch in den Schützengäben Spaniens als Kämpfer der „Internationalen Brigaden“ gegenüber dem Terror der sowjetischer Mordkommandos blind: Ernst Busch, der 1900 in Kiel geboren wurde und später auch in Berlin dem SED-Regime diente.