29.03.2024

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08.09.01 Der Selbstverteidigungsminister

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 08. September 2001


Hans-Jürgen Mahlitz
Der Selbstverteidigungsminister

Nun wissen wir also, was Lothar Späth einst falsch gemacht hat: Er hatte zu Flugreisen, die öffentlichen Interessen dienten, private Maschinen benutzt und seinem Land so Kosten erspart - dafür mußte er zurücktreten. Rudolf Scharping hingegen hat zu rein privaten Flugreisen öffentliches Fluggerät in Anspruch genommen und so dafür gesorgt, daß „Otto Normalverbraucher“ nicht nur per Illustrierten-Voyeurismus, sondern auch finanziell an seinem Liebesleben teilhaben durfte - dafür muß man im Deutschland des Jahres 2001 offenbar nicht zurücktreten. Der eigentliche Unterschied zwischen dem damaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten und dem heutigen (Selbst-)Verteidigungsminister ist nämlich: Der eine hat das falsche, der andere das richtige Parteibuch!

Da werden die Genossen, die sich sonst so gern als Sachwalter des „kleinen Mannes“ sehen, auf einmal ganz großzügig: Wenn schon die ganze Nation ihren Spaß an dem frisch verliebten Minister hat, dann darf man sich doch wegen ein paar hunderttausend Mark nicht lumpen lassen. „Nicht kleckern, klotzen!“ lautet die Parole, schließlich erfahren wir alle ja erst jetzt, wie jenes „make love not war“ wirklich gemeint war, und statt „Ab nach Kassel“ heißt es nun „Ab nach Mallorca“! So lustig hat man das wohl zu finden, wenn man zu Schröders „Anständigen“ zählen will.

Wenn man es allerdings vorzieht, zu den - im linken Umkehrschluß - „Unanständigen“ zu gehören, hat man vielerlei Anlaß, sich über die unglaubliche Arroganz und Machtbesessenheit der in Deutschland Regierenden zu ärgern. Da wird den Soldaten in sicherheitsgefährdendem Maße Ausrüstung und Betriebsmaterial vorenthalten, und ihr oberster Chef verplempert das gesparte Geld im Pendelverkehr zwischen öffentlichem Amt und öffentlichem Liebesleben. Wer das mißbilligt, gar den Rücktritt des Ministers fordert, wird verspottet, abgekanzelt oder angepöbelt, je nachdem, ob er gerade dem Parteichef, dem Fraktionsvorsitzenden oder dem Generalsekretär der SPD ins Visier gerät.

Scharping, dessen privater wie politischer Lebensweg seit Jahren von Pannen begleitet wird, soll auf jeden Fall, egal was er sich noch alles leistet, im Amt gehalten werden. Das verwundert zunächst bei einem Regierungschef, der immerhin in der ersten Halbzeit der Legislaturperiode ein rundes Drittel seines Kabinetts austauschte und an Stammtischen bereits als Deutschlands teuerster Rausschmeißer gehandelt wurde. Aber beim Blick auf den Kalender legt sich die Verwunderung schnell: Da sind einige Wahltermine ganz dick angestrichen. Hamburg macht in diesem Monat den Auftakt, Berlin folgt im Oktober, und dann ist es nur noch ein Jahr bis zur Bundestagswahl. In solchen Zeiten entdecken auch die Lockersten unter den Genossen den diskreten Charme martialischer Durchhalteparolen: Mitten im Strom wechselt man nicht die Pferde!

Schröders Rechnung könnte im Falle Scharping sogar aufgehen. Denn immer weniger Menschen in Deutschland finden das Verhalten des Ministers geschmacklos und unmoralisch; die „Spaßgesellschaft“ hingegen sieht hier die regierungsamtliche Bestätigung dafür, daß die von Massenmedien und Werbung vorgeführte Lebensgestaltung richtig und „gut so“ ist. Die Leistungsträger, die den „Spaß“ finanzieren dürfen, sind eine schrumpfende Minderheit; es lohnt sich nicht mehr, sie als Wähler zu umwerben, da nur noch die Masse zählt.

Quo vadis Deutschland? - selbst diese Frage braucht man bald nicht mehr zu stellen. Weil es immer weniger Deutsche gibt, die sie verstehen …