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08.09.01 Der unvergeßlichen Königin Luise« Die nach ihr benannte Kirche in Königsberg wird 100

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 08. September 2001


Jubiläum:
»Der unvergeßlichen Königin Luise«
Die nach ihr benannte Kirche in Königsberg wird 100
von Heinrich Lange

Vor 100 Jahren, am 9. September 1901, wurde die Königin-Luise-Gedächtniskirche in Königsberg eingeweiht. Dem Eifer des Konsistorialrates Matthias Lackner - Pfarrer an der Altstädtischen Kirche von 1865 bis 1915 - soll diese erste Kirche außerhalb des Wallrings für die Ende des 19. Jahrhunderts entstehenden Villenvororte Hufen und Amalienau zu verdanken sein. Den Baugrund und die Hälfte der Baukosten stiftete Louis Großkopf mit der Bedingung, daß die Kirche der Königin Luise gewidmet werde. In seiner Schenkungsurkunde heißt es: „Seit einer Reihe von Jahren von dem innigsten Wunsche erfüllt, eine dauernde pietätvolle Erinnerung zu Ehren des Andenkens der hochseligen unvergeßlichen Königin Luise zu schaffen, welche in den schwersten Jahren unserer vaterländischen Geschichte mit ihren beiden Söhnen auf dem neben meiner Hufen-Besitzung gelegenen geweihten Boden des ehemals Busoltschen, jetzt Luisenwahl genannten Gartens weilte, zugleich von dem Gedanken beseelt, meinem kaiserlichen Herrn, unter dessen Schutz und Schirm ich im Frieden meine Arbeit tun konnte und dessen Huld und Gnade mich ausgezeichnet hat, meinen tiefempfundenen Herzensdank durch die Tat zu bezeugen, vor allem aber, um Gott dem Herrn, der meine Arbeit so sichtbar gesegnet hat, zu dienen, widme ich Louis Großkopf, Königl. Preußischer Kommerzienrat, der altstädtischen Gemeinde hierselbst zu dem Bau einer Kirche nebst Pfarre für die Hufengemeinde das erforderliche vermessene und abgesteckte Areal von 5182 qm Größe und zu den Kosten des Kirchenbaus die bare Summe von zweihundertzwanzigtausend Mark, sowie als weiteres Geschenk meiner Ehefrau Helene Großkopf geb. Winkler vier Glocken für den Turm der Kirche in der Voraussetzung, daß diese Kirche dem Gedanken meiner Stiftung gemäß den Namen Königin Luise Gedächtnis-Kirche erhalten ... werde.“ Wäre die Kirche am 18. Januar 1901 zum zweihundertjährigen Jubeltage der Erhebung Preußens zum Königreich eingeweiht worden, hätte er dies erlebt. Im Mai 1901, dreieinhalb Monate vor der Einweihung, starb der Mäzen. Auch in der vom „Komitee zur Errichtung der Königin Luise-Gedächtniskirche“ unterzeichneten Urkunde des Grundsteins, der am 7. Juli 1899 unter dem „Protektorate unserer allergnädigsten Kaiserin und Königin Auguste Viktoria“ gelegt wurde, werden Großkopf, die Widmung und der Fertigstellungstermin genannt. Zu den Spendern, „einer Anzahl kirchlich gesinnter und patriotischer Männer der Stadtgemeinde Königsberg unter Beteiligung der Altstädtischen Gemeinde als der eigentlichen Bauherrin“, gehörten Kommerzienrat und Bankier Walter Simon und Fritz Heumann, Inhaber der Waggonfabrik Steinfurt.

In der Grundsteinlegungsurkunde heißt es: „Es ist der Wunsch, daß die Königin Luise-Gedächtniskirche für jedermann und zu jeder Zeit offen stehe als eine Stätte heiliger Erbauung und zugleich auch dankbarer Erinnerung an die unvergeßliche Königin, die in den trübsten Tagen unserer Geschichte am Anfang dieses Jahrhunderts Preußens Genius gewesen, und an ihren großen Sohn, dessen von Gott reich gesegnete Regierung der Anfang einer neuen, glücklichen Zeit geworden ist und das geeinte deutsche Vaterland unter dem mächtigen Schutz und Schirm des Enkels, unseres allergnädigsten Kaisers, Königs und Herrn, dem neuen Jahrhundert mit freudiger Zuversicht entgegensehen läßt.“ Keine andere deutsche Königin genoß zu Lebzeiten und nach ihrem Tode eine so große Popularität wie Königin Luise von Preußen, Gemahlin König Friedrich Wilhelms III. Posthum waren es vor allem die Aufopferung ihres Lebens für das Gemeinwesen und ihr Kampf gegen Napoleon - nicht zuletzt ihr Bittgang zu Napoleon in Tilsit im Juli 1807, wo sie versuchte, günstigere Friedensbedingungen zu erreichen -, die den Luise-Mythos prägten. In der Entstehungsphase war es Luises Bürgerlichkeit sowie ihre von vielen Zeitgenossen gerühmte Schönheit und Ausstrahlung.

Wie in der Urkunde des Grundsteins vermerkt, wurde die Kirche mit dreischiffigem Langhaus und spitzem Turm in neuromanischem Stil nach den Plänen und unter der Leitung der Architekten Heitmann und Krah errichtet. Friedrich Heitmann (1853-1921), dem vom Kaiser bei der Einweihung für sein erstes großes Werk der Kronenorden verliehen wurde, war vor dem Ersten Weltkrieg einer der namhaftesten Königsberger Architekten. Seit 1898 die treibende Kraft bei der Gründung der „Königsberger Immobilien- und Baugesellschaft“, erbaute er die meisten Villen und Mehrfamilienhäuser in der zur Luisenkirche gehörenden Siedlung Amalienau. Später errichtete er in Königsberg vier weitere Kirchen und Kapellen, so die katholische Kirche „Zur heiligen Familie“ (1907) in neu- gotischem Stil und die Luther-Kirche (1910) im Stil der Neorenaissance.

Der Berliner Architekt Baldur Köster analysiert die Architektur jüngst in „Königsberg - Architektur aus deutscher Zeit“ (2000), einem der innovativsten Beiträge zum Preußenjahr 2001: „Die einfachen romanischen Architekturteile geben dem Bau einerseits eine gewisse mittelalterliche Strenge; andererseits aber findet sich auch die verspielte romantische Haltung der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, was sich im asymmetrisch gestalteten Innenraum zeigt, aber auch in der nicht axialen Anordnung der Türme. Beide sind, um eine möglichst große Wirkung auf die Passanten zu erzielen, zur Lawsker Allee gerichtet; einmal der hohe, auf Fernwirkung bedachte Hauptturm im Nordosten, dann der wesentlich kleinere, etwas verspielte Nebenturm im Nordwesten … Heitmann war im ‚Historismus‘ groß geworden, er liebte dessen romantische Variante mit der Auflösung der Symmetrie.“ Die Ausrichtung des Chores nach Osten wählte man, so Köster, „auch deshalb, um so eine Verbindung herzustellen zu dem Ort im Park, an dem Königin Luise geweilt hatte.“ Schon Großkopf hatte ja die Widmung der Kirche mit dem Aufenthalt der Königin im „ehemals Busoltschen, jetzt Luisenwahl genannten Garten“ begründet.

Hier handelte es sich um das schräg gegenüber der Luisenkirche auf der anderen Seite der Hufenallee gelegene kleine Gutshaus, das der Kirchen- und Schulrat Gotthilf Christoph Wilhelm Busolt 1796 mit dem weitläufigen, im englischen Stil angelegten Landschaftspark als „Gut Pojentershof“ des Stadtpräsidenten und Schriftstellers Theodor Gottlieb von Hippel d. Ä. erworben und seiner Gattin zu Ehren „Louisenwahl“ genannt hatte. Er stellte das bescheidene Landhaus Friedrich Wilhelm III. und Luise während ihres durch die napoleonische Besetzung Preußens erzwungenen Exils als Sommerwohnung 1808 und 1809 zur Verfügung. Im „Luisenhaus“ wohnten demnach auch ihre beiden ältesten Söhne, der 1808 zwölf Jahre alte Prinz Friedrich Wilhelm, der spätere König Friedrich Wilhelm IV., und der elfjährige Prinz Wilhelm, der spätere Kaiser Wilhelm I. Dieser besuchte 1861 anläßlich seiner Krönung zum König in Königs-

berg in Erinnerung an seine Jugendzeit Luisenwahl mit dem Luisenhaus und kaufte es 1872. Zu dem 1874 errichteten Luisendenkmal auf dem höchsten Punkt des Parks mit Aussicht auf das Pregeltal - Königin Luises Lieblingsplatz - stiftete er die nach dem Modell von Rauch ausgehauene Marmorbüste. Sie stand in einem Medaillonbogen der halbrunden steinernen Exedrabank mit der Inschrift: „Dem Genius Preußens - Der unvergeßlichen Königin Luise - Die Königsberger Bürger“. Während das Luisenhaus nicht überdauert hat, finden sich im nunmehrigen „Kulturpark Kalinin“, der sich mit Karussells auf das Gelände des ehemaligen Friedhofs erstreckt, noch Reste des Luisendenkmals und die 1874 davor gepflanzte Grünbuche. Die Büste, die Inschrift und die Ziervasen sind freilich verschwunden. Überdauert hat auch die Luisenkirche. Das 1945 beschädigte Gotteshaus wurde, wie Anatolij Bachtin vom Königsberger Gebietsstaatsarchiv in „Vergessene Kultur - Kirchen in Nord-Ostpreußen“ (1998) berichtet, zunächst von der Verwaltung des Parks als Lagerraum genutzt, verfiel dann aber zusehends: „Um 1958 fehlte das Kirchendach ...“. Nach Köster sollte die Kirche in den 60er Jahren abgerissen werden. Jurij Waganow, dem Architekten des staatlichen Projektierungsinstitutes für zivile Bauten sei es zu verdanken, daß das Äußere weitestgehend erhalten blieb. 1968 bis 1976 erfolgte durch ihn die Wiederherstellung des Äußeren sowie der Umbau des Inneren zu einem Puppentheater. Die Turmspitzen und Dächer wurden mit Kupferplatten gedeckt, die Gewölbe bis auf Reste im nördlichen Seitenschiff, heute Foyer des Theaters, beseitigt und in Höhe der Emporen eine Zwischendecke eingezogen.


Bildtexte:

Postkarte von 1901: Sie erinnert an die Einweihungsfeierlichkeiten in der Königin-Luise- Gedächtniskirche. Anwesend war auch der Enkel der Königin Luise, Kaiser Wilhelm II., mit seiner Gemahlin Auguste Viktoria.

 

Königin-Luise-Gedächtniskirche: Ursprünglich hatten sich die Architekten einen Bau in Formen der Frührenaissance vorgestellt. Letztendlich wählte man aber eine romanische Ausgestaltung. Die Mittel für die Natursteinverkleidung reichten nicht aus, so entschied man sich bei den Ecksteinen, Türausbildungen und Fenstergewänden für einen Hydro-Sandstein der Firma Zeyer aus Berlin.

 

Der erste Pfarrer: Dr. Otto Lackner, Sohn von Matthias Lackner, hielt bei der Einweihung die Festpredigt. Die Pfarrstelle hatte er bis 1935 inne.