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15.09.01 »Prußen - Sie ›gaben‹ Preußen den Namen«

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 15. September 2001


»Prußen - Sie ›gaben‹ Preußen den Namen«
Ein Resümee der Ausstellung auf Burg Kriebstein
von Bärbel Beutner

Prußen - sie ‚gaben’ Preußen den Namen“ - so nannte Sigrid Kaminsky ihre Ausstellung auf Burg Kriebstein, die vom 7. Juli bis zum 2. September lief. Dieser Titel ist jedoch nur ein Teil der Botschaft, die von der Ausstellung ausgeht. Sie zeigte das Volk der Prußen als eine ethnische Volksgruppe, die bekämpft, besiegt und unterjocht, aber nicht ausgerottet wurde und bis heute - oder heute wieder - um ihre Anerkennung und Identität kämpft.

Der Besucher wurde zunächst in die Landschaft geführt und lernte den Lebensraum der Prußen kennen, in dem damals schon der Bernstein als Handelsgut dominierte. Eine Zeittafel bis 1199 verdeutlichte die baltische Herkunft der Prußen und zeigte die Bedrängnisse durch Goten und Slawen schon vor der Eroberung durch den Orden. Der Reichtum des von zwölf Prußenstämmen bewohnten Landes, der neben dem Bernstein aus kostbaren Fellen, Honig und edlen Pferden bestand, weckte die Gier der Nachbarvölker. Besiegt und unterworfen wurden die Prußen im 13. Jahrhundert, als sie sich der militärischen Übermacht des Deutschen Ordens als nicht gewachsen erwiesen.

Eine Zeittafel bis 1285 zeigte die „Bekehrung“, gegen die sich die Prußen mit einem Zusammenschluß der prußischen Stämme und zwei folgenschweren Aufständen zu wehren versuchten. 1283 endete der Freiheitskampf, der 53 Jahre gedauert hat, als sich Skomand von Sudauen ergab.

Die Ausstellung bot einen ergiebigen Gang durch die Geschichte. Der Besucher konnte in Ruhe die Situation der Prußen in der Ordenszeit und in dem 1524 gegründeten weltlichen Herzogtum Preußen nachlesen. Ausgerottet wurden die Ureinwohner nicht, aber unterdrückt und ihrer Sprache und Kultur fast beraubt. Nach Verboten der prußischen Sprache wurde 1545 das erste prußische Buch in Königsberg gedruckt. Besonders die Ausübung der „heidnischen“ Religion war bei schweren Strafen verboten.

Und doch läßt sich die Lebensweise dieses bemerkenswerten Volkes rekonstruieren. Sigrid Kaminsky hatte dafür Schautafeln, Bilder, Modelle, Handarbeiten und Schmuck zusammengetragen und zusätzlich noch Nachbildungen in Auftrag gegeben. Der Besucher wurde in eine versunkene, aber nicht verlorene Kultur eingeführt und lernte durch die museumspädagogisch gut durchdachte Anordnung der Aus-

stellung. Die Prußen waren Fischer; eine Vitrine zeigte Modelle des Kahnbaus, geschaffen von Gerhard Salemke. Der Kurische Kahnbau, der Masurische und der Oberländische sind zu unterscheiden, und typisch für die Elbinger Niederung sind die Lommen. Über der Vitrine hing folgerichtig ein Kurenwimpel.

Die Legende des Königs Waidewut, der mit dem Priester Bruteno das Land Prusa auf die zwölf Stämme aufteilte, war auf einer Schautafel nachzulesen; weitere Tafeln stellten die prußischen Götter vor, eine Bocksheiligung war zu sehen, und der Sieg des Christentums wurde anhand von Bibel und Katechismus gezeigt.

Dem Schaf der Prußen, der Skudde, wurde eine ganze Vitrine gewidmet - zu Recht, hat sich doch durch die Wolle dieses Tieres die ostpreußische Webkunst entwickelt und bis heute erhalten. Wollproben und das Modell eines Schafes sowie Bauernteppiche bezeugen diesen wichtigen Teil ostpreußischer Wirtschaft und Volkskunst, und das Prunkstück war ein Sudauer Teppich, nachgewebt nach einer Vorlage von 1701 von Irene Burchert.

Auch der Preußenkenner erfuhr Neues und Interessantes auf Burg Kriebstein. Bilder über das Alltagsleben zeigten Eisherstellung und Feuerbrot, Schlangen waren Haustiere und speisten bei Festen mit am Tisch. Von der Künstlerin Sigrid Petersen hat Sigrid Kaminsky Tongefäße nachbilden lassen, unter anderen einen Vorratskrug aus dem 4. bis 5. Jahrhundert aus dem Samland und Krüge mit doppeltem Henkel. Eine Babe zog die meiste Aufmerksamkeit auf sich. Eine Sammlung von Schmucknachbildungen von Charlotte Kaufmann und Gerhard Salemke zeigte eine Vielfalt von Formen bei Broschen, Fibeln und Gürtelschnallen.

Die Prußen mußten sich verteidigen; so waren ihre Wallburgen in der Mitte des Saales ausgestellt. Modelle von Gerhard Salemke führten verschiedene Anlagen vor, so die Preußenburg Lenzen und die Schwedenschanze im Kreis Elbing. Militärisch waren ihre Erbauer letztlich unterlegen, aber ihre Eroberer nahmen ihren Namen an. Die Königskrönung 1701 wurde in einem gesonderten Raum gewürdigt, und die Geschichte des preußischen Staates lernte der Besucher detailliert kennen. Flucht und Vertreibung ließen Preußen und Ostpreußen untergehen, aber die Prußen sind noch da. Sie kämpfen um die Anerkennung als nationale Minderheit und haben im Jahre 2000 auch einen Erfolg errungen: den Schutz für ihren Volksnamen „Prußen“ vom Deutschen Patentamt München.

Sigrid Kaminsky hat mit ihrer Ausstellung einer breiten Öffentlichkeit das Schicksal eines bemerkenswerten Volkes und die gesamte preußische Geschichte nahegebracht. Ein interessantes Begleitprogramm an vier Sonnabenden lockte weitere Besucher an. Ortrun Brunhild Hela las aus ihrem Werk „Das wahre Märchen vom Bernsteinzimmer“, Irene Burchert stellte „Textile Volkskunst der Prußen in Theorie und Praxis“ vor, Sabine Crone sprach über „Märchen, die schon die alten Prußen erzählten“, und Dr. Bärbel Beutner über „Wallburgen der Prußen“. Anschließend wurden Filme von Kristof Berking über Ostpreußen gezeigt. Und zudem gab es noch besondere Glanzlichter: Musik auf prußischen Instrumenten oder Skuddenschafe, die unten im Burghof die Besucher begrüßten.