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22.09.01 Facettenreiche Ausstellung über Königin Luise in Bad Pyrmont zeigt einzigartige Exponate

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 22. September 2001


Preußens Stern in Wetterwolken
Facettenreiche Ausstellung über Königin Luise in Bad Pyrmont zeigt einzigartige Exponate
von Caroline v. Gottberg

Du glaubst nicht, wie glücklich ich bin, angekommen zu sein, denn die Reise hat mich grausam erschöpft, und meine Kräfte, ach sie gaben mir einen neuen Beweis ihrer Unzulänglichkeit. Ich hoffe alles von den Bädern, der Luft und den Spaziergängen, zu denen mich Hufeland für den ganzen Tag verurteilt hat. Morgen fange ich mit einem Glase Wasser an. Der Becher und die Uhr, die ich als letztes Zeichen deiner Liebe aufbewahrt habe, werden meine liebsten Gefährten sein, da ich sie aus den Händen erhielt, die mir am teuersten sind. ...“ Diese Zeilen schrieb Königin Luise am 20. Juni 1806 aus Bad Pyrmont an ihren Mann, König Friedrich Wilhelm III. von Preußen. Ihr Leibarzt Hufeland hatte der Königin wegen ihres zerrütteten Gesundheitszustandes dringend zu einer Kur in dem berühmten Modebad geraten, um wieder Kräfte zu sammeln. Der Tod ihres zweijährigen Sohnes Ferdinand, aber auch die sich zuspitzende politische Situation hatten zu heftigen psychosomatischen Beschwerden, zu Brustkrämpfen und Schwächeanfällen geführt. Nach sieben Geburten und dem anstrengenden gesellschaftlichen Leben ist Luises Gesundheit ernsthaft angegriffen. Vor diesem Hintergrund reist Luise, eine geborene Prinzessin zu Mecklenburg-Strelitz, im Sommer 1806 nach Pyrmont, um dort vom 19. Juni bis 29. Juli 1806 zu kuren.

Dieser prominente Gast tat dem herrschaftlichen Bad nicht nur vor knapp 200 Jahren gut. Auch in diesem Jahr kann sich Bad Pyrmont ein wenig in dem Glanz der populären preußischen Königin sonnen: mit der Ausstellung „Königin Luise von Preußen“ wird anläßlich des Preußenjahres in das Museumsschloß zu Pyrmont geladen. Luise weilte insgesamt dreimal in dem Staatsbad. 1777 als Kind, zwanzig Jahre später als Kronprinzessin und schließlich 1806 als Königin und Kurgast. So ist es nicht verwunderlich, daß in dem gepflegten Städtchen vieles an die Preußenkönigin erinnert: die Luisenstraße, das Therapiezentrum mit dem Namen Königin-Luise-Bad und ein Königin-Luise-Café.

Gerade der letzte Aufenthalt war für das Kurbad ein nachhaltiges Ereignis - natürlich auch aus wirtschaftlicher Sicht. Allein die sogenannten Wohltätigkeitsausgaben beliefen sich auf über 1000 Reichstaler. Rund 33 220 Reichstaler kostetet insgesamt der Aufenthalt der Königin und ihres Gefolges. Davon zahlte sie 16 000 Taler aus ihrer Privatschatulle. Alles wurde bis auf den letzten Pfennig aufgelistet. Die Rechnungsbücher werden im Geheimen Staatsarchiv in Berlin aufbewahrt und nun erstmalig in der Ausstellung präsentiert.

In dem einstigen Modebad - Treffpunkt des europäischen Hochadels und Anziehungspunkt für Staatsmänner, Gelehrte und Schöngeister - fand auch Königin Luise Zerstreuung und Erholung. So schreibt sie am 30. Juni 1806 an ihren Mann: „... Aber glücklicherweise befestigte sich meine Gesundheit, es geht mir wirklich besser, ich weiß, das wird dir Freude machen. Gestern nahm ich mein erstes Bad und befinde mich vollkommen wohl und, was noch mehr ist, ich verlasse dich, um das zweite zu nehmen. ...“

Bald erkundet sie auch die Landschaft um das Pyrmonter Tal und macht zunehmend Ausflüge in Gesellschaft: „All die schönen Täler, die man sieht und die das Auge vom Königsberg aus beherrscht, wurden durchquert. Die Natur, ursprünglicher, aber nicht minder schön, begeistert uns alle, und die ganze Gesellschaft atmete Freude und Vergnügen. Am Fuße des Berges angekommen, stieg die Reiterschar ab, und man erstieg den Berg, auf dessen Gipfel sich die Ruine des alten Schlosses des Grafen von Waldeck befindet. ...“

Wie bedeutsam diese Kur und der Aufenthalt in Pyrmont für Luise gewesen sind, mag u. a. das kostbare Geschenk ausdrücken, das sie ihrem Leibarzt Hufeland schenkte: zwei große Meißner Kratervasen mit Pyrmonter Motiven, die auch in der Ausstellung zu bewundern sind. Jedoch die Exposition hat viel mehr zu bieten als nur „Luise in Pyrmont“. Neben persönlichen Gegenständen wie einem Morgenrock, Briefen aus Bad Pyrmont an ihren Mann, einem Tafelklavier (Geschenk des Pyrmonter Bürgermeisters Hemmerich), ihren Schachspielfiguren und Salbgefäßen werden die Reisen und Lebensstationen der Königin anhand einer Grafik dargestellt. So zieht das Leben dieser beliebtesten preußischen Königin mit all seinen Höhen und Tiefen vor den Augen des Betrachters vorüber - von der Geburt 1776 bis zu ihrem frühen Tod 1810.

Luise verlebt eine glückliche Kindheit bei ihrer Großmutter George in Darmstadt. Nichts weist auf die bedeutende Rolle, die sie einmal spielen sollte, hin. Nein, in ihrer behüteten und zwanglosen Kindheit wird die Prinzessin von ihrer Familie gern als „Jungfer Husch“ und als „Luise, die Leichtfüßige“ bezeichnet, die mit Kritzelzeichnungen ihre Schreibhefte verziert und diese mit der Aufschrift „Hefte für die Aufsätze, die mehr als zwölf Fehler haben“ betitelt. Mit Bildung vermochte Luise nicht zu glänzen, wohl aber mit ihrer Natürlichkeit und Lebhaftigkeit. Mit ihrem glücklichen Naturell fasziniert sie den preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm III., den sie am 24. Dezember 1793 heiratet. Die Reise der Braut nach Berlin gerät zu einer Jubelfahrt ohnegleichen. Der Einzug in das festlich geschmückte Berlin - ein unglaubliches Ereignis. Menschenmassen sind auf den Beinen.

Die Liebesheirat, damals an europäischen Höfen eine Seltenheit, hat zu dem Mythos um Luise beigetragen. Dem Kronprinzen schenkt sie, was jener bislang in seinem Leben entbehren mußte: Wärme, Zuwendung und Geborgenheit. Das Familienleben des Königspaares wird zum Ideal und zum Vorbild einer neuen bürgerlichen Kultur.

Nur einige Jahre unbeschwerten Glücks sind dem Kronprinzenpaar beschieden. Eine Zeit, in der Luise ausgelassen die Feste des Hofes mitfeiert und ihr die Bewunderung der Menschen zufliegt. Kurze Jahre, in denen Luise und Friedrich Wilhelm immer näher zueinander finden. In dem Jahr 1797 treten Pflicht und Verantwortung an das Kronprinzenpaar heran: Mit dem Tod Friedrich Wilhelms II. besteigen Luise und Friedrich Wilhelm den Thron.

Luise schreibt an ihren Bruder: „Glaube mir, ich bin nicht zur Königin geboren.“ Und doch wird sie wie keine zweite zu einer Symbolfigur Preußens. Die vom 25. Mai bis 29. Juni 1798 dauernde Huldigungsreise durch Pommern und Westpreußen bis nach Königsberg wird zu einem Triumphzug. Jedoch nur zu bald ziehen Wetterwolken auf und verdunkeln die Kulisse. Preußen geht bitteren Stunden entgegen: Niederlage bei Jena und Auerstedt, die preußischen Truppen von Napoleon geschlagen, die Königsfamilie auf der Flucht nach Memel. Kriegsschulden und Gebietsverluste vervollständigen die Katastrophe. Auch Luise kann Napoleon bei ihrer legendären Unterredung in Tilsit 1807 nicht zu milderen Friedensbedingungen umstimmen, obwohl sogar der Korse sich ihrer Ausstrahlung nicht entziehen kann: „Die Königin von Preußen ist eine reizende Frau, ihre Seele entspricht ihrer Gestalt. Auf Ehre, anstatt ihr eine Krone zu nehmen, möchte man versucht sein, ihr eine zu Füßen zu legen.“

Erst im Dezember 1809 kehrt König Friedrich Wilhelm III. mit Luise und den Kindern nach dreijährigem Exil in Ostpreußen nach Berlin zurück - sie werden triumphal empfangen. Die Königin gilt nach dem Sieg Frankreichs und besonders wegen ihrer Haltung gegenüber Napoleon als Vorbild, als Inbegriff der moralischen Überlegenheit Preußens. Sie ist, wie es Heinrich v. Kleist in seinem Sonett schrieb: „... der Stern, der voller Pracht erst flimmert/ Wenn er durch finstre Wetterwolken bricht!“

Den Mythos um Königin Luise - auch ein Thema der Ausstellung - wird man schwerlich erklären können. Auch heute vermag man sich der Faszination dieser Frau kaum zu entziehen. Eine Faszination, die so groß war, daß es ausländischen Diplomaten buchstäblich die Sprache verschlug, wenn die Königin erschien.

Ihr Leben war reich an Höhen und Tiefen. Was für Welten liegen zwischen ihrem Einzug in Berlin - als strahlend schöne Braut - und ihrer Flucht vor Napoleon nach Memel. Schönheit, Bewunderung und Ruhm, aber auch Kälte, Krankheit und Trostlosigkeit waren Wegbegleiter der preußischen Königin. Sie war eine vielschichtige Persönlichkeit: Mutter von zehn Kindern und Sinnbild der idealen Familie, aber auch eine politisch denkende und handelnde Monarchin. Obwohl ausgelassen und tanzversessen, konnte sie doch in entscheidenden Momenten ernst und entschlossen handeln. All das mögen Gründe dafür sein, daß Luise zu einer Legende wurde. Nicht zuletzt ihr früher Tod mit 34 Jahren bot weiteren Stoff für eine „Luisenverklärung“.

Kunsthistorisch bedeutende Gemälde und Zeichnungen, Skulpturen, Porzellane und Gläser sind Teil der Ausstellung. Besonders interessant sind die zahlreichen Luisenbilder, die ob ihrer Unterschiedlichkeit überraschen. Die über 100 Exponate, die in ihrer Vielfalt ein facettenreiches Bild der Preußenkönigin zeichnen und ihren Einfluß auf Mode und Lebensform um 1800 zeigen, stammen von vielen Leihgebern. Zu ihnen gehören u. a. das Geheime Staatsarchiv Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin, die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg und die Burg Hohenzollern mit dem Nachlaß von Louis Ferdinand Prinz v. Preußen. Zu der Ausstellung ist ein interessantes Heft und das mit vielen Bildern versehene Buch „Luise - Aufzeichnungen über eine preußische Königin“ von Friedrich Ludwig Müller (144 Seiten, monumente Publikationen der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, Bonn) erschienen. Dieses Begleitmaterial - eine schöne und informative Zusammenstellung - kostet insgesamt 35 DM.

Die preußische Königin hat das Schloß Bad Pyrmont mit Sicherheit während ihres Kuraufenthalts als Gast der Familie zu Waldeck und Pyrmont mehrfach besucht. In diesem Jahr ist sie wieder eingekehrt - und ist noch bis zum 30. September im Schloß anzutreffen.