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29.09.01 »Berlingske Tidende« verwundert über die deutschen Demutsgesten

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 29. September 2001


Dänemark:
»Entschuldigungsphobie«?
»Berlingske Tidende« verwundert über die deutschen Demutsgesten

Die angesehene Kopenhagener Tageszeitung „Berlingske Tidende“ amüsiert sich in einem Leitartikel über die Entschuldigung des deutschen Außenministers Joschka Fischer für Sklaverei und Kolonialismus. Kritisch schrieb das Blatt von einer „Entschuldigungsphobie“, die einen angesichts der Fülle deutscher Entschuldigungen packe, eine zunehmende und heftige Ablehnung solcher Demutsgesten, zumal wenn es für solche Ent- schuldigungen überhaupt keinen Grund gibt.

Schaut man sich um, dann findet man bei den meisten der ehemaligen Kolonialstaaten Spuren der damaligen Politik, Sklaven als Menschenware ins beherrschende Land zu transportieren. Nur in einem Staat sucht man danach vergeblich: in Deutschland. Oder gibt es bei uns Siedlungen von ehemaligen Eingeborenen des früheren Deutsch-Ostafrika oder von Südwest-Afrika, aus Kamerun oder aus Togo, aus Polynesien oder wo auch immer deutsche Kolonien lagen?

Das kleine Dänemark hat sich kürzlich geweigert, anläßlich des 150. Jahrestages der Abschaffung der Sklaverei im früheren Dänisch-Westindien sich bei den Feierlichkeiten auf den Jungferninseln für die Sklaventransporte zu entschuldigen, die damals auf dänischen Schiffen für heimischen Wohlstand sorgten. 100.000 Sklaven sind damals aus den dänischen Kolonien ins Mutterland gebracht worden. Aber Joschka Fischer hält es offenbar für staatsmännisch, vor anderen Ländern mit gebeugtem Buckel herumzulaufen. So höhnt denn ein Leserbriefschreiber am 10. September in der „FAZ“, daß Fischers Entschuldigungen zwar „gut so“ wären, doch reichten sie nicht aus. „Überfällig ist die Entschuldigung Deutschlands für die Unterdrückung der Indianer. Stellvertretend für alle guten Deutschen entschuldige ich mich auch für den Walfang der Japaner, den sowjetrussischen Archipel GULag, die bekannte Humorlosigkeit der Deutschen und nicht zuletzt für die 1 : 5 Niederlage gegen England … Ich vergaß noch meine Entschuldigung für die Schräglage der Erdachse und die Gefräßigkeit der Wanderheuschrekken“, so Ulrich Hoffmann aus Berlin.

Tatsächlich kann man die Entschuldigungssucht deutscher Politiker nur noch mit Humor ertragen. Ob Bundespräsident, Kanz- ler, Außenminister - sie wetteifern darin, vor der Welt Bußfertigkeit zu demonstrieren.

Diese Art von „Außenpolitik“ widerspricht seltsamerweise der offiziell geäußerten Einsicht, daß Schuld, für die man büßt und um Entschuldigung bittet, nur individuell sein kann, daß also nur der einzelne Mensch sich schuldig machen und daher das Opfer um Entschuldigung bitten kann, nicht aber kollektiv ein ganzes Volk. Das kratzt die sich als Staatsmänner gebenden bundesrepublikanischen Politmanager nicht. Sie katzbuckeln, stellen damit ihre Wähler in die Ecke der Schuldigen und nehmen sich stillschweigend davon aus als die besseren Menschen. Sollen sie sich weiter entschuldigen!

Ein weiterer Grund, der zur Entschuldigung geradezu herausfordert, sei nachgeliefert: Fischer könnte sich entschuldigen dafür, daß der damalige Reichskommissar für Deutsch-Ostafrika, der Afrikaforscher Hermann von Wissmann, 1888/1890 den Aufstand arabischer Sklavenhändler mit Hilfe der ersten deutschen Schutztruppe niedergeschlagen hat. Er hat damit nicht nur in rassistischer Weise Araber an der Ausübung ihre Berufes gehindert, sondern auch dem freien Welthandel Schaden zugefügt.

Der ironische Leitartikel in der Zeitung „Berlingske Tidende“ zeigt, daß unsere Politiker der übrigen Welt mit ihrer Entschuldigungsmasche auf die Nerven fallen. Daß wir nun bessere Menschen sind als die anderen, nimmt uns sowieso niemand ab. Jochen Arp