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06.10.01 Generalmajor Gerd-H. Komossa über das Versagen unserer Nachrichtendienste

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 06. Oktober 2001


Wem nützt unsere Abwehrschwäche?
Generalmajor Gerd-H. Komossa über das Versagen unserer Nachrichtendienste

Die Terroranschläge in den USA vom 11. September haben in allen Ländern die Aufmerksamkeit der Bürger auf deren abwehrende Dienste gelenkt. Zwar gibt es inzwischen Andeutungen, es habe doch Warnungen, vor allem durch den israelischen Mossad gegeben, doch dominiert die Erkenntnis, daß die geheimen Nachrichtendienste in der westlichen Welt kenntnisarm waren. Wie konnte das geschehen?

Auf dem Höhepunkt der Terroranschläge in der Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 1974 bis 1980 haben die deutschen Nachrichtendienste ihre Aufgabe gut erfüllt. Das gilt für den Bundesnachrichtendienst (BND), den Militärischen Abschirmdienst (MAD) und das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). So hatte zum Beispiel der MAD damals über mehrere Monate fast sein ganzes Personal in der gemeinsamen Aufgabe der Verfolgung der Täter eingesetzt. Man sah es nicht gerne, aber man nahm es hin, denn kein Politiker wollte schuldig sein an einem Mißerfolg bei der Fahndung nach den Terroristen. Bis es doch manchem unbehaglich wurde, als der MAD in Frankfurt gegen eine radikale Gruppe des Kommunistischen Bundes Westdeutschland im Hinterzimmer einer Gastwirtschaft Lauschmittel einsetzte. Das war vielen zu viel und führte nicht nur zum Rücktritt von Verteidigungsminister Leber, sondern mündete in ein allgemeines politisches Mißtrauen gegenüber den eigenen abwehrenden Diensten. Ab 1972 spitzte sich die Lage auf dem Gebiet der inneren Sicherheit mit der Verhaftung der Baader-Meinhof-Gruppe zu. 1975 wurde das Antiterrorismusgesetz verabschiedet. Die Bekämpfung und Ausschaltung der Terroristen in Deutschland war ein Erfolg aller staatstragenden politischen Kräfte unter Leitung von Kanzler Helmut Schmidt. Ein besonderes Verdienst kommt dem Bundeskriminalamt zu, das unter sachkundiger Leitung seines Präsidenten Horst Herold die Terroristen in der ganzen Welt verfolgte, unter Anwendung modernster Methoden und einer computergestützten Rasterfahndung, die nach und nach alle Täter im Netz des BKA erfaßte. Zwar gab es noch Nachhutgefechte, doch die große Gefahr war gebannt. Und schon wuchs das Mißtrauen gegenüber diesen erfolgreichen Diensten, die in den 70er und 80er Jahren vertrauensvoll zusammengearbeitet hatten. Politiker fürchteten, diese könnten zu viel Macht gewinnen und begannen damit, die Zusammenarbeit zu „regeln“, was ihre Rückführung auf administrative Zuständigkeiten bewirkte. Immer mehr Kontrollmechanismen wurden eingebaut. Der hochverdiente BKA-Chef Herold wurde abgelöst, weitere Personalveränderungen folgten. Die Parlamentarische Kontrollkommission des Bundestages wurde etabliert, und der Datenschutzbeauftragte bemühte sich nach Kräften, Einblick in alle Tätigkeit zu gewinnen. In der Summe aller Maßnahmen führte das Mißtrauen der Politik zum Mißtrauen der Dienste gegenüber der Politik. Eine neue Personalführung führte schließlich dazu, daß immer mehr Fachfremde in Führungspositionen kamen, wie ein Admiral, der später über die PDS Karriere machen wollte. Von höchster Stelle wurde für den MAD der Oberst Krase als Chef der Spionageabwehr ausgewählt, der später als Agent von DDR-Abwehrchef Markus Wolf enttarnt wurde, nicht ohne daß zuvor der MAD-Chef von höchster politischer Führungsebene den Auftrag erhielt, zu jedem Vortrag beim Staatssekretär jenen Oberst mitzubringen. Die Folge war, daß man in den Diensten begann, Akten zu schwärzen. Denn wer konnte wissen, in welche Kanäle das fachliche Wissen einmal münden könnte. Es wäre noch schlimmer gekommen, wenn im Kanzleramt nicht Staatssekretär Manfred Schüler eingegriffen hätte.

Nach Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands wurden schließlich alle Dienste vom BND bis zum MAD in ihrer Personalausstattung erheblich beschnitten und technisch auch nicht verwöhnt. Wir waren ja, wie man in Bonn meinte, nur noch von Freunden umgeben. Dies alles erklärt und begründet nicht die Unkenntnis der Dienste im aktuellen Fall des internationalen Terrorismus. Immerhin führte es dazu, daß manch einer vorsichtig wurde und die befreundeten Dienste auch nicht immer sicher sein konnten, ob ihre Informationen an der richtigen Stelle landeten, und besser schwiegen. Die Terroristen der Gegenwart suchten nicht ohne Grund in Deutschland Quartier. Es muß doch wohl hier leichter sein als in Norwegen oder England.

Nun gibt es wieder Streit um Datenschutz und Informationsaustausch. Wer profitiert von der Schwäche unserer Abwehr? Alles konzentrierte sich in letzter Zeit auf „rechte“ Gefahren. Aber, das Dritte Reich ist Vergangenheit und wird nie wiederkehren. Wenden wir uns also doch besser den realen Gefahren zu und geben unserem Volk endlich mehr Sicherheit vor Terrorismus und Extremismus.