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03.11.01 Die Kreisgemeinschaft Fischhausen und der Kreis Pinneberg feierten das 50jährige Bestehen ihrer Partnerschaft

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 03. November 2001


Verantwortung für die Vertriebenen
Die Kreisgemeinschaft Fischhausen und der Kreis Pinneberg feierten das 50jährige Bestehen ihrer Partnerschaft

Die Kreisgemeinschaft Fischhausen kann heuer auf eine 50jährige Partnerschaft mit dem westdeutschen Kreis Pinneberg zurückblicken. Sie nahm dieses zum Anlaß für eine Feierstunde in der Rübekamphalle der Partnerstadt. Rund 500 Menschen folgten der Einladung in die Mehrzweckhalle, die damit gut gefüllt war.

Den Festvortrag hielt der Professor für Betriebswirtschaftslehre Jürgen Bloech über das Thema „Samland in Ostpreußen - auf dem Weg in das neue Jahrtausend“. Der Sohn des berühmten samländischen Spezialisten für ostpreußische Rinderzucht Hans Bloech begann seine Ausführungen mit einer Beschreibung der durch die natürlichen Gegebenheiten bedingten ökonomischen Struktur dieser Region, verwies dabei auf die prägende Bedeutung von Bernstein, Fischfang, Ackerbau und Viehzucht.

Ernüchternd stellte er anschließend gegenüber, was auf der einen Seite die deutschen Bewohner bis zum Zweiten Weltkrieg und auf der anderen Seite die Russen seitdem hieraus gemacht haben. Dabei würdigte er die Leistungen der Herdbuch-Gesellschaft in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts um die Milchwirtschaft und die bis zum Kriege erfolgte Meisterung der Schwierigkeiten, die der wasserundurchlässige Boden für die Felderwirtschaft bedeutet. Damit kontrastierte das von ihm gezeichnete deprimierende Bild von der Nachkriegszeit. Erschrekkend, wie man diese durch die Geschichte unbestreitbar bewiesenen Möglichkeiten dieser Region derart ungenutzt lassen kann.

Dabei böte der seit dem Kriege weltweit wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig gewachsene Tourismus neben Bernstein, Fischfang und Landwirtschaft inzwischen eine weitere lukrative Erwerbsquelle, denn daß Ostpreußen von einzigartiger Schönheit ist, wird auch von Nichtostpreußen neidlos anerkannt.

Trotzdem ist bei nichtostpreußischen Bundesbürgern und Westeuropäern der erste Besuch meist auch der letzte. Die Ab- schreckung fängt bereits an der innerostpreußischen Grenze mit dem Schlangestehen und der Behandlung durch die Grenzbehörden an und wird anschließend mit einem westlichen Standards in keiner Weise entsprechenden Serviceangebot fortgesetzt.

Die dortigen Russen sind zwar vielfach freundlich, doch ist ih- re Hilflosigkeit, ihr Desinteresse und ihr Unvermögen oft erbarmungswürdig. Außerdem gibt es sehr wenig Verantwortungsgefühl für die Umgebung und die Entwicklung. Handwerk und Gewerbe sind zwar in den Städten vorhanden, aber auf dem Lande nur schwach vertreten, worunter nicht zuletzt die Instandhaltung der Dörfer leidet.

Nach der Beschreibung der Kluft zwischen dem, was sein könnte, und jenem, was tatsächlich ist, warf der Festredner einige Fragen auf, denen sich seines Erachtens Rußland und auch wir nicht zuletzt angesichts der bevorstehenden Herausforderungen durch die EU-Osterweiterung zu stellen haben.

Für die Russische Föderation stelle sich die Frage, wie weit man eine arme Grenzregion vernachlässigen könne, wenn jenseits der Grenzen eine stürmische Entwicklung einsetzt. Wie eingehend kann die Bevölkerung eines Landesteils von der Geschichte des Landes abgeschottet werden und doch eine Beziehung zu dieser Heimat entwickeln? Wie weit kann ein Land eine Entwicklung in der Nachbarschaft verschlafen oder unbeobachtet lassen?

Die Bundesrepublik Deutschland müsse sich ernsthaft fragen, ob sie sich tatsächlich der Verantwortung für die Vertriebenen und deren Heimat entziehen kann. Welche Art von Kultur wäre dies? Über Deutschland hinaus stelle sich für das neue Europa die Frage, ob man ein ganzes Gebiet, das in seinen Grenzen liegt, überhaupt verfallen lassen kann. Entspräche dieses Verhalten unserer demokratischen, humanitären Kultur? Wäre es vorbildlich? Könnten wir davon eine positive Situation in der Zukunft erwarten? Was versteht man eigentlich unter einer guten Nachbarschaft? Der Professor schloß seine Ausführungen mit einigen kritischen Gedanken zu unserer Kulturpolitik:

Es sei für uns interessant zu beobachten, in welch starkem Maße demokratische Staaten wie die Niederlande, Großbritannien, die Französische Republik und insbesondere die Vereinigten Staaten von Amerika auf die Basis einer patriotischen Idee setzten, damit sich die Menschen mit ihren Heimatländern identifizieren. Unsere Kulturstätten wie Museen, Heimatstuben und Einrichtungen und auch unsere Patenschaften und Partnerschaften seien zwar wichtig und gut, doch vielleicht sollten wir bei der Pflege dieser Einrichtungen stärker die Frage stellen: Wo findet sich etwas von Preußen, wenn wir nicht mehr auf dieser Erde weilen? M. Ruoff