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10.11.01 Patentwesen als Spielball und Machtinstrument

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 10. November 2001


Vom (Urheber-) Recht des Stärkeren
Patentwesen als Spielball und Machtinstrument
von R. G. Kerschhofer

Bei der Anthrax-Affäre liegt praktisch alles noch im Dunkeln. Erhellend war bisher nur die Sache mit dem Anthrax-Medikament Ciprobay: Bayer hält zwar ein weltweites Patent, doch die USA drohten, dieses zu ignorieren und das Mittel in Eigenregie zu produzieren, wenn - ja wenn es Bayer nicht billiger geben sollte. Bayer gab es billiger. Um rund die Hälfte. Und mit anderen Vergünstigungen obendrein. Wa-shington erspart sich den Gegenwert von etwa einem Dutzend der aktuellen Marschflugkörper.

Daß das, was in anderem Zusammenhang Schutzgeld oder Tributpflicht heißen würde, auch von Bayer selber heruntergespielt wird, ist verständlich: Die USA sind nun einmal der wichtigste Markt, und eine Prozeßführung in den USA ist mit existenzbedrohenden Kosten verbunden. Bayer hatte erst 1997 einen Cipro-„Vergleich“ mit einer US-Firma schließen müssen - trotz des gültigen Patents. Und aus dem gleichen Stall wie der wohl oder übel bekannte Ed Fagan kommen Tausende Advokaten, die prächtig davon leben, daß sie alle Welt in Prozesse verwickeln. Die enden dann vor New Yorker Bezirksrichtern mit sündteuren Vergleichen - was trotzdem billiger kommt als Recht und Gerechtigkeit. Urheberrechte sind allerdings gar nicht so selbstverständlich: Das deutsche Patentgesetz entstand 1877, und erst die Pariser Übereinkunft von 1883 schuf eine internationale Basis zur Verwertung immateriellen Eigentums. Davor mußte jeder Erfinder trachten, aus der Eigenproduktion Gewinn zu schlagen. Auch Dichter und Komponisten lebten nur von Auftritten oder vom Verkauf ihrer Schriften und Partituren oder von Honoraren für Auftragswerke. Und noch früher standen so gut wie alle kreativen Geister - „Goldmacher“ ebenso wie Künstler - im Solde von Potentaten, die den allfälligen Nutzen größtenteils für sich beanspruchten. In einem geschlossenen System - etwa auch in der staatskapitalistischen Sowjet-union - war dies nicht ganz unlogisch. Ungerecht wird es erst, wenn der Hauptgewinn bei Leuten landet, die weder Kosten noch Risiken hatten. Und das gilt natürlich auch für den 1945 begangenen Raub unzähliger Patente aus deutschem Privatbesitz ...

Zurück zu Bayer: Patente resultieren längst nicht mehr aus individueller Genialität, sondern aus langjähriger Forschung mit hohen Kosten und Risiken, die durch überzogene Tierschutz- und Umweltauflagen noch vergrößert werden. Wenn Produkte marktfähig werden, müssen sie nicht nur die eigenen Kosten, sondern auch die aller fehlgeschlagenen Forschung hereinbringen, und das „Glück“, daß eine geeignete Epidemie ausbricht, muß all das „Pech“ kompensieren, das mit dem Ausbleiben von Krankheiten einhergeht. Wenn nun die US-Regierung bei einer amerikanischen Firma auf den Preis drückt, lügt sie sich in den eigenen Sack, denn der „Erfolg“ schlägt als geringeres Steueraufkommen und höhere Arbeitslosigkeit zurück. Im Fall Ciprobay jedoch wird der Schaden von einer Volkswirtschaft in die andere verschoben!

Das internationale Patentwesen dient - genau wie Welt- bank-Gruppe, Welt-Handelsorganisation (WTO) und diverse Abkommen - offiziell der „freien Wirtschaft“, praktisch aber ist alles nur Spielball einer Großmacht oder Instrument der Hochfinanz. Eine besondere Illustration liefern hier die Fluor-Chlor-Kohlen-Wasserstoffe (FCKWs): Wie können diese chemisch inaktiven Verbindungen ein „Ozonloch“ fressen, welches schon vor Erfindung der FCKWs nachgewiesen war? Warum just über dem Südpol, obwohl sie fast ausschließlich in der nördlichen Hemisphäre verwendet werden? Und wie steigen sie in die Stratosphäre, wenn sie doch vier- bis achtmal schwerer sind als Luft? (Kohlendioxyd, das sich etwa in Gärkellern ablagert, ist nur doppelt so schwer!)

Die Erklärung ist simpel: Die Dupont Corporation, weltweit größter Produzent von FCKWs, war 1986 von einem weltbekannten „Investor“ übernommen worden. Dieser wußte, daß die Patente für FCKWs bald ablaufen würden und daß dann jedermann billig FCKWs erzeugen könnte. Was tut man da? Man kauft Wissenschafter und Publizisten, schürt die Umwelt-Hysterie und startet einen Feldzug zum weltweiten Verbot der FCKWs. Mit Erfolg, wie wir wissen. Und mit der eigentlich beabsichtigten Wirkung: Die neuen Patente für (wesentlich teurere) „Ersatzstoffe“ garantieren dauerhaften und vervielfachten Profit! Nun ist es still geworden ums Ozonloch, denn sein Schöpfer hat die Dupont-Anteile 1995 wieder verkauft.

Noch kurz zum Urheberrecht in Musik und Literatur: Klar ist, daß kommerzielle Rechte irgendwann nach dem Tod der Autoren ablaufen müssen. Damit wird das Werk allerdings auch schutzlos gegen sogenannte „Neuinterpretationen“, die der Leichenfledderei gleichkommen! Warum kann das Konzept „Welt-Kulturerbe“ nicht auch auf die Werke unserer Klassiker ausgedehnt werden?