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10.11.01 Dichterinnen aus Ostpreußen gingen ihren Weg (II)

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 10. November 2001


Eine Galerie der starken Frauen
Dichterinnen aus Ostpreußen gingen ihren Weg (II)

Nach Friedl Beutelrock und Margarete Riemschneider gilt es, einer anderen Frau zu gedenken, die in Königsberg geboren wurde - Eva Marder (* 10. August 1916 Königsberg, † 16. September 1987 München) wurde als Tochter eines Königsberger Arztehepaares geboren. In Thüringen verbrachte sie ihre Kindheit, wuchs zwischen streitenden Eltern auf. Durch eine reiche Phantasie baut sich Eva eine eigene Welt, findet Freude und Förderung in der Schule. Die Großmutter, genannt das „Großchen“, mit ihrem Flickenkasten, mit der Knopfschachtel und den Geschichten, ist die Bezugsperson des heranwachsenden Mädchens. Als aber die Großmutter stirbt und ihrem letzten Wunsch gemäß in der Heimat in Königsberg begraben werden will, kommt die Erinnerung wieder, daß sie dort Verwandte hat und sich in Königsberg das Grab des Großvaters befindet.

Die Sterne leuchteten in den dreißiger Jahren in Berlin für Zarah Leander und Olga Tschechowa und für die siebzehnjährige Eva Marder. „Zwei Interessen zeigten sich sehr früh: Theaterspielen und Schreiben. Jedenfalls führten wir sehr viele Stücke auf - im Bestrahlungszimmer, wegen der dort vorhandenen Vorhänge -, die ich der Einfachheit halber gleich selbst verfaßte. Als es dann soweit war, kam das Theater zuerst dran. Schauspielschule in Berlin, wo ich später immer wieder meine Zelte aufschlug, verschiedene Engagements - Heirat, zwei Kinder. Wegen der immer größeren Bombengefahr schließlich Umzug nach Bayern.“ Durch die Heirat in Berlin heißt sie nun Eva Cremer-Marder. Sie schenkt in Berlin einer Tochter das Leben und einem Sohn in München. Zuerst lebt die Familie in Tegernsee, weil dort der Vater eine Landarzt- und Kurarztpraxis findet, dann übersiedeln die Elternteile getrennt nach München, als alleinerziehende Mutter muß sie für den Unterhalt sorgen. Sie arbeitet als freie Mitarbeiterin beim Rundfunk. „Für den Münchner Kinderfunk schreibe ich seit 1947. Der Anfang hat sich eigentlich rein zufällig ergeben“, erinnert sie sich 1963, „vor einigen Jahren kam der Schulfunk dazu, wo ich im wesentlichen bei zwei Sendereihen mitarbeite: Jugendbuchbearbeitungen und selbstgemachte Geschichten für das 1. und 2. Schuljahr. Manche davon - z. B. ‚Der kleine Angsthase‘, ‚Peter und sein Seehund‘, ‚Der Bahnhof in der Waldlichtung‘ - sind auch vom Hessischen und Süddeutschen Kinderfunk wiederholt worden.“ Auch ein Theaterstück, „Lösegeld für den roten Häuptling“, schreibt die Autorin.

Im Jahre 1963 gibt Eva Marder, verheiratete Eva Cremer, unter dem Pseudonym ihres Mädchennamens Eva Marder ihr erstes Kinderbuch „Diogenes und der ganz schwarze Tom“ heraus, eine lehrreiche, mit viel Humor geschriebene Kindergeschichte, um einen elternlosen, schwarzen Jungen. Fortlaufend jedes Jahr folgt ein neues Kinderbuch, so „Die Nibelungen sind an allem schuld“, „Eine Wärmeflasche für den Wassermann“, „Der alte Dreh-Orgelmann“, „Ein Bahnhof zieht um“, „Der Igelspiegel“, „Der Bär auf dem fliegenden Teppich“, „Eine Nuß aus Caracas“, „Tausche Bären gegen Hund“, „Der Hasentiger“ (1974), „Taxifahrer Seehund“ (1974), „Sandro, der Landstreicher“ (1976). Eva Marder schreibt 1977 „Kindergeschichten aus England“ und danach 1978 „Tim und die Kinder aus der Dachstraße“, dann erscheint ihr Buch mit den Kindheitserinnerungen „Die Taschen voller Luftballons“. Nach „Otto ist der Größte ...“ (1980) und „Kanalratten“ (1981) schreibt sie die Fortsetzung ihrer Erinnerungen an die Zeit um 1933 „Und das war erst der Anfang“, in denen sie aufzeigt, daß sie durch diese Erlebnisse geprägt wurde und in liebevollen Kindergeschichten das Schreckliche abzuarbeiten versucht.

Ein letztes Buch schreibt die Schriftstellerin 1982 für Kinder: „Taggeschichten - Traumgeschichten“, neun Geschichten über Igel, Elefant und Katze und die vorletzte über „Die lachende Düne“.

Am 16. September 1987 stirbt die Schriftstellerin Eva Marder in München und findet die letzte Ruhe in einem Urnengrab auf dem Münchner Nordfriedhof. Zart eingearbeitet in die Grabplatte kündet der Name von einer Königsbergerin, die durch ihre Bücher in den Herzen der Kinder weiterleben wird. Harry Herbert Tobies