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08.12.01 Zum 125. Todestag: Hermann Gustav Goetz schuf Shakespeare-Oper

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 08. Dezember 2001


Verzicht auf billige Effekte
Zum 125. Todestag: Hermann Gustav Goetz schuf Shakespeare-Oper

Nur wenige Tage vor seinem 36. Geburtstag mußte ein Mann für immer seine Augen schließen, der durch eine Shakespeare-Oper in die Musikgeschichte eingegangen ist: Hermann Gustav Goetz aus Königsberg. „Ich hatte von klein auf lebhafte Neigung zur Musik, und zwar dachte ich von einem sehr zarten Alter an an die Komposition einer Oper als Ideal meiner Wünsche“, erinnerte sich der am 7. Dezember 1840 als Sohn des Bierbrauers Friedrich Leopold Goetz Geborene. „Daneben hatte ich aber durchaus keinen methodischen Unterricht und war volle 16 Jahre alt, bis ich nach eigenem Entschluß und nach eigener Überlegung zu einem tüchtigen Lehrer kam, zu Louis Köhler. Dieser übernahm dann, so gut es ging, meine gesamte musikalische Erziehung für Klavierspiel und Harmonielehre, und im übrigen mußte ich mir selbst helfen.“ Was Goetz hier verschweigt: bereits mit 15 hatte er eine Klaviersonate komponiert, hatte bei seiner Kusine „Fritzchen“ Tiessen ersten Klavierunterricht erhalten. Nach dem Besuch des ehrwürdigen Friedrichskollegs in seiner Vaterstadt studierte Goetz auf Wunsch des Vaters zunächst Mathematik und Physik. Den Unterricht bei Köhler finanzierte er mit Mathematik-Stunden, die er den drei Söhnen des Grafen Dohna in Königsberg und auf dem Gut Lauk gab. Bei Konzertmeister Japha lernte er auch das Geigenspiel und trat mit 19 Jahren als Pianist auf.

„Königsberg hat von jeher ein sehr reges dilettantisches Leben gehabt“, schrieb Goetz an den Mannheimer Hofkapellmeister Ernst Frank, der 1874 die Oper „Der Widerspenstigen Zähmung“ zur Uraufführung brachte. „Sobald man von meinen musikalischen Leistungen wußte, wurde ich in verschiedene musikalische Kreise gezogen und zum Dirigenten derselben gemacht. In diesen Kreisen, welche lediglich aus jungen, für Musik schwärmenden Dilettanten bestanden, wurden dann unter meiner Direktion klassische Opern einstudiert, und ich war noch nicht zwanzig Jahre alt, so hatte ich unsere klassische Opernmusik, namentlich die Mozartschen Opern, so bis ins kleinste in mich aufgenommen, wie man das eben nur beim Einstudieren erreicht.“

Sein Lehrer Louis Köhler riet ihm, nach Berlin zu gehen. Und auch der Vater hatte nach den ersten Erfolgen des Sohnes keinerlei Einwände. Goetz besuchte das berühmte Sternsche Konservatorium, wo er Untericht nahm bei Hans von Bülow und Hugo Ulrich. Nach einem vorzüglichen Abschlußexamen erhielt er eine Anstellung als Organist an der reformierten Kirche im schweizerischen Winterthur. Dort begegnete er Johannes Brahms, der ihn sehr schätzte, und lernte seine junge Frau Laura Wirth kennen. In Winterthur schrieb er seine erste Bühnenmusik. 1867 siedelte Goetz mit seiner Frau nach Hottingen bei Zürich über, wo er als Musikkritiker für die „Neue Zürcher Zeitung“ arbeitete, wo aber auch seine Oper „Der Widerspenstigen Zähmung“ entstand (1872). Die Kritik lobte: „Mozartsche Ensemblekunst, zarte duftige, fast italienische Musik, durchwettert von den Trutzthemen Katharinas und Petrucchios, wohlklingender Satz bei Verzicht auf billige Effekte, Wahrheit und Feinheit musikalischer Lebensschilderung ...“

Als die Oper schließlich am 11. Oktober 1874 in Mannheim uraufgeführt wird, ist ihr Schöpfer schon sterbenskrank. Nach dem letzten Hervorruf bricht er hinter den Kulissen zusammen. Mit allerletzter Kraft - Goetz ist an Tuberkulose erkrankt - greift er noch einmal zur Feder, um seine Oper „Francesca da Rimini“ zu schreiben. Sie zu vollenden gelingt ihm nicht. Am 3. Dezember 1876 wird er vom Tod erlöst. Den dritten Akt der Oper, von dem nur eine Skizze vorliegt, schreibt Ernst Frank, der Mannheimer Kapellmeister, und führt sie 1877 in Mannheim auf. Laura Goetz: „Das Werk ist schön wie eine antike Venus, aber wie die von Milo, ohne Arme - es gibt Stellen, wo der Meister fehlt, der es geschaffen hat.“

Hermann Gustav Goetz - in seiner Heimat meist vergessen, in der Schweiz erinnert eine Tafel an seinem Sterbehaus und eine Straße in Zürich an den großen Sohn Königsbergs. 

Hermann Gustav Goetz: Shakespeare-Oper geschaffen Foto: Archiv