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15.12.01 Der Königsberger Fotograf Fridhelm Volk auf den Spuren von J. G. Seume

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 15. Dezember 2001


Bilder von stiller Schönheit
Der Königsberger Fotograf Fridhelm Volk auf den Spuren von J. G. Seume

Er führte wahrlich ein aufregendes Leben, der Dichter Johann Gottfried Seume (1763-1810), wenn auch nicht immer aus eigenem Antrieb. So wurde der in Poserna, Kreis Weißenfels, geborene Seume während eines Aufenthaltes in Paris 1781 von hessischen Werbern aufgegriffen, die ihn in ihre nach England verkauften Truppen einreihten und kurzerhand nach Amerika schickten. Zwei Jahre später kehrte er nach Bremen zurück, desertierte - und fiel preußischen Werbern in die Hände. Zweimal versuchte er zu fliehen, vergeblich. Erst gegen Zahlung einer Kaution wurde er beurlaubt. Als Sprachlehrer und als Korrektor bei dem Verleger Göschen im sächsischen Grimma verdiente er sich seinen Lebensunterhalt. Vor allem aber wollte er sich mit dem Geld einen Traum erfüllen: zu Fuß nach Syrakus wollte er wandern. Einmal die Orte sehen, wo die antiken Dichter ihre Werke verfaßt hatten, wo ihre Dichtungen spielten, aber auch endlich wieder einmal „das Zwerchfell auseinanderwandeln“ nach jahrelanger sitzender Tätigkeit. Später einmal bekennt er: „Ich halte den Gang für das Ehrenvollste und Selbständigste in dem Manne, und bin der Meinung, daß alles besser gehen würde, wenn man ginge ...“ - Wie zeitgemäß klingen diese Sätze heute!

Am 6. Dezember 1801 machte er sich dann auf den Weg, der ihn in 260 Tagen rund 6000 Kilometer weit führen sollte. Seine Reisebeschreibung, die er 1803 unter dem Titel „Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802“ veröffentlichte, machte ihn schließlich berühmt. Neben Goethes „Italienischer Reise“ gilt es als eins der einflußreichsten Bücher über Italien. Immer wieder erschienen die verschiedensten Ausgaben und Auflagen.

Allerdings fand das Buch nicht überall freundliche Aufnahme. Die sonst als sanftmütig geltende Caroline Herder schrieb empört an einen Freund: „Seumes Spaziergang ist ein unerträgliches Zeug voll Arroganz, Gemeinheit, Großtun im Nichts; ein eitler Mensch, der etwas sein will, ein grober Bengel, der mit seinem Ränzel in den niedrigen Wirtshäusern durchgekrochen ist und von da aus die Städte und die Landesverfassung und die Sitten und den Charakter der Nation beurteilt und über die Ohren haut ...“ Kritiker heute sprechen da ganz anders, so Jörg Drews im Nachwort zu einem außerordentlichen Buch, das jetzt in der Edition Braus, Heidelberg, erschien: Fotoreise „Auf den Spuren von J. G. Seume“ (216 Seiten, 200 Duotone Abb., Hardcover mit Schutzumschlag, 78 DM). Drews spricht da von einer „Mischung aus Laurence Sternscher empfindsamer Plauderei und politischem Grollen, aus soldatischer Kurzangebundenheit und freundlichem Dialog mit dem Leser“. Wie weit diese Anmerkungen zutreffen, kann der Leser dieses Buches allerdings nicht nachprüfen, werden doch nur kurze Zitate aus Seumes Werk veröffentlicht.

Wichtiger sind da natürlich die meisterhaften Fotografien, mit denen Fridhelm Volk die Reise Seumes bildlich darstellt. Von 1996 bis 1998 war der 1942 in Königsberg geborene Fotograf und Fotodesigner in mehreren Etappen der Route Seumes gefolgt und hat in seinen Arbeiten die Atmosphäre und die Stimmungen der Landschaft eingefangen, die Seume 200 Jahre zuvor durchwandert hatte.

Und tatsächlich: man fühlt sich um Jahrhunderte zurückversetzt. Volk hat Bilder von stiller Schönheit geschaffen, immer auch bedacht, die Zeichen moderner Zivilisation nicht in den Fotografien erscheinen zu lassen. Landschaften von wilder Urtümlichkeit, aber auch von stiller Beschaulichkeit sind ebenso zu finden wie Momentaufnahmen aus den großen Städten Prag, Wien, Rom und Paris; Orte, die Johann Gottfried Seume besuchte und die nichts von ihrem Charme verloren haben - wenn man nur genau hinschaut. Und dabei will der Fotograf Fridhelm Volk Hilfestellung geben.

Wer Fotografien des Königsbergers übrigens einmal im Original sehen möchte, der kann das noch bis zum 31. Dezember im Haus des Buches in Leipzig.

Fridhelm Volk: Bei Pesaro auf den Spuren von Johann Gottfried Seume Foto aus dem besprochenen Band