24.04.2024

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26.01.02 Die ostpreußische Familie extra

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 26. Januar 2002


Die ostpreußische Familie extra
Leser helfen Lesern
Ruth Geede

Lewe Landslied

und Freunde unserer

Ostpreußischen Familie,

die erste Extra-Familie im neuen Jahr ist fällig - überfällig sogar, denn da liegen noch manche Wünsche aus dem alten Jahr auf Halde. Heute kann ich meine Suchmappe und mein Gewissen entlasten. Wobei ich aber hinzusetzten muß „nach Möglichkeit“, denn es sind wieder einige Anfragen darunter, mit denen ich nicht klarkomme. Bitte, bitte: Immer die genaue Adresse auf dem Briefbogen vermerken, selbst wenn ein adressierter Umschlag beigelegt wurde. Und weder Originalfotos noch Dokumente unaufgefordert zusenden. Diese Information gilt vor allem den neuen Leserinnen und Lesern, die zum ersten Mal an uns schreiben.

Und es kommen immer mehr! „Liebe Freunde in Deutschland“, so spricht uns Elvira Seemann aus Australien an. Sie bezieht seit einiger Zeit Das Ostpreußenblatt, und unsere Spalte hat ihr Mut gemacht, nach dem Verbleib ihres Vaters Walter Sperling zu forschen, der seit März 1945 verschollen ist. Diese Nachricht erhielt sie jedenfalls vom Roten Kreuz, das Frau Seemann auch die letzte Wehrmachtseinheit mitteilte: Truppenteil Grenadier-Regiment 974 der 367. Infanterie-Division. Walter Sperling, * 18. August 1874 in Düsseldorf, wohnte mit seiner Familie in der Kunckelstraße 18 in Königsberg. Im Januar 1945 wurde er eingezogen unter VM Sperling, Feldpostnr. 40533, E/Batl. 25/Beethovenstaße 18. Seine Familien- angehörigen flüchteten, Tochter Elvira, die damals in Elbing lebte, nach Danzig. Zeitlebens haben Frau und Töchter nach dem Vermißten geforscht. Nun hofft Frau Seemann, daß sich vielleicht ein ehemaliger Kamerad meldet, der über das Schicksal ihres Vaters etwas aussagen kann. (Elvira Seemann, 150 Kees Road, Lara Lake 3212, Australia.)

So ungewiß ist auch der Verbleib der Eltern unseres ostpreußischen Landsmannes Robert Dietrich, der heute in den USA lebt. Die Familie wohnte in Praßnicken, Kreis Samland. Robert Dietrich war von 1939 bis 1945 bei der Wehrmacht - wie er den Krieg überleben konnte, ist ihm heute noch ein Rätsel. Seine Eltern Johann und Wilhelmine Dietrich sind geflüchtet und zumindest bis Danzig-Neufahrwasser gekommen. Dort haben Bekannte sie gesehen und gesprochen, aber dann verliert sich die Spur. Johann Dietrich soll Frostschäden an den Händen gehabt haben. Nie hat der Sohn trotz intensiver Nachforschung erfahren können, ob die Eltern weiterflüchten konnten und wohin, ob sie in den letzten Kriegswirren umgekommen sind oder von den Russen verschleppt wurden. Deshalb die Frage: Wer war in Danzig und vor allem später mit Johann und Wilhelmine Dietrich aus Praßnicken zusammen oder weiß, wohin sie geflüchtet sind? Der Sohn wäre für jede Information dankbar. (Mr. R. Dietrich, 558 Geyer, Frankenmuth, MI. 48734, USA.)

Und noch eine Suchfrage aus Amerika von Sigrid Peterson. Sie forscht seit langem vergeblich nach dem Verbleib ihres Großvaters Hans Detlef von Massow, hat deshalb schon alle verfügbaren Auskunftsstellen bemüht, von denen eine ihr den Rat gab, sich an uns zu wenden. Hoffen wir, daß auch wir Frau Peterson nicht enttäuschen. Hans Detlef von Massow, *29. September 1875 in Wohlau als ältester Sohn von Ludwig von Massow, wohnte seit 1920 auf Schloß Neuhausen bei Königsberg. Er war Major und später in der Jungdeutschland Bewegung Kreisführer des Jungsturms in Königsberg. Sein Schicksal ist rätselhaft. Bisher hörte Sigrid Peterson vier verschiedene Versionen über das Ende ihres Großvaters: 1) Hat Milch verkauft und starb an Herzschlag. 2) Wiederverheiratet mit einer Frau, die den Ausgleich für seine Besitzungen erfolglos verlangte. 3) Im Gefängnis verstorben. 4) Von den Russen erschossen. Diese so verschiedenen Informationen verwirren natürlich. Aber vielleicht kann jemand aus unserem Kreis authentische Angaben machen! (Sigrid Peterson, 211 Water St., Ithaca, NY 14850-6142, USA, Telefon US-607/272-7326.)

Habe ich in diesem Fall doch eine gewisse Hoffnung, so bin ich leider bei der nächsten Suchfrage skeptisch, weil sie sich nur auf eine vage Vermutung stützt, die nach Ostpreußen führen könnte. Es handelt sich um Gisela Alice Anna Grabow, * 23. Juni 1943 in Ossenholz (Osienciny), im damaligen Warthegau. Dort war der Vater der Gesuchten, Gerhard Willi Grabow aus Halle, seit 1941 beim Barackenbau für den Reichsarbeitsdienst tätig. Er heiratete am 9. September 1941 Else Alice Arndt aus Ossenholz. Das erste Kind war ein Sohn, Hartmut Max Gerhardt, * 7. Februar 1942. Die Mutter verstarb im Herbst 1944 in Leslau, der Vater fiel 1943 in Nowo Olschowsky, Rußland. Die Kinder Hartmut und Gisela kamen vermutlich zu ihren Verwandten Elitzke in Ossenholz, die eine Gärtnerei betrieben. Von dort wurden die Waisen im Oktober 1944 von der Fürsorge oder der NSV abgeholt. Hartmut kam als Pflegekind auf heute nicht mehr nachvollziehbarem Wege zu dem aus Wolhynien stammenden Ehepaar Wilhelm und Emilie Schiefelbein, Gisela vermutlich zu einer Arzt- oder Lehrerfamilie in Litzmannstadt oder in ein Kinderheim. Von da an sind keine weiteren Angaben vorhanden. Nun wird Gisela von ihrem Bruder gesucht, der mit seiner Pflegemutter nach Arnstadt, später in den Kreis Plön, flüchten konnte, der Pflegevater Wilhelm Schiefelbein kam erst 1956 aus polnischer Gefangenschaft. Hartmut Grabow, heute Schiefelbein, meint, daß Gisela vielleicht mit ihren Pflegeeltern oder dem Heim nach Ostpreußen kam, was eher unwahrscheinlich ist. Aber vielleicht können Leserinnen oder Leser doch einen Hinweis geben, wohin das damals zweijährige Mädchen mit den blaugrauen Augen und den blonden Locken hingekommen ist, von wem es vielleicht adoptiert wurde? Der Bruder kann noch einige Angaben über Personen aus Ossenholz machen: Die NSV-Schwester hieß Maria Grala (Gralla), die Hebamme Lipska, der Amtskommissar Thiede, seine Vertreter Blumhardt und Klien. Eine Alma Schmidt hat die Geburt von Gisela angezeigt. Wenn man auch auf keine direkten Auskünfte hoffen kann, so vielleicht auf Hinweise von Personen oder Institutionen, die weiterhelfen könnten. Daß die heute 60jährige noch lebt, dürfte wahrscheinlich sein. Aber wo und unter welchem Namen? (Hartmut Schiefelbein, Dorfstraße 36 in 24232 Schönkirchen.)

Auch Charlotte Meyer hat seit vielen Jahren versucht, das Schicksal ihrer Großmutter zu erhellen - es blieb im Dunkeln. Es handelt sich um Emilie de la Chaux, wohnhaft bis zum Russeneinfall in Königsberg in der Brehmstraße 1 auf den Hufen. Dort lebte auch die Tochter der Gesuchten, Ella de la Chaux, von der es seit jenen Tagen auch kein Lebenszeichen mehr gibt. Es ist möglich, daß Mutter und Tochter gemeinsam umgekommen sind oder verschleppt wurden. Wer war mit ihnen bei der Einnahme von Königsberg zusammen und weiß etwas über den Verbleib der beiden Frauen? (Charlotte Meyer, Hannoversche Straße 14 in 29690 Essel.)

Manchmal ist ein Bericht im Ostpreußenblatt der Anlaß für einen Suchwunsch, so auch für Erika Kühl, die aus Königsberg-Ponarth stammt. Über diesen Stadtteil hatte unser Leser Horst Glass berichtet. Sie schreibt: „Mir kommen immer die Tränen, wenn ich die Zeilen lese, daß mein Elternhaus, wo unsere Familie zur Miete lebte, noch steht.“ Sie hatte von einer Bekannten Das Ostpreußenblatt erhalten, las zufällig von einer Familie, die ebenfalls in der Speichersdorfer Straße 100 wohnte. Nun hält sie selber Das Ostpreußenblatt und verfolgt jede Zeile. Sie würde sich freuen, wenn sich noch weitere Mieter des Hauses finden würden, und sie nennt folgende Namen: Drozella, Kloß, Bandun, Ender und Glurek. Frau Kühl ist eine geborene Scheller, ihre Eltern waren der Meister der Schutzpolizei, Erwin Scheller und Charlotte Scheller, geb. Zarm. Der Vater fiel 1943 in Warschau, die Mutter verstarb 1994 in Rostock. Dort leben auch Erika Kühl und ihr Bruder Gerd. Vielleicht melden sich noch ehemalige Ponarther bei ihr? (Erika Kühl, Turkuer Straße 45 in 18107 Rostock.)

Auch Adolf Godau war Angehöriger der Schutzpolizei in Königsberg, und diese Familie wird von Werner Kowalzik aus Börm gesucht. Er war im Dezember 1944 während einer Urlaubsreise bei den Godaus, die auf dem Sackheim in der Tapiauer Straße 3 (2. Etage) wohnten. Adolf Godau und seine Frau Klara hatten eine Tochter Christel, * 28. März 1928. Sie besuchte damals eine Höhere Schule. Vielleicht lebt Christel Godau noch und meldet sich bei Herrn Kowalzik. Herr Godau hatte Verwandte in Hamburg, die ebenfalls im Polizeidienst waren. (Werner Kowalzik, Süderende 6 in 24863 Börm.)

Durch einen alten Film, den er entwickeln ließ, wurde Dr. Hans Eichinger an seinen Ernteeinsatz im Sommer 1939 in Ostpreußen erinnert. Mit einem Sonderzug fuhren damals die Studenten der Uni München nach Lötzen, wo die jungen Helfer auf die einzelnen Höfe und Güter verteilt wurden. Hans Eichinger kam zu der Familie Tannapfel. Der Besitzer war ein ehemaliger Landarbeiter, der im Zuge der Aufsiedlung einen Hof erhalten hatte. Drei schöne Trakehner waren der ganze Stolz der Familie, die aus den Großeltern, dem Bauernpaar und einem Kleinkind bestand. Da Herr Eichinger bereits Arbeitsdienst und Militäreinsatz bei der bespannten Artillerie abgeleistet hatte, konnte er gut mit Pferden umgehen. Der junge Bauer hatte damals bereits seinen Einberufungsbefehl in Händen. So wurde für den Altsitzer vorsorglich noch Futtervorrat geschnitten. Herr Dr. Eichinger ist diese liebenswerte Familie immer in Erinnerung geblieben, die nun durch die Fotos wieder lebendig wurde. Lebt noch jemand von der Familie des Hofbesitzers Tannapfel aus der Gegend um Lötzen (der Ortsname ist leider nicht bekannt)? Herr Dr. Eichinger würde der Familie gerne die Aufnahmen übergeben, die für diese ja einen hohen Erinnerungswert haben. (Dr. Hans Eichinger, Birkenweg 7 in 94469 Deggendorf.)

Das Schreiben von Josef Schikowski aus Liebenwalde erhält in kurzen Zeilen soviel Schicksalhaftes, daß es ein ganzes Buch füllen würde. Herr Schikowski stammt aus Migehnen, Kreis Braunsberg. 1945 wurde der damals 18jährige von den Russen nach Sibirien verschleppt. Bis Insterburg war er noch mit Mutter und Schwester zusammen, dann wurden sie getrennt. Die Schwester wurde ebenfalls verschleppt und verstarb laut DRK am 23. April 1945 in Rußland. Die Mutter kehrte nach Migehnen zurück. Sie hatte sich eines Jungen angenommen, dessen Vater verschleppt und dessen Mutter verstorben war. Da ihr Haus stark zerstört war, zog sie zu ihrem Bruder, aber da war wohl für den Jungen kein Platz, und er wurde zu den Großeltern gegeben. Dann kamen Heimkehr aus Gefangenschaft, Vertreibung, Neuanfang im Gebiet der ehemaligen DDR. Von dem Jungen hörten die Schikowskis nichts mehr. Bis auf einem Treffen der Wormditter sich ein Mann bei einer Frau aus Migehnen nach Mutter Schikowski erkundigte. Die wußte damals noch nichts von dem Verbleib der Familie. Nun möchte Herr Schikowski gerne den Mann finden, der zweifellos jener Junge ist, den seine Mutter damals aufgenommen hatte. Der Name ist nicht bekannt. Seine Heimatorte könnten Wusen oder Basien (?) gewesen sein. Josef Schikowski hofft nun sehr, daß der Betreffende diese Zeilen liest und sich bei ihm meldet. (Josef Schikowski, Ernst-Thälmann-Straße 53 in 16559 Liebenwalde.)

Die Frage von Brunhilde Mahn nach Freundinnen aus dem Flüchtlingslager Grove im dänischen Jütland, die wir im vergangenen Mai brachten, hatte leider keinen Erfolg. Weder Irmgard Wischnewski aus Tiegenhof noch Gerda Neubauer haben sich gemeldet. Um so mehr hofft jetzt Frau Mahn auf Erfolg bei ihrer neuen Frage: Sie sucht die Familie Roswandowski aus Arenswalde bei Arys, Kreis Johannisburg, die beim Gut Augstein wohnte. Mit dem Sohn Horst ist sie oft zusammen auf dem kurzen Schulweg gegangen. Er könnte Anfang der 30er Jahre geboren sein. Durch Briefkontakt und Heimattreffen ist das Schicksal der meisten Bewohner des 500-Seelen-Dorfes bekannt, leider nicht das der Familie Roswandowski. Auch eine Busreise nach Masuren erbrachte keine Spur. Hoffen wir also auf unsere Familie! (Brunhilde Mahn, Königsberger Straße 34 in 25335 Elmshorn.)

Vor allem, wenn man die Stätten der Kindheit wiederfindet, tauchen alte, vertraute Namen auf. So erging es auch dem Kreisvertreter von Bartenstein, Wolfgang Wever, als er mit Frau, Kindern und Enkel seine Heimat- stadt besuchte. Er schreibt: „Mich würde es interessieren, wo unser früheres Hausmädchen Liesbeth Wiechmann abgeblieben ist. Sie hat mehrere Jahre in unserem Haushalt von Landrat Dr. Wever gelebt. Liesbeth muß etwa um 1920 geboren sein. Zielpunkt der Flucht war Neubrandenburg. Sie dürfte durch Heirat einen anderen Nachnamen erhalten haben.“ Vielleicht weiß jemand aus unserer Familie, ob und wo Liesbeth Wiechmann lebt. (Wolfgang Wever, Breslauer Straße 42 in 35216 Biedenkopf.)

Vergeblich hatte ich auf dem Seminar „Reichssender Königsberg“ im Ostheim in Bad Pyrmont gefragt, ob sich jemand von den Teilnehmern noch an die Sängerin Erna Thurau/Erna Mueller erinnerte. Nun muß ich unsere Familie bemühen. Erna Thurau hat oft im Rundfunk gesungen oder sogar gejodelt, was ja nun in Ostpreußen nicht gerade eine heimische Gesangskunst war. Vielleicht ist deshalb der Name dieser Sängerin noch manchen ehemaligen Kollegen oder Hörern in Erinnerung. Das Foto zeigt Erna Thurau/Mueller im Alter von etwa 50 Jahren. Ihre Tochter Elisabeth Sierich, die wohl deren Begabung geerbt hat, denn sie singt seit fast 40 Jahren im Hamburger Kirchenchor, möchte so gerne etwas mehr über die künstlerische Tätigkeit ihrer Mutter erfahren. (Elisabeth Sierich, Postfach 740 764 in 22097 Hamburg.)

So, das wäre es wieder einmal. Hoffen wir auf viele und gute Antworten.

Eure

Ruth Geede

 

Begabte Sängerin: Erna Thurau trat oft im Reichssender Königsberg auf. - Wer erinnert sich? Foto: privat