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02.02.02 200 Jahre Garnisonkirche - Eine Rückschau von Hans Graf zu Dohna

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 02. Februar 2002


Geschichte:
Ein Symbol Preußens
200 Jahre Garnisonkirche - Eine Rückschau von Hans Graf zu Dohna

Das Wahrzeichen Potsdams war 200 Jahre lang die Garnisonkirche. Sie wurde Symbol für preußische Tugenden, aber auch für preußisches Militär. Potsdam war Garnisonstadt seit dem Großen Kurfürsten. Er hielt als erster Soldaten auch in Friedenszeiten - ein stehendes Heer. Der Soldatenkönig, Friedrich Wilhelm I., baute Potsdam endgültig zu einer regelrechten Garnison aus. Zunächst gingen die Soldaten zum Gottesdienst in die Schloßkapelle.

Als diese schließlich zu klein wurde, baute der König 1732 eine eigene Hof- und Garnisonkirche auf der Breiten Straße, nachdem eine ältere Kirche wegen unsicherer Fundamente wieder abgerissen werden mußte. Der bewährte Architekt Philipp Gerlach übernahm die Planung und Leitung des Baues. Nicht zuletzt durch die „Langen Kerls“ war die Garnison so groß geworden, daß die Kirche auf 3.000 Plätze ausgelegt wurde.

Der König übernahm das Patronat und kümmerte sich persönlich um Bau und Erhalt der Kirche sowie auch die Berufung der Pfarrer. Ein fast 90 Meter hoher Turm stand an der Mitte des Querhauses. Im Inneren war ebenfalls in der Mitte der Altar, darüber die Kanzel und in Höhe der 2. Empore die Orgel. Hinter dem Altar aber ließ der König unter der Kanzel für sich und seine Frau eine Gruft bauen, in der er bestattet werden wollte. Die Loge des Königs wurde gegenüber der Kanzel gesetzt. Der König war sehr klein und legte Wert darauf, daß der Prediger niemals größer erscheine als er selbst. Zusätzlich wurde eine Garnisonschule gebaut, auf die alle Kinder umsonst gehen konnten, deren Väter an einem Feldzug teilgenommen hatten. Gleichzeitig entstand das Militärwaisenhaus, das bis heute alle Zeiten überdauert hat.

Gerlachs Meisterwerk war der Turm. Die vier sich nach oben verjüngenden Stockwerke wurden von einer kupfernen Haube bekrönt, auf deren Spitze eine vergoldete Krone ruhte. Aus dieser Krone wuchs eine zehn Meter hohe drehbare Wetterfahne, auf deren Spitze eine kupferne, 2,40 Meter große Sonne angebracht war. Ein 5,20 Meter langer Querbalken zeigte auf der einen Seite einen Adler, auf der anderen, 2,25 Meter hoch, die Initialen des Königs „FW“. Allein diese Konstruktion wog 1200 Kilogramm. Darunter im vierten nach allen Seiten offenen Stock des Turmes war jenes Glockenspiel untergebracht, das die Kirche eigentlich berühmt gemacht hat.

40 Glocken waren so gestimmt, daß man jede Melodie mit ihnen spielen konnte. Eine riesige Walze bewegte die Klöppel, die an die Glocken schlugen. Man konnte aber auch auf einer Art von Kla-viatur jedes beliebige Lied spielen. Der jeweilige Organist der Kirche beherrschte diese anstrengende Technik, bei der für jeden Ton ein Holzstab mit der Faust heruntergeschlagen werden mußte. Zur vollen Stunde erklang ein geistliches, zur halben Stunde ein weltliches Lied. Seit dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms III. ertönte „Lobe den Herren“ und auf Wunsch der Königin Luise „Üb’ immer Treu und Redlichkeit“ nach der Melodie der Arie des Papageno in Mozarts Zauberflöte. Dieser Text von Hölty ist zum Symbol für preußische Lebensart geworden.

Der Soldatenkönig wurde nach seinem Tod 1740 in der von ihm geschaffenen Gruft beigesetzt. Seine Frau hatte gewünscht, im Berliner Dom bestattet zu werden. So blieb ein Platz in der Gruft frei, und als Friedrich der Große 1786 starb, wurde er neben seinem Vater bestattet. Er hatte sich auf der Terrasse des Schlosses Sanssouci eine Gruft in Nachbarschaft der Gräber seiner Hunde graben lassen, aber sein Nachfolger meinte, daß dieser Platz zu unansehnlich für einen so großen König sei.

1883 wurden die in den Kriegen 1866 und 1870/71 erbeuteten Fahnen in zwei Etagen übereinander an den Säulen der Kirche angebracht. Sie hingen schräg in den Raum, so daß sie ihr Tuch entfalten konnten. Darunter waren kleine Schilder mit den Namen der entsprechenden Schlachten angebracht.

Als 1918 der Krieg verlorenging und die Monarchie stürzte, ging auch die Aufgabe der Kirche als Garnisonkirche verloren. Aber noch einmal geriet sie in das Blickfeld er großen Politik. Am 21. März 1933 inszenierte Hitler den „Tag von Potsdam“, bei dem er vor dem greisen Reichspräsidenten v. Hindenburg die Gemeinsamkeit von Preußentum und Nationalsozialismus beschwor. Die alte ehrwürdige Garnisonkirche wurde auf diese Weise als Geburtsort des Dritten Reiches mißbraucht. Sechs Jahre später brach der Zweite Weltkrieg aus. Potsdam blieb von den Luftangriffen verschont, und schon hofften seine Einwohner, daß alles gutgehen werde. Aber nur drei Wochen vor Kriegsende, am 14. April 1945, brach das Unheil über die Stadt herein.

Unter feindlichem Bombenhagel sank die Stadt in Schutt und Asche, mit ihr wurden auch die Garnisonkirche und das schöne Glockenspiel schwer beschädigt. Zwar konnte die Kirchengemeinde sich wieder einen Betsaal im Turmstumpf einrichten, aber den DDR-Genossen war die Kirche ein Dorn im Auge, und so wurde sie im Juni 1968 „wegen einer Straßenerweiterung“ gesprengt.

Was aber ist aus den Särgen der Könige geworden? In einer Nacht des Februar 1945 (andere nennen den März 1943) erschien ein militärisches Kommando und holte die Särge ab. Sie wurden in ein stillgelegtes thüringisches Salzbergwerk 563 Meter unter der Erde verbracht und dort unten eingemauert.

Als die Amerikaner das Land besetzten, holten sie die Särge nach Marburg. Dort kamen auch die Särge von Hindenburg und seiner Frau an, die aus dem gesprengten Tannenbergdenkmal in Ostpreußen gerettet worden waren. Sie verblieben in Marburg. Die Könige aber kamen auf die Burg Hohenzollern.

Schon bald nach der Wende wurden sie dann aber wieder zurück nach Potsdam gebracht. An seinem 205. Todestag, dem 17. August 1991, fand Friedrich der Große seine letzte Ruhe an jener Stelle, die er sich schon zu Lebzeiten ausgewählt hatte, der Terrasse am Schloß Sanssouci. Der Sarg des Soldatenkönigs konnte nicht an seinen alten Platz verbracht werden. Die Gruft in der Garnisonkirche existierte nicht mehr. So wurde er in dem Mausoleum des Kaisers Friedrich III. nahe der Friedenskirche im Park von Sanssouci untergebracht.

Ist der Turm, wie die Stadt Potsdam jetzt beschlossen hat, einst wieder aufgebaut, dann wird auch der Soldatenkönig an seinem angestammten Platz seine allerletzte Ruhe finden.