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02.02.02 Stalin, unser Licht, und die deutsche Urschuld

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 02. Februar 2002


Stalin, unser Licht, und die deutsche Urschuld
Wenn Pavel Kohout über »Vergangenheit« spricht, läßt er die eigene meist aus - mit Grund, meint Rüdiger Goldmann

Was veranlaßte das ZDF, ausgerechnet zu seiner Sendung über die Sudetendeutschen den Prager Tschechen Pavel Kohout als Experten einzuladen - aber keinen Sudetendeutschen? Kohout (der im Sendetitel als Kohut erschien), ist zweifellos eine schillernde Persönlichkeit mit Erfahrungen aus der Nachkriegsgeschichte der kommunistischen Tschechoslowakei. Das läßt ihn jedoch noch lange nicht zu einem repräsentativen Sprecher der Tschechen werden, geschweige denn zu einem objektiven Betrachter der sudetendeutschen und deutsch-tschechischen Geschichte und der daraus entstandenen Probleme.

So waren seine Ausführungen denn auch durch Einseitigkeit, Fehlinformationen, ja sogar Bosheiten bestimmt. Sein Vorwurf, bei den Sudetendeutschen begönne die Vergangenheit mit dem Jahre 1945, ist nichts als eine freche Verleumdung. Leider erfuhren die Fernsehzuschauer nichts über die Vergangenheit des Pavel Kohout.

Im Jahre 1953 begannen in Prag die berüchtigten Schauprozesse, die unter dem Namen „Slansky“ bekannt wurden. Sie folgten den grausamen und blutigen Prozessen und Exzessen, die auf Stalins Befehl durch seinen obersten Henkersknecht Lawrenti Berija bereits in Albanien, Bulgarien und Ungarn organisiert worden waren.

Zu einer Schlüsselfigur wurde der 1949 durch den tschechischen Geheimdienst verschleppte Amerikaner Noel Field, den Stalin zum imperialistischen Agenten und Kommunistenfeind machte.

Die „Geständnisse“ der bulgarischen und ungarischen Kommunistenführer wie Traitscho Kostow und Laslo Rajk wurden unter sowjetischer Anleitung durch brutalste Folter erpreßt, die so zu „titoistischen Spionen“ und „Verschwörern gegen die Volksdemokratie“ Gestempelten erhängt. Andere wurden von den Stalinisten erschossen oder in Lager verschleppt, wo sie zu Zehntausenden umkamen.

Den schließlich erneut durch Stalin und seine Helfershelfer in der Tschechoslowakei 1952 begonnenen Slansky-Prozeß nennt der ungarische Historiker George H. Hodos das „ärgste Blutbad, das der Stalinismus in den Satellitenstaaten angerichtet hat“ (G. H. Hodos: „Schauprozesse“, Aufbau-Verlag, Berlin 2001).

In der CSR wurden von 1948 bis 1952 178 Todesurteile vollstreckt, Zehntausende in Arbeitslager geworfen oder zu langjährigen Zuchthausstrafen verurteilt. Dem Generalsekretär der KPC, Rudolf Slansky, wurde eine zionistische Verschwörung gegen die kommunistischen Staaten unterstellt, wobei immer wieder auf seine jüdische Abstammung hingewiesen wurde. Im Dezember 1952 wurde er mit zehn anderen hohen Funktionären hingerichtet.

Der Massenmörder Josef Stalin, der schon vor 1939 Millionen Menschen auf dem Gewissen hatte, betrieb bis zu seinem Tode im April 1953 die Verfolgungen weiter, die jedoch in der Tschechoslowakei selbst danach noch fortgesetzt wurden.

Über den Tod dieses Haupt- und Staatsterroristen Stalin verfaßte Pavel Kohout als 25jähriger ein tränenreiches Lobhudelgedicht unter dem Titel „Ein Wort zum Bruder in schweren Tagen“. In 13 Strophen besingt er die Leistungen des sowjetischen Diktators mit Sätzen wie: „Stalin war unser Licht, was wird mit uns werden, wenn das Licht ausgeht?“ Und: „Je mrtev Stalin. Ale ziji dilo a zaci Stalina!“ (Stalin ist tot, aber sein Werk und seine Schüler leben!)

Mit der letzten Aussage hatte er für die CSSR auch recht, denn dort dauerte der Stalinismus unter Novotny noch weitere zehn Jahre, und Kohout war einer dieser Stalinschüler. Kann sein damaliges Alter eine Entschuldigung sein? Konnte er nichts von den Verbrechen Stalins und dessen Mörderbande (Berija, Molotow, Abakumow, Bjelkin, Mikojan, etc.) und den tschechischen Verbrechern Gottwald, Nejedly, Benesch, Nosek, Svoboda, Bacilek, Novotny, Barak etc. wissen? Sollte er damals wirklich ein gläubiger Stalinist gewesen und zudem mit politischer Blindheit geschlagen gewesen sein? Dann hätte er heute allen Grund, diese, seine eigene Vergangenheit und die der CSSR zu bewältigen, und könnte aufhören, die „deutsche Urschuld“ zu beschwören, die Vertreibung der Sudetendeutschen als „erzwungenen Abgang“ zu verniedlichen und zu behaupten, daß die Sudetendeutschen keine Rechte mehr beanspruchen dürften, weil „die Deutschen ja bedingungslos kapituliert“ hätten.

Pavel Kohout mag ein effektvoller Schriftsteller sein, politisch seit 1968 den Irrtümern des Kommunismus abgeschworen und zur Demokratie zurückgefunden haben. Aber er vergißt, daß auch für die vertriebenen Deutschen die vollen Menschenrechte gelten. Unter Kohouts kosmopolitischem Mäntelchen schaut immer wieder der häßliche Pferdefuß des tschechischen Nationalismus hervor.