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16.03.02 Reise nach Julau / Gyula: Bäderparadies Ungarn

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 16. März 2002


Reise nach Julau / Gyula: Bäderparadies Ungarn
Nirgendwo in Europa gibt es mehr Heilquellen
von Martin Schmidt

Ungarn ist eine balneologische Supermacht. Es weist nicht nur eine über tausendjährige Tradition der Badekultur auf. Mit 135 anerkannten Heilwässern, die bis zur Erdoberfläche aufsteigen, ist die kleine mitteleuropäische Republik sogar das an Thermalquellen reichste Land Europas.

Das heutige Ungarn zählt 14 Bade- und Kurorte mit neunzig Heilbädern und Thermalhotels. Das „Gellért-Bad“ oder das „Széchenyi“ in Budapest haben Berühmtheit erlangt. Doch nur wenige kennen das Burgbad in Julau (ungar.: Gyula), geschweige denn sie waren selbst schon mal dort.

Dabei gehört das mehr als 200 Kilometer südöstlich von Budapest gelegene Julau zweifellos zu den schönsten ungarischen Heilbädern. Die Kleinstadt an der rumänischen Grenze mit ihren rund 36 000 Einwohnern nennt die einzige Ziegelburg Mitteleuropas ihr eigen.

In Sichtweite dieser im 15. Jahrhundert erbauten Attraktion liegen mitten in einem früheren Schloßpark die Heilwasserbecken. Darüber hinaus prägen gepflege Straßen, schmucke Häuserfronten, gut sortierte Läden, nette Cafés und das ganz eigene Flair einer Kurstadt das Bild.

Wer im Frühjahr, Sommer oder Herbst von Julau aus nur wenige Kilometer weiter nach Osten fährt, bekommt sofort die krassen Zivilisationsunterschiede zwischen Ungarn und Rumänien zu sehen und zu spüren.

Plötzlich bewegt man sich fast nur noch auf staubigen, von Schlaglöchern übersäten Straßen und ist von einer allgegenwärtigen Tristesse und Korruption umgeben. Schon der Grenzübertritt kann zum Erlebnis der besonderen Art werden, wenn einem von offiziell aussehenden Personen nie gehörte Steuern und Sonderabgaben abverlangt werden - etwa eine „Ökosteuer“ oder eine „Putzabgabe“ zur Reinigung der Grenzanlagen.

Spätestens, wenn sich die verlangte Summe leicht herunterhandeln läßt, weiß der Tourist, daß es sich um mafiöse Geschäfte handelt. Meist zahlt er aber dennoch. Denn wer will in der Fremde schon wegen einer geringfügigen Summe Schwierigkeiten riskieren.

Doch bleiben wir in Julau, das in mehrerer Hinsicht mit Deutschland verbunden ist. So wurde hier ganz in der Nähe im 15. Jahrhundert der Vater des berühmten Albrecht Dürer geboren.

Ebenso wie der Großvater des Nürnberger Maler-Genies war dieser ein wandernder Goldschmied - ein Gewerbe übrigens, das einst in Ungarn hauptsächlich von Deutschen ausgeübt wurde.

Bis heute gibt es in Julau eine nennenswerte deutsche Minderheit von ungefähr 2000 Menschen. Die sogenannte Josefsstadt, in der viele von ihnen zu Hause sind, hieß früher „Deutschjulau“. Und noch immer existiert eine „deutschstädtische Kirche“.

Allerdings finden die gut besuchten Gottesdienste auf ungarisch statt, da fast alle einheimischen Deutschen der Sprache ihrer Vorfahren nur schlecht oder gar nicht mächtig sind.

Auch um diesen Mißstand zu ändern, wurde 1978 ein „Deutscher Club“ gegründet. Seit 1990 verfügt dieser sogar über ein eigenes Haus. Dort schlägt das kollektive Herz der Minderheit: Es gibt ein kleines Heimatmuseum, private Deutschkurse werden angeboten, die alljährlichen „Schwabenbälle“ vorbereitet und die 1991 beschlossene Partnerschaft Julaus mit dem württembergischen Ditzingen gepflegt.

Nach den Wahlen von 1994 entstand auch in Julau eine deutsche Minderheitenselbstverwaltung. Außerdem verfügen die in der Region stark vertretenen Rumänen über eine solche Verwaltung.

Andere deutsche Einflüsse vermitteln bundesdeutsche und österreichische Touristen, von denen die meisten wegen der heilenden Wirkung des vom hohen Mineralstoffgehalt braun gefärbten Thermalwassers gekommen sind.

Wohl alle Gäste preisen die Schönheit Julaus und natürlich die hervorragende (und billige) ungarische Küche, die in Europa ihresgleichen sucht.