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04.05.02 / Bernd Pischetsrieder folgt Ferdinand Piëch als VW-Chef: Ein fast gesundes Erbe

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 04. Mai 2002


Bernd Pischetsrieder folgt Ferdinand Piëch als VW-Chef: Ein fast gesundes Erbe
Wachstum im zweiten Halbjahr soll Markteinbrüche auffangen

Der 16. April dieses Jahres markiert in der Geschichte des Volkswagenkonzerns ein neues Kapitel. Am Tag der Hauptversammlung stellte sich der neue Vorstandsvorsitzende Bernd Pischetsrieder den Aktionären des Unternehmens vor. Pischetsrieder, vor seinem Wechsel in gleicher Position bei BMW, ist Nachfolger von Ferdinand Piëch, der neun Jahre lang an der Spitze des größten Automobilherstellers wirkte und der sich von den Aktionären verabschiedete. Porsche-Enkel Piëch wird dem Konzern als Aufsichtsratsvorsitzender weiter dienen.

Bernd Pischetsrieder übernimmt ein - im Vergleich zu internationalen Mitbewerbern - äußerst gesundes Unternehmen. Der Umsatz war 2001 um 6,5 Prozent auf 88,5 Milliarden Euro gesteigert worden, das Ergebnis vor Steuern lag bei einem Volumen von 4,409 Milliarden Euro (nach Steuern 2,9 Milliarden Euro) um 18,6 Prozent höher. Rekord. Über fünf Millionen Fahrzeuge waren dafür 2001 verkauft worden. Piëch: "Ein gutes Ergebnis. Volkswagen hat den eingeschlagenen Weg zu nachhaltigem Wachstum ... weiter fortgesetzt."

Allerdings gestand der scheidende Vorstandsvorsitzende ein, daß die ursprünglichen Verkaufsprognosen insbesondere in Übersee nicht ganz erreicht wurden. Statt sich aber an den "Rabattschlachten anderer Hersteller zu beteiligen", wie es der neue Konzernchef Pischetsrieder formulierte, habe man durch eine attraktive Produktpalette und - wo notwendig - mit Programmkürzungen auf Konjunkturschwächen reagieren können Außer im eigenen Land. Ausgerechnet "im renditestarken deutschen Gesamtmarkt registrierten wir einen Rückgang um insgesamt 3,6 Prozent oder rund 37.000 Fahrzeuge" (Piëch).

Ferdinand Piëch hatte den Volkswagen-Konzern 1993 mit tiefroten Zahlen übernommen. Die überalterten VW-Modelle waren nur noch schwer verkäuflich, Konzerntöchter wie Seat kränkelten. Erst als der Golf in der vierten Generation vom Band lief, 1997, "waren Konzern und Mannschaft auf Wachstum ausgerichtet", erinnerte Piëch. Im gleichen Jahr erwarb der Konzern die englische Luxusmarke Bentley und sicherte sich die Markenrechte an Bugatti.

Künftig will VW sogar im Segment der schweren Lastkraftwagen Fuß fassen, kündigte Piëch an. Damit führt das Unternehmen fort, was der bisherige Vorsitzende als oberstes Gebot des Vorstands bezeichnete: die gegenüber allen Interessengruppen des Unternehmens aufgezeigten Zielsetzungen einzuhalten. Das beinhalte die Verpflichtung zu global verantwortlichem Handeln ebenso wie eine innovative Beschäftigungspolitik. Volkswagen werde auch in Zukunft ein verläßlicher Partner für Kunden, Investoren, Geschäftspartner und Mitarbeiter bleiben.

Der das weiter garantieren soll, muß deshalb vor allem die rückläufigen Verkaufszahlen in den Griff bekommen. Bernd Pischetsrieder ist gleichwohl zuversichtlich, trotz des Gesamtrückganges der Auslieferungen an Kunden um 6,8 Prozent für die zweite Jahreshälfte ein deutliches Wachstum im gesamten Konzern vorherzusagen. Einen wesentlichen Anteil daran sollen ein "Multi Purpose Vehicel" (MPV, ein Straßenauto auch für leichtes Gelände), ein neuer Geländewagen sowie ein weiteres Cabrio haben.

Dem Bayern stehen dafür mehrere Instrumente zur Verfügung, mit denen sich flexibel und kurzfristig auf die sich verändernden Markt- und Wettbewerbsbedingungen reagieren läßt. Ausschreibungen für Zulieferer etwa werden online abgewickelt, Bestellungen per Mausklick statt umständlichem Schriftverkehr vollzogen. Teure Lager- haltung ist für Tausende von Einzelteilen nicht mehr nötig.

Moderne Technologie kommt auch einem in verschiedenen Werksstandorten bereits praktizierten geänderten Produktionsablauf bei der Zusammenführung von Bauteilen verschiedener Basismodelle (Fertigungsmix) zugute. Das mache sich insbesondere bei Nachfrageschwankungen einzelner Modelle bezahlt, hat Bernd Pischetsrieder erkannt, die Produktions- volumen einzelner Modelle lassen sich schnell den Markterfordernissen anpassen.

"Der intelligente Einsatz von neuen Technologien allein kann Standortkostennachteile, die wir in Deutschland haben, nicht egalisieren. In Zusammenarbeit mit der Arbeitnehmerseite sind daher neue Konzepte angedacht worden, nicht nur um Arbeitsplätze zu sichern, sondern auch um neue wettbewerbsfähige Arbeitsplätze selbst in schwierigen Zeiten zu schaffen", verwies Pischetsrieder auf Erfolge unter anderem des Projektes "5.000 x 5.000". Erste Erfahrung: "Die Zahl der Bewerber und deren Qualität sind überwältigend, was unsere Auffassung bestätigt, daß solche Ansätze auch in Deutschland erfolgreich umsetzbar sind." E. W.