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04.05.02 / Ein Herz für Rußland

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 04. Mai 2002


Ein Herz für Rußland
Heidelore Kluge bemüht sich um die Vermittlung osteuropäischer Kultur

Vor ein paar Jahren lernten sie sich auf der schwedischen Insel Gotland im Internationalen Zentrum für Schriftsteller und Übersetzer kennen: die freie Journalistin und Autorin Heidelore Kluge und der russische Übersetzer Ilja Fonjakow. Über Iljas Idee, ihre Gedichte ins Russische übersetzen zu lassen, um sie dem russischen Publikum vorzustellen, freute sich die 1949 als Tochter ostpreußischer Eltern geborene Heidelore Kluge sehr. Sie hat während ihrer beruflichen Laufbahn für mehrere Zeitschriften gearbeitet und kann insgesamt auf 30 Buchveröffentlichungen zurückblicken. Als Auszeichnung für ihre Arbeit erhielt sie verschiedene Literaturpreise und Stipendien. Zwischen 1992 und 1996 studierte sie die Kulturgeschichte Osteuropas. Im Laufe ihres Lebens hat sie schon viele Länder der Erde bereist - von Australien bis zur Ukraine. Bald entdeckte sie ihre besondere Liebe zu Rußland.

Heidelore Kluge schreibt Gedichte in zwei Sprachen: als sie einige Jahre in England verbrachte, schrieb sie Gedichte auf englisch, ihre sonstigen lyrischen Arbeiten verfaßte sie in ihrer Muttersprache Deutsch. In Zusammenarbeit mit Ilja Fonjakow und Viktor Popov entstand eine kleine Broschüre mit übersetzten Gedichten aus der Feder von Heidelore Kluge. Sie trägt den Titel "Doroga moja - k tebe" (Mein Weg zu Dir) und erschien im Jahr 2000 in einer Kleinstauflage von 200 Exemplaren in St. Petersburg.

Die Autorin hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder mit der Geschichte St. Petersburgs beschäftigt, genauer gesagt, mit der Leningrader Blockade durch die Heeresgruppe Nord im Zweiten Weltkrieg. Weil es ihr unverständlich erschien, daß in Deutschland auch viele Jahre nach Kriegsende so wenig bekannt ist über das Geschehen und die Zeit des großen Hungers im damaligen Leningrad, der Hunderttausende das Leben kostete, schrieb sie das Vorwort zu dem Buch von Ella Fonjakowa, der Ehefrau Iljas, einer Journalistin, die 1934 in Leningrad geboren wurde. Sie wuchs in einer Künstlerfamilie auf, die die Leningrader Blockade überlebte. Die Eindrücke und Tagebuchaufzeich- nungen dieser Zeit bildeten die Grundlage, um die Schrecken jener Tage aus der Perspektive eines zehnjährigen Mädchens zu schildern.

Von einem historischen Rück-blick auf die Stadtgründung durch Peter den Großen im Jahre 1703 ausgehend, schlägt Heidelore Kluge in ihrem Vorwort einen Bogen um die weitere Rolle St. Petersburgs als Wiege der Revolution zu den der Erzählung des Mädchens Lenka im Roman zugrunde liegenden Ereignissen des Zweiten Weltkriegs. Eindringlich läßt die Autorin Ella Fonjakowa in ihrem Buch Das Brot jener Jahre (Mayer Verlag, 216 Seiten, geb., 19,43 E, ISBN 3-932386-31-0) die kleine Heldin Lenka von der Bombardierung der Bandaew-Lagerhäuser am 8. September 1941 erzählen, in denen 2.500 Tonnen Zucker und die Vorräte an Fleisch, Milch und Öl verbrannten. Die Lebensmittelversorgung war auf einen Schlag lahmgelegt, und der große Hunger begann. Erst nach 880 Tagen war am 27. Januar 1944 die Blockade der Stadt beendet.

Das damalige Geschehen ist den meisten Menschen im Westen kaum bekannt. Durch ihre Mithilfe in Form der 25 Seiten umfassenden Einleitung zu "Das Brot jener Jahre" hat Heidelore Kluge dazu beigetragen, diesem Wissensmangel entgegenzuwirken.

Während einer Theaterreise in die ehemalige und im Westen fast vergessene Stadt Lemberg, heute Lvov, die einst als Zentrum der Kultur und Unterhaltung galt, entstand eine Broschüre mit eindrucksvollen Fotos von Frank Pusch, zu denen Heidelore Kluge in kurzen Texten ihre Impressionen über die Stadt und ihre Menschen aufschrieb: Lvov. Eine Stadt im Mittelpunkt Europas. PEP - Projekt Ebert Pusch. Am Wall 196, 28195 Bremen. Auch hier beweist die Autorin die Vielseitigkeit ihrer Bemühungen um die osteuropäische Kultur, indem sie von ihren Kontakten zu Kulturschaffenden erzählt, die von einer Wiederauferstehung Lembergs als kulturelles Zentrum träumen, aber auch von Begegnungen mit einfachen Menschen im Park oder im Bus, die von ihren Alltagsproblemen, aber auch von ihrem Optimismus berichten. Irgendwann will Heidelore Kluge auch eine Broschüre mit Königsberg-Impressionen erstellen. Man darf gespannt sein. MRK