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18.05.02 / Visionen und Handwerk

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 18. Mai 2002


Visionen und Handwerk
Erinnerung an den Holzschneider Hans Orlowski aus Insterburg

Kunst entsteht, wenn Schönheit Verstand bekommt", hat Hans Orlowski, der wohl bedeutendste Holzschneider Ostpreußens, einmal erkannt. Er sah wie kaum ein anderer die dramatischen Möglichkeiten des Schwarz und Weiß. Über 120 Bücher, darunter Werke von Heine, Hölderlin, Goethe, Schiller und Rilke, aber auch Texte aus der Bibel illustrierte er in dieser Technik. Dabei schuf er keine reinen Abbildungen zum Text, sondern schuf etwas Neues, das sich allerdings dem Wort verbunden fühlte. Handwerkliches Können und geistige Inspiration prägten sein Werk gleichermaßen.

Neben der graphischen Kunst beschäftigte sich Hans Orlowski auch mit der Malerei. Seine Figurenbilder und Architekturmotive bestechen durch ihre Dichte und ihre dezente Farbigkeit. Streng seiner Arbeit gegenüber, vernichtete der Künstler in den zwanziger Jahren mehr als 60 Gemälde, die zwischen 1920 und 1924 entstanden waren, hatte er doch erkannt, daß sie seiner Persönlichkeit nicht entsprachen.

Der Künstler wurde am 1. März 1894 als Sohn eines Schneiders in Insterburg geboren. Bereits 1899 zog die Familie nach Königsberg, später dann (1905) zunächst nach Potsdam, anschließend nach Charlottenburg. 1911 nahm Orlowski sein Studium an der Kunstgewerbeschule Charlottenburg auf, wo Edmund Schaefer und Harold Bengen seine Lehrer waren. 1914 wurde er eingezogen und leistete seinen Kriegsdienst in Serbien ab; nach einer Verwundung arbeitete er 1915 als Zeichner im Kriegsministerium. Erste Linolschnitte entstanden. 1916 schnitt er seine erste Arbeit in Holz.

1918 setzte der Insterburger seine Studien an der Staatlichen Kunstschule bei Philipp Franck fort (bis 1919); im gleichen Jahr stellte er auch Arbeiten in der Berliner Sezession aus. Graphik der Künstlergruppe "Die Brücke" und Blätter der Königsbergerin Käthe Kollwitz beeinflußten sein frühes Schaffen, das jedoch weniger aggressiv ist als das der anderen Künstler.

1919 erhält Orlowski sein Diplom als Kunsterzieher und wirkt von 1921 bis 1945 als Lehrer an der Kunstgewerbeschule Charlottenburg. 1931 wird er dort zum Professor ernannt. Drei Jahre später hat er seine erste Einzelausstellung bei Gurlitt in Berlin, nachdem er zuvor (1921) an der Ausstellung der belgischen Gruppe "Lumière" in Antwerpen teilgenommen hat.

Während des Zweiten Weltkrieges leistet Orlowski Hilfsdienste in der Berliner Nationalgalerie. Sein Atelier in der Kunstgewerbeschule wird ausgebombt, alle Holzstöcke und 65 Gemälde vernichtet. 1945 noch wird seine Wohnung durch Kriegseinwirkungen zerstört. Nach Ende des Krieges erhält der Insterburger eine Berufung an die Hochschule für Bildende Künste Berlin, wo er die Klasse für Wandmalerei, Fresko, Sgraffito und Glasmalerei leitet. Vielen jungen Künstlern hat er so den Weg bereitet.

Für sein unermüdliches künstlerisches Schaffen wurde der Ostpreuße vielfach geehrt. 1954 erhielt er den Kunstpreis für Graphik der Stadt Berlin, ein Jahr zuvor war er zum Mitglied der Königlich Flämischen Akademie der Wissenschaften, Literatur und Schönen Künste, Brüssel, gewählt worden. 1962 wurde er zum Offizier im Orden Leopold II. von Belgien ernannt, im gleichen Jahr erhielt er die Ehrenmedaille des Ministeriums für nationale Erziehung und Kultur von Belgien. 1963 zeichnete ihn die Landsmannschaft Ostpreußen

mit ihrem Kulturpreis für Bildende Kunst aus; 1964 wurde er zum Ehrenmitglied der Accademia delle Arte del Disegno von Florenz ernannt.

Hans Orlowski starb am 3. Mai 1967 in Berlin. Sein Nachlaß wird heute in Belgien, im Freilichtmuseum Bokrijk bei Hasselt, genauer gesagt im dortigen Haus "De witte Engel", bewahrt. Dort fand auch das großzügige Legat, das die Witwe Orlowskis der Provinz Limburg zur Verfügung stellte, eine würdige Heimstatt: 49 Gemälde, 406 Holzschnitte und andere Graphiken, 73 Holzstöcke, Zeichnungen sowie das Briefarchiv und das Atelierinventar des Künstlers.

Fritz Schwarzenberger, Nachlaßverwalter Orlowskis, hat einmal das Wesentliche im Schaffen des Insterburgers hervorgehoben: "In seinem gesamten Schaffen stand an erster Stelle die eigene schöpferische Vision, und wenn diese sich zur Gestaltung verdichtete, wandte sich Orlowski beim Holzschneiden dem zu, was er selbst ‚die stetige Erhebung in den Adelsstand des Handwerks' nannte. Er hatte den Mut dazu, eigene Wege zu gehen, nicht im Sinne eines umstürzlerischen Avantgardisten, sondern als unver- wechselbare Künstlerpersönlichkeit. Was er schuf, trägt von der geistigen Konzeption und dem handwerklichen Können her den Stempel des Fertigen. In allem Gestalteten verwirklichte er sich selbst." Os