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08.06.02 / Gastkommentar: Maßlosigkeit auf beiden Seiten

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 08. Juni 2002


Gastkommentar: Maßlosigkeit auf beiden Seiten
von Helmuth Matthies

"Israel raubt palästinensischen Boden und baut Siedlungen darauf. Israel betreibt Staatsterrorismus: Es hat bereits eine Todesliste angefertigt mit Personen, die zu liquidieren sind ... Man muß allerdings zugestehen, daß der Einfluß der zionistischen Lobby auch sehr groß ist: Sie hat den größten Teil der Medienmacht in der Welt inne und kann jede auch noch so bedeutende Persönlichkeit ,kleinkriegen'."

Kein Landtagsabgeordneter der Republikaner oder der DVU dürfte solche Sätze äußern. Sie wären zumindest sofort vom Landtagspräsidenten gerügt worden. Noch unvorstellbarer wäre, daß ein solcher Politiker danach in einer der etablierten Parteien aufgenommen worden wäre. Doch der, der diese Sätze sprach, ist Moslem und in Syrien geboren: Jamal Karsli. Da wird eine Ausnahme gemacht. Der 46jährige wurde nach (!) diesen Aussagen in einem Interview mit der Wochenzeitung "Junge Freiheit" in die FDP aufgenommen. Seit Oktober 1995 war er Landtagsabgeordneter der "Grünen" in Nordrhein-Westfalen. Er erklärt im gleichen Interview, daß er wegen seiner antiisraelischen Haltung von den Grünen nie unter Druck gesetzt worden sei. Wegen der inzwischen angeblich zu proisraelischen Haltung der Grünen trat er bei ihnen aus - wo er Obmann für Einwanderung war - und in die FDP ein, um die israelkritische Haltung des nord-rhein-westfälischen FDP-Landesvorsitzenden Jürgen Möllemann zu unterstützen. Möllemann wiederum förderte bewußt diesen Übertritt unter anderem mit den Worten, er wolle von den 3,5 Millionen Moslems in Deutschland "möglichst viele für die FDP gewinnen".

Dank der doppelten Staatsbürgerschaft sind mittlerweile 800.000 Moslems (weit mehr, als es Mitglieder von Freikirchen in Deutschland gibt) wahlberechtigt. Der Vizechef der Liberalen - Möllemann - setzt also bewußt auf Zuwachs durch größtenteils äußerst israel- und judenfeindliche Mitglieder. Die "Allgemeine Jüdische Wochenzeitung" hat bereits gefragt, ob man nicht zu einem Wahlboykott der FDP aufrufen sollte. Nach zahlreichen Protesten - besonders auch von "grüner" Seite, die immerhin Karsli jahrelang geduldet hat - hat das FDP-Neumitglied auf seine Parteimitgliedschaft verzichtet, bleibt aber weiter in der Landtagsfraktion. Das wiederum führte zu heftigster Kritik des Zentralrates der Juden in Deutschland, der von einer Mogelpackung sprach.

Inzwischen ist es zu so heftigen gegenseitigen Vorwürfen gekommen, wie es sie zwischen dem Zentralrat der Juden und einer demokratischen Partei noch nie gab. Möllemanns Strategie, mit Hilfe auch von judenfeindlichen Moslems die erstrebten 18 Prozent zu erreichen, ist verwerflich. Doch welches Maß haben die scharfen Äußerungen der Zentralratsspitze, deren Vizepräsidentin Knobloch beispielsweise Möllemann als Antisemiten bezeichnete, der sich "in die Reihe der Volksverhetzer eingereiht" habe? Nicht nur die FDP-Führung sollte sich fragen, wie es zu dieser Entwicklung kommen konnte, sondern auch die Spitze der Juden in Deutschland. Jahrelang hatte sie gefordert, so viele Ausländer wie möglich nach Deutschland einwandern zu lassen und ihnen möglichst schnell die deutsche Staatsangehörigkeit zu geben. Politiker, die das anders sahen, sahen sich schnell in eine fremdenfeindliche Ecke gestellt. Nun leben inzwischen in Deutschland über neun Millionen Ausländer, darunter etwa eine Million illegal. Viele können die Staatsangehörigkeit erhalten, ohne daß sie verpflichtet werden, sich dem allgemeinen Wertekonsens - etwa kein Antisemitismus - anzuschließen. Als die CDU von einer notwendigen "Leitkultur" sprach, wurde sie vom Zentralrat scharf kritisiert. Diese Politik - auch und vor allem - des Zentralrats der Juden (wie der Kirchen) hat dazu geführt, daß die scharfen Gegner Israels, die es im Nahen Osten gibt, nun auch hierzulande in Massen vorhanden sind und - wie prinzipiell ja auch vom Zentralrat der Juden gewünscht - Wahlrecht haben.

Die spektakulärsten Anschläge im Jahr 2000 gegen Synagogen wurden nicht von Einheimischen verübt, sondern von moslemischen Ausländern beziehungsweise eingebürgerten Moslems. Daß dazu der Zentralrat bisher kaum etwas sagt, sondern fast immer nur auf unbelehrbare Deutsche verweist, ist ungerecht. Das Verhalten mancher jüdischer Repräsentanten führt dazu - wie die FDP-Spitze äußert -, daß Antisemitismus geradezu gefördert wird. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: "Denn in ihrem Alarmismus lassen auch sie (Michael Friedman und Paul Spiegel) jedes Maß vermissen. Was sie fordern, kommt zuweilen dem recht nahe, was man Zensur nennt."

Der ständigen jüdischen Kritik an der Lage in Deutschland sind inzwischen auch immer mehr eingefleischte Israelfreunde überdrüssig, zumal die letzten Monate gezeigt haben, daß in keinem großen Staat Europas - von Israel ganz abgesehen - Juden so sicher und unbehelligt leben wie in Deutschland. n

(Der Autor ist Leiter der evangelischen Nachrichten-Agentur idea.)