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08.06.02 / Singt deutsch!

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 08. Juni 2002


Michels Stammtisch:
Singt deutsch!

Der ganze Auftritt "klang wie Arsch und Friedrich". Dieser Satz des Schlagertexters Ralph Siegel ging durch die Presse. War doch dessen - für Deutschland gestartetes Liedchen - "I Can't Live Without Music" mit seiner Interpretin Corinna May kläglich vor dem europäischen Millionen-Publikum durchgefallen. Vorher künstlich zum Favoriten hochgelobt, landete der Beitrag aus Deutschland auf dem viertletzten der 24 Plätze des zum "Eurovision Song Contest" anglisierten Schlager-Grand-Prix, diesmal in Estlands Hauptstadt.

"Die Sprache ist Ausdruck der Kultur", meinte der Stammtisch im Deutschen Haus. Kultur habe man - oder man habe sie nicht, hieß es. Zu ihr stehe man - oder eben nicht. Darum erschien es dem Stammtisch nicht verwunderlich, daß ein anderer erle- sener Vertreter der vergammel-ten Unterhaltungsindustrie, der Schlagersänger Dieter Bohlen, im Jargon der Branche dem "großen" Ralph Siegel riet: "Mach lieber Sex statt Musik."

Der Stammtisch hingegen meinte: "Singt lieber deutsch statt englisch!" Nur rund ein Viertel der nach Estland angereisten Interpreten habe in seiner Muttersprache gesungen, darunter die Franzosen, die Türken und eine französischsprachige Schweizerin. Alle anderen hätten mehr oder weniger schlechtes Englisch geboten. Wer aber seine Gefühle erst übersetzen müsse, unterwerfe sich einer Gleichschaltung, die alles andere als europäisch sei und nur noch flach und peinlich wirke.

Ein solches Europa wollen wir nicht, hieß es am Stammtisch. Für ihn hat es darum beim Europäischen Schlagerwettbewerb eine rote Karte für ein englischsprachiges Lied aus Deutschland gegeben und nicht für ein deutsches Lied.

 

Zauberlehrlings

Pilgerfahrt

In das Heil'ge Land zu wallen

sorgt seit je für Wohlgefallen,

zeitigt Absolutionen,

die den Pilgersmann belohnen,

säubert böse Seelenflecken,

die in Ecken sich verstecken,

und für ultraweiße Westen

ist jetzt Ariel am besten.

Darum walle, weiche Welle,

daß den Mölle man verbelle;

daß zum Zwecke Stimmen fließen

und in Urnen sich ergießen,

dulde Qualen für die Wahlen,

folge Reue-Ritualen,

bis vor deutscher Fernsehröhre

"Gehe hin in Fried'" man höre.

Doch der Zauber - wehe, wehe -

fällt dem Lehrling auf die Zehe:

Blutbefleckte Hand zu schütteln

läßt am Wählerglauben rütteln,

riecht suspekt nach Ablaßhandel,

bringt indes statt Sinneswandel

bei den Räten und Parteien

noch mehr Spiegelfechtereien!

Mit Gefeilsch um Kandidaten,

Riesenwellen und Spagaten

wird Prozente Maximieren

ganz gewiß im Rohr krepieren,

denn bedrängt von Fremdgewalten

wirkt der Büßer so gespalten

wie bei Goethe bloß der Besen,

außer Spesen nichts gewesen.

Pannonicus