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08.06.02 / Spitzensport einmal anders: Schlesier für Deutschland

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 08. Juni 2002


Spitzensport einmal anders: Schlesier für Deutschland
Ost- und auslandsdeutsche Leistungsträger
von Martin Schmidt

Die Fußball-Weltmeisterschaft in Japan und Korea tritt in ihre heiße Phase. Insbesondere viele deutsche Zuschauer, denen sonst wenige Gelegenheiten zur nationalen Begeisterung geboten werden, verfallen ins Fußballfieber.

Das internationale Geschäft rund um den Ball ist äußerst prestigeträchtig, so daß es nicht verwundert, wenn sich die Gemüter kollektiv erhitzen. Ähnliches gilt für Sommer- und Winterolympiaden, Leichtathletik-Weltmeisterschaften, Tennisturniere wie Wimbledon oder neuerdings Autorennen.

Sport, Politik und Wirtschaft sind bei solchen Großereignissen kaum voneinander zu trennen. Und Deutschland mischt fast immer kräftig mit. Im Sport ist man bis heute eine Weltmacht - und darf es sein. Die jüngste Winterolympiade mit dem ersten Platz im Medaillenspiegel hat die ungebrochene Leistungskraft eindrucksvoll unterstrichen. Allerdings hätte es ohne die große Zahl mitteldeutscher Sieger trostlos ausgesehen. Eine Beobachtung, die sich in vielen Sportarten machen läßt, einschließlich unseres "liebsten Kindes", des Fußballs. Zumindest an der Spitze sind dort die Kicker aus den neuen Bundesländern überrepräsentiert.

Nach wie vor zehrt der bundesdeutsche Leistungssport von der Arbeit altgedienter DDR-Trainer, Sportschulen etc. Darüber hinaus profitiert man, und dies ist der breiten Öffentlichkeit überhaupt nicht bewußt, vom Können ausgesiedelter deutscher Spitzensportler aus dem polnischen Staat, aus Rußland oder Rumänien.

Von den deutschen WM-Fußballern hat Miroslav Klose einen solchen persönlichen Hintergrund. Er wurde 1978 im oberschlesischen Oppeln geboren. Beide Eltern waren erfolgreiche Sportler: Mutter Barbara absolvierte 82 Handball-Länderspiele für Polen, während Vater Josef als Fußballprofi bei Auxerre in Frankreich sein Brot verdiente.

Sein Länderspieldebüt machte der mit acht Jahren in die Bundesrepublik ausgesiedelte, anfangs nur polnischsprachige Miroslav Klose am 24. März 2001 in der WM-Qualifikation gegen Albanien. In den Schlußminuten erzielte er als Einwechselspieler das so wichtige Tor zum 2:1 Sieg.

Seitdem zählt der Stürmer des 1. FC Kaiserslautern zu den Besten der deutschen Nationalelf. Das jüngste Ausrufungszeichen setzte Klose am 18. Mai mit drei Toren beim 6:2 gegen Österreich.

Ebenfalls aus Schlesien, genauer aus der ostoberschlesischen Industriestadt Tarnowitz, stammt Martin Max vom TSV 1860 München. Als Stürmer wurde er Bundesliga-Torschützenkönig der Jahre 2000 und 2002. Max debütierte am 17. April in der Nationalmannschaft gegen Argentinien, wurde jedoch nicht in den WM-Kader aufgenommen.

Der dritte erfolgreiche oberschlesische Ausnahmefußballer ist die in Beuthen großgewordene 22jährige Zukunftshoffnung Paul Freier. Freier spielt in der nächsten Saison für den VfL Bochum in der Bundesliga und kam am 9. Mai dieses Jahres gegen Kuwait erstmals zu einem Kurzeinsatz in der Nationalmannschaft.

In anderen Disziplinen stößt man auf deutsche Sportler, die weiter im Osten oder Südosten des Kontinents geboren wurden. Unser wohl bekanntester Geher ist zum Beispiel der 1963 in der kasachischen Stadt Asbest zur Welt gekommene Robert Ihly. Viele Rußlanddeutsche sind außerdem im Eishockey oder bei den Ringern zu finden.

Gerade das Ringen gilt hierzulande eher als Randdisziplin, wähernd es in vielen Nachfolgestaaten der Sowjetunion eine Art Nationalsport ist, was auch die Rußlanddeutschen beeinflußte.

Zu den Erfolgen deutscher Florettfechterinnen in den letzten zwei Jahrzehnten trug ein Trio aus dem nordrumänischen Sathmar bei: die dreimalige Mannschaftsolympiasiegerin Zita Funkenhauser, Monika Weber und Rita König.

Der in Mediasch geborene Siebenbürger Sachse Wilfried Schneider wurde im rodelähnlichen Skeleton mehrmals deutscher Meister und 1998 sogar Weltmeister, und der rumäniendeutsche Handballer Hans-Günther Schmidt avancierte nach seiner Aussiedlung zum Torjäger beim deutschen Handball-Rekordmeister VfL Gummersbach.

Ein Kapitel für sich sind die vielen deutschstämmigen Athleten, die für ihre jeweiligen Heimatländer Lorbeeren einheimsen. Mancher mag da an das brasilianische Tennis-As Gustavo Kuerten denken. Weniger bekann ist dessen Landsmännin Ingrid Metzner-Drechsler, die zwischen 1978 und 1995 gleich mehrfach die brasilianischen Tennismeisterschaften gewann. Die deutsch-brasilianischen Segler Alex Welter und Robert Scheidt holten 1990 bzw. 1996 sogar olympisches Gold.

Auf die unzähligen Erfolge deutsch-amerikanischer, deutsch-kanadischer oder deutsch-australischer Sportler näher einzugehen, würde den Rahmen sprengen. Zum Schluß deshalb noch einige europäische Beispiele: Bei der kürzlich beendeten Eishockey-WM in Schweden gehörten zu den besten Spielern der siegreichen slowakischen Mannschaft zwei Akteure mit den Namen Richard Lintner und Jozef Stümpel.

In Rumänien waren bei allen Erfolgen der Handballmannschaften in der Nachkriegszeit - immerhin handelt es sich um sieben WM-Titel und vier Olympiamedaillen - deutsche Frauen und Männer aus Siebenbürgen oder dem Banat beteiligt. Der Handballsport gelangte überhaupt erst durch den Hermannstädter Turnlehrer Wilhelm Binder nach Rumänien. Er hatte die Regeln während einer Studienreise durch das Deutsche Reich kennengelernt.

Seit Beginn der Massenaussiedlung ab den späten 70er Jahren sank dann interessanterweise auch der Stern des weltweit erfolgreichsten Handballbverbandes.

Auch rumäniendeutsche Tennisspieler ließen aufhorchen, sogar bei uns: denn Günther Bosch, der "Entdecker" von Boris Becker, stammt aus Kronstadt in Siebenbürgen.

Es wäre sehr zu wünschen, wenn der eine oder andere Sportreporter gelegentlich etwas über solche "Bereicherungen" des bundesdeutschen Sports sagen würde. Das täte sowohl den ins Land ihrer Urahnen zurückgekehrten Landsleuten gut als auch dem schwach ausgeprägten nationalen Bewußtsein der Alteingesessenen. Die laufende Fußball-Weltmeisterschaft in Ostasien mit dem Oppelner Miroslav Klose könnte ein Anfang sein...

 

Wurzeln, die verbinden: Ob Deutschlands Geher Robert Ihly, der ungarische Jahrhundertfußballer Ferenc Puskás oder ob Brasiliens Tennis-As Gustavo Kuerten - alle haben sie deutsche Auswanderer als Vorfahren