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13.07.02 / Serie: Die Hochmeister des Deutschen Ordens in Preußen / Teil XI: Heinrich v. Plauen

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 13. Juli 2002


Serie: Die Hochmeister des Deutschen Ordens in Preußen
Teil XI: Heinrich v. Plauen
von Friedrich Borchert

Heinrich von Plauen (1410- 1413) wurde nach dem Tode seines gefallenen Vorgängers am 9. November 1410 in Marienburg einstimmig zum Hochmeister gewählt. Er hatte sich durch die erfolgreiche Verteidigung des Haupthauses des Deutschen Ordens so große Verdienste erworben, daß seine Wahl unstreitig war und die Hoffnung im Lande wiedererweckte. Heinrich v. Plauen stammte aus dem Haus der Herren und Vögte von Plauen im thüringischen Vogtland und zwar aus der älteren Linie. Sein Bruder wurde 1426 zum Burggrafen von Meißen erhoben. Die jüngere Linie nahm zu Ehren ihrer Ahnin Maria, einer russischen Prinzessin, den Beinamen Reuß (lat. Ruthenus) an. Der spätere Hochmeister Heinrich Reuß v. Plauen stammte aus dieser Linie, der erst 1673 die Grafenwürde verliehen wurde.

Seit dem Jahr 1224 waren die Herren von Plauen und Vögte von Weida große Wohltäter des Deutschen Ordens; sie schenkten diesem zwei Kirchen mit reichem Besitz in Thüringen, woraus sich zwei Ordenskommenden entwickelten. Das Geschlecht stellte dem Orden eine Reihe von hervorragenden Persönlichkeiten, darunter zwei Hochmeister, einen Landmeister sowie eine größere Zahl Komture, Vögte, Pfleger und Ritter.

Heinrich von Plauen war als Kreuzfahrer nach Preußen gekommen und trat 1391 dem Orden bei. Seit 1402 Komtur von Nessau und seit 1407 Komtur von Schwetz, übernahm er im Jahre 1410 das höchste Amt des Ordens in dessen größter Not.

Als das polnisch-litauische Heer nach der Schlacht bei Tannenberg am 23. Juli 1410 vor der Marienburg eintraf, fand es eine verteidigungsbereite Burg mit einer kampfstarken Besatzung von mehr als 5.000 Mann vor. Das städtische Vorfeld war niedergebrannt und es waren zusätzliche Wälle und Gräben angelegt worden. Trotz heftigen Beschusses gelang es den anstürmenden Belagerern nicht, den Widerstand der Verteidiger zu brechen. Statt dessen besserte sich deren Lage bald aufgrund des zu erwartenden Entsatzes durch ein Hilfsheer des Landmeisters von Livland und im Reich angeworbene Söldner. Als im Lager der Polen und Litauer Seuchen ausbrachen und Hunger herrschte, gaben zuerst die Litauer den Kampf auf und zogen marodierend heimwärts. Der bevorstehende Einfall ungarischer Streitkräfte in Südpolen zwang schließlich auch den Polenkönig, die Belagerung am 19. September aufzugeben und unverrichteter Dinge abzuziehen.

Alsbald unterwarfen sich die nach der Katastrophe von Tannenberg vom Orden abgefallenen Städte und Burgen wieder dem Orden. Der Befreier des Landes und zwischenzeitliche Statthalter wurde nun einmütig zum Hochmeister gewählt. Er meisterte die große Not im Lande und sicherte es mit bewundernswerter Tatkraft. Sein ursprüngliches Vorhaben, eine günstigere Position durch Weiterführen des Kampfes zu erreichen, mußte er auf Rat der Verbündeten aufgeben und so schloß er am 9. Dezember des Jahres 1410 einen Waffenstillstand. Nach Verhandlungen mit dem polnischen König auf einer Weichselinsel bei Thorn wurde am 1. Februar 1411 der sogenannte Erste Thorner Frieden geschlossen. Das Ordensland blieb im wesentlichen territorial unversehrt, mußte aber die neu gewonnenen Gebiete von Dobrin und das Land Schamaiten zurückgeben. Eine große Belastung war das in einem Zusatzvertrag vereinbarte hohe Lösegeld für die vielen Gefangenen.

In Wirklichkeit stellte dieser "faule Frieden" nur den Beginn eines neuen Kriegszustandes dar, mit immer neuen Begehrlichkeiten Polens und andererseits fortwährenden Versuchen des Ordens, sich den schwer erfüllbaren Verpflichtungen zu entziehen. Auch der Schiedsspruch des ordensfreundlichen Königs Sigismund von Ungarn brachte keine Klärung.

Für die Abzahlung der Kriegslasten wurde erstmalig die Ausschreibung von allgemeinen Steuern notwendig; hierzu berief der Hochmeister erstmalig einen obersten Landesrat aus Vertretern der Stände und der Städte ein, der die Steuern bewilligte. Dieses Abweichen von alten Gewohnheiten und die Einführung eines neuen Staatsgedankens rief unter Teilen der Ordensbrüder eine interne Opposition und Erbitterung hervor. In dieser Zeit entstanden unter den Unzufriedenen die ersten Anfänge eines Widerstands, der später insbesondere im Kulmerland zur Bildung des Eidechsenbundes führte, der bald mit polnischer Unterstützung eine hochverräterische Wühlarbeit entwickelte.

Der tatkräftige Hochmeister kämpfte gegen die Not im Lande, mußte Verschwörungen niederschlagen, Marodeure bekämpfen und sich mit Grenzscharmützeln beschäftigen. Die Polen waren nicht bereit, die Friedensbedingungen zu erfüllen, und ihr König ersann immer neue Intrigen. Trotz Warnung der Großgebietiger entschloß sich der Hochmeister im September 1413 zu einem neuen Krieg gegen Polen, weil er von dort einen Angriff erwartete. Der befehlshabende Marschall Michael Küchmeister von Sternberg weigerte sich jedoch, die Grenze ohne Kriegserklärung zu überschreiten und als Friedensbrecher nach Polen einzudringen. Er befahl den Rückzug.

Daraufhin berief der Hochmeister zum 14. Oktober des Jahres 1413 ein Kapitel nach Marienburg ein, auf dem er den gegen ihn intrigierenden Marschall entlassen wollte. Doch dieser hatte die Amtsenthebung des Hochmeisters vorbereitet und eine größere Gruppe in die Verschwörung einbezogen; hierzu gehörten der ständig in Konkurrenz zum Hochmeistertum stehende Deutschmeister, der Landmeister von Livland sowie 73 Ordensritter.

Das Kapitel forderte die Abdankung des Hochmeisters, der sich ohne Widerrede fügte. Nach Beschlagnahme der Amtsinsignien setzte man ihn in einem Turmgemach fest. Die Kritik an seinem Führungsstil richtete sich vor allem dagegen, daß er wie ein unabhängiger Fürst regierte und den Rat der Gebietiger wenig in Anspruch nahm. Aufgrund einer böswilligen Anklageschrift "legalisierte" das Generalkapitel den Staatsstreich und zwang Heinrich v. Plauen zum Amtsverzicht. Ihm wurde zunächst die Komturei Engelsburg als Aufenthaltsort zugewiesen.

Wenige Monate später bezichtigte der neue Hochmeister Michael Küchmeister v. Sternberg (1414-1422) seinen Vorgänger durch unsinnige Beschuldigungen, hochverräterische Verbindungen zu Polen unterhalten zu haben. Er ließ ihn als Gefangenen in die Burg Danzig und später in die Brandenburg bringen, wo dieser sieben Jahre in strenger Haft saß. Erst im Jahre 1422 befreite ihn der nachfolgende Hochmeister Paul v. Rusdorf (1422-1441) aus der unwürdigen Haft und wies ihm die Burg Lochstädt als Alterssitz zu.

Die Spannungen mit Polen hielten weiterhin an. König Wladislaw bezichtigte den Deutschen Orden als Angreifer wie Friedensbrecher und forderte für einen Friedensschluß die Abtretung Pommerellens und des Kulmerlands. Als der Orden diese Forderungen zurückwies, begann Polen im Jahr 1414 einen neuen Krieg mit Angriffen, die im Preußenland schwere Verwüstungen hinterließen. Der Polenkönig klagte den Orden vor dem Konzil zu Konstanz an.

Im selben Jahr zerstörten die Polen bei einem ihrer Kriegszüge nach Preußen die Marienkapelle, die Heinrich v. Plauen auf dem Schlachtfeld von Tannenberg zum Seelenheil aller "dy do geslagin wordin von beyden teylin yn dem stryte" hatte erbauen lassen. Fundamente dieser Kapelle und Massengräber mit zum Teil hinterrücks erschlagenen Ordenskrie-

gern wurden in neuester Zeit bei Ausgrabungen entdeckt.

Heinrich von Plauen starb am 9. November des Jahres 1429 auf seinem Alterssitz in der Burg Lochstädt im Samland. Er bleibt in der Erinnerung und in der Literatur unvergessen. Hochmeister Paul v. Rusdorf ordnete seine ehrenvolle Beisetzung in der St. Annengruft der Marienburg an. Teile seines Grabsteins mit der Na-mensinschrift hatten sich bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs erhalten. N