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13.07.02 / Zum zehnten Mal: Störtebeker Festspiele auf Rügen

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 13. Juli 2002


Strandräuber am Werk
Zum zehnten Mal: Störtebeker Festspiele auf Rügen

Jetzt rauben, brandschatzen, kämpfen und kapern sie wieder, die Seeräuber und Raubritter bei den Störtebeker Festspielen 2002 auf der Naturbühne Ralswiek auf Rügen. Störtebeker darf wieder als "Gottes Freund und aller Welt Feind" agieren - sozusagen auferstanden von den Toten, denn im vergangenen Jahr wurde ihm der Kopf "awgehawen". Mit dem Schauspiel "Die Strandräuber" fängt ein neuer Zyklus an, denn die Spiele müssen auch im zehnten Jahr weitergehen. Und da hat man sich in Ralswiek viel einfallen lassen, denn über eine Viertelmillion Besucher werden zu diesem Spektakel erwartet. Bis zum 31. August finden Klaus Störtebeker und seine Kaperbrüder ein dankbares und begeistertes Publikum aus ganz Deutschland und den Ostseestaaten.

Rügen ist immer eine Reise wert und zur Festspielzeit besonders, denn die Ralswieker Naturbühne gehört zweifellos zu den schönsten - und mit 9.000 Plätzen auch zu den größten Freilichtbühnen Deutschlands. Aber nicht nur im Hinblick auf die wundervolle Lage am Großen Jasmunder Bodden und die von ihm nur durch eine schmale Landzunge getrennte Ostsee sind die wachsenden Besucherzahlen zu erklären: Die neue Gesetzgebung der Bundesrepublik definiert die Festspiele zur größten "Theaterkneipe Deutschlands" - und als solche will man jetzt in das Guinness-Buch der Rekorde. Denn Störtebekers Gäste verzehren während der zehn Festspielwochen nicht nur 2,5 Tonnen Bratwurst samt zwei Zentnern Senf und drei Tonnen Pommes frites, sie trinken auch 40.000 Liter Bier! Deshalb hat auch die Stralsunder Brauerei ein neues Pils gebraut, das als "Das Bier der Gerechten" höchst passend durch die Kehlen der Besucher fließen soll.

Ob das mit der ihnen zugeschriebenen Gerechtigkeit der Vitalienbrüder und Likedeeler auch historisch stimmt, darf man anzweifeln - den sagenhaften Durst des größten Seeräubers auf der Nord- und Ostsee aber nicht. Denn in Hamburg wird noch immer der riesige Silberbecher verwahrt, den Störtebeker in einem Zug geleert haben soll. Daher der Name "Stürzebecher" - was aber auch von den Historikern längst bezweifelt wird. Denn so buntschillernd die Legende von Klaus Störtebeker, Goedeke Michels und den Seeräubern der Hansezeit ist, so wenig weiß man über die historischen Persönlichkeiten, die den Kern der Legende bilden.

Hervorgegangen sind sie aus dem Seeräuberhaufen, der sich um das mecklenburgische Her-zogshaus zwischen 1390 und 1395 im Kampf gegen die dänische Königin Margarete scharte. Sie führten einen gnadenlosen Kaperkrieg gegen Dänemark, der sich auch bald gegen alle auf der Ostsee fahrenden Schiffe, besonders gegen die Hanse, richtete. Nach dem Friedensschluß zwischen Mecklenburg und Dänemark 1395 zogen sich Störtebeker und seine Vitalienbrüder auf die Insel Gotland zurück, von der sie durch die militärische Intervention des Hochmeisters des Deutschen Ritterordens vertrieben wurden und ihren Kaperkrieg in die Nordsee verlegten. Wo dann auch Störtebeker das Schicksal ereilte, als die Hamburger ihn nach seiner Gefangennahme 1401 auf dem Grasbrook enthaupteten. Noch heute wird dort der Stein gezeigt, auf den der Seeräuber seinen Kopf gelegt haben soll.

Daß es schwer ist, aus Historie und Fiktion ein Spiel zu gestalten - und dazu in jedem Jahr neu -, das wissen die Ralswieker, aber sie stellen sich gerne dieser Aufgabe. So beginnt man wieder mit dem jungen Störtebeker, der als Klaus von Alkun wegen Strand-räuberei gehängt werden soll. Er wird befreit, um bald in die Hände eines Piratenhauptmannes zu fallen, auf dessen Schiff er alles lernt, was zur Seeräuberei gehört. Er wird selber zum Schiffshauptmann, entlarvt einen skrupellosen Kaufmann, bezwingt seinen ärgsten Feind und erstreitet für sich und seine Piratenbrüder "ein Stück Gerechtigkeit".

Um dieses Schauspiel aktionsreich auf die Bühne zu bringen, hat man sich Spektakuläres einfallen lassen. So wird ein ganzes Schloß auf der riesigen Bühne bewegt, die diesmal drei Spielorte aufweist. Und sonst: Koggen, Kämpfer, Kumpane und Akteure in waghalsigen Aktionen, die nicht ungefährlich sind: Einer von den sieben Stuntman hat sich im letzten Jahr schwer verletzt, ist diesmal aber wieder dabei, auch die meisten Schauspieler wie Mircea Krishan und Burkhard Kurth. Debütant auf der Ralswieker Freibühne ist der Störtebeker-Darsteller Sascha Gluth, für den diese Rolle "wie ein Lottogewinn" ist. Für lyrische Momente sorgt der Balladensänger Hans Hartz, vor allem dann, wenn er vor dem allabendlichen Feuerwerk zu den auslaufenden Koggen seine Ballade "Sail away" singt.

Eins spielt leider nicht immer mit: das Wetter! Auch wenn man in Ralswiek für genügend Regenumhänge gesorgt hat - schöner und eindrucksvoller ist das Spiel unter klarem Himmel. So bleibt zu hoffen, daß nach den ersten stürmischen Festspieltagen sich der Sommer darauf besinnt, daß er der große Kulissenschieber ist. Jedenfalls in Ralswiek auf Rügen.

Günther Falbe / VR

Auskunft und Karten: Naturbühne Ralswiek auf Rügen, Telefon 0 28 38/ 31 10-0, Fax 0 28 38 / 31 31 92