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20.07.02 / Der Kompromiß / Das historische Kalenderblatt: 21. Juli 1954 - Beendigung des Ersten Indochinakrieges auf der Genfer Indochinakonferenz

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 20. Juli 2002


Das historische Kalenderblatt: 21. Juli 1954 - Beendigung des Ersten Indochinakrieges auf der Genfer Indochinakonferenz
Der Kompromiß
von Manuel Ruoff

Frankreich, von dem Ho Tschi Minh einmal meinte, daß es leider seine schönen Ideale zu Hause lasse, wenn es auf Reisen gehe, versuchte nach dem Zweiten Weltkrieg an seine Kolonialpolitik aus der Vorkriegszeit anzuknüpfen. Die Liga für die Unabhängigkeit Vietnams, besser bekannt unter dem Kürzel "Vietminh", hatte sich nicht an der Beendigung der japanischen Fremdherrschaft beteiligt, um nun, da die Japaner besiegt waren, die Rückkehr der französischen stillschweigend zu erdulden. So kam es zum Ersten Indochinakrieg. Aufgrund ihrer enormen Einsatzbereitschaft und Leidensfähigkeit erwiesen sich die Vietnamesen als den französischen Besatzern militärisch überlegen. Am 8. Mai 1954 gelang ihnen mit der Einnahme der französischen Dschungelfestung Dien Bien Phu ein entscheidender Prestigeerfolg.

Auf Druck der Volksrepublik China und der Sowjetunion stimmte die Vietminh trotzdem einer Verhandlungslösung zu. Am 26. April begann in Genf eine Indochinakonferenz unter Beteiligung der Großmächte. Die Vietminh mußte mit dem französisch-vietnamesischen Waffenstill-

standsabkommen vom 21. Juli 1954 eine kurzfristige Niederlage einstecken. Ihr Land wurde in Höhe des 17. Breitengrades geteilt und ihre Herrschaft auf den Nordteil beschränkt.

Dafür sah die am selben Tag unterzeichnete Schlußerklärung der Konferenz die mittelfristige Erfüllung des Zieles der Vietminh vor. So heißt es dort nicht nur, "daß die militärische Demarkationslinie provisorisch ist und keinesfalls als eine politische oder territoriale Grenze interpretiert werden darf", sondern es werden auch gesamtvietnamesische Wahlen für den Juli 1956 festgelegt. Die Vietminh durfte als die Befreiungsorganisation ihres Landes mit dem Gewinn dieser Wahlen rechnen, so daß ein vereintes Vietnam unter ihrer Führung für das übernächste Jahr zu erwarten war.

Zum Leidwesen der Vietnamesen ging jedoch auch die US-Administration von einem Wahlsieg der Vietminh aus. Der damalige US-Präsident Dwight D. Eisenhower schrieb später: "Alle Fachleute, mit denen ich sprach oder korrespondierte, waren der Ansicht, daß 1956 in Vietnam die Wahlen von den Kommunisten gewonnen würden." Folglich versuchten die USA das im Genfer Abkommen vorgesehene demokra-

tische Gesamtvietnam notfalls mit Waffengewalt zu verhindern.

Den Vietnamesen blieb nun nur die Wahl, entweder den Bruch des Genfer Abkommens zu akzeptieren und auf einen souveränen Nationalstaat zu verzichten oder aber den Versuch zu unternehmen, das Selbstbestimmungsrecht ihres Volkes gegen den Widerstand der USA mit Waffengewalt durchzusetzen. Sie entschieden sich für das Zweite, und damit war der nächste Indochinakrieg, der Vietnamkrieg, nur noch eine Frage der Zeit.