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10.08.02 / Elbing: Premiere in der Hansestadt

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 10. August 2002


Elbing: Premiere in der Hansestadt
Das Kulturzentrum Ostpreußen präsentiert sich erstmals mit einer Ausstellung

Es gilt, von einer Premiere zu berichten. Erstmals präsentiert sich das Kulturzentrum Ostpreußen aus Ellingen mit einer Ausstellung in Elbing. Im Stadtmuseum der ostpreußischen Hafenstadt findet bis zum 10. September eine vom Kulturzentrum vorbereitete Ausstellung über die Wirtschafts- und Verkehrsgeschichte der Region statt. Die ganz neu erstellte Dokumentation umfaßt 41 Tafeln, ist komplett zweisprachig und kann später auch in anderen polnischen und deutschen Museen gezeigt werden. Mit neuester digitaler Drucktechnik wurden Wiedergaben von Gemälden, Landkarten, Ansichtskarten und Fotos hergestellt. Kurze, informative Texte beschreiben die wesentlichen Ereignisse aus der Wirtschafts- und Verkehrsgeschichte der Stadt und Region im 19. und 20. Jahrhundert. Auf die Anschaulichkeit haben die Ellinger Ausstellungsgestalter sehr viel Wert gelegt, wofür sie bei der Eröffnung vom gastgebenden Museumsdirektor Dr. Arbart und anderen viel Lob erhielten.

Die alte, im Jahre 1237 gegründete Ordens- und Hansestadt Elbing hat eine interessante und wechselvolle Geschichte. Die Ausstellung beginnt mit einer Übersicht über die Wirtschaftsgeschichte Elbings im 19. und 20. Jahrhundert. Die napoleonische Ära brachte der Elbinger Wirtschaft schwere Schäden. Als Folge dieser Jahre stand die Stadt am Rande des Ruins. Der Hafen und die Speicher, die Zeugen der glorreichen Jahre der Stadt, standen lange Zeit leer, mehrere Kaufleute verließen die Stadt, die ganze Wirtschaft lag praktisch lahm und die Zahl der Einwohner ging zurück. Die stolzen Tage Elbings als See- und Handelsstadt waren vorüber. Zum Glück aber sind neue Ideen zur Entwicklung der Stadt entstanden. Die weitblickenden Bürger von Elbing haben damals eingesehen, daß die Stadt wohl dazu geeignet ist, eine Industriestadt zu werden. Nach 1825 begann sich die Wirtschaft der Stadt zu beleben. In kurzer Zeit entwickelten sich in Elbing und in der Umgebung verschiedene Zweige der Leichtindustrie, später die Maschinenindustrie und schließlich der Schiffbau. Als der wesentliche Schrittmacher des industriellen Fortschritts erwies sich hier die Dampfmaschine.

Die ersten bedeutenden Industriellen in der Stadt waren Friedrich Philipp Baumgast und Ignatz Grunau, die 1829 die "Dampfmaschinen Etablissements" in Elbing gründeten. Im Jahre 1833 arbeiteten in Elbing bereits mehrere Manufakturen und Fabriken. Auch Schiffbauer fanden wieder Arbeit. Die Familie Grunau begründete in der Stadt eine Reederei und ließ sich 1844 von der Mitzlaffschen Werft und der Maschinenfabrik Ferdinand Schichau in Elbing den Dampfer "James Watt" und im Jahr 1845 den ersten eisernen Seedampfer Preußens "Borussia" erbauen.

Sehr wichtig für die Entwick-lung der Stadt und Region war der Bau und die Fertigstellung der Eisenbahnstrecke Marienburg - Elbing - Braunsberg im Jahre 1852. Damit leitete die Eisenbahn eine "Transportrevolution" in der Region ein.

Der wirkliche Wirtschaftsaufschwung kam mit den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts. Durch das Aufblühen des Staates und durch die Marinepolitik des Deutschen Reiches hat die Entwicklung der Stadt Elbing einen neuen Auftrieb bekommen. Aus der alten Handelsstadt Elbing wurde am Ende des 19. Jahrhunderts eine Industriestadt, eine Stadt mit vielen weltbekannten Firmen, wie beispielsweise F. Schichau, F. Komnick und Loeser & Wolf. Aus der im Jahre 1837 gegründeten Maschinenfabrik Ferdinand Schichaus ging die weltberühmte Schichau-Werft hervor. Vor allem der Bau von Torpedobooten, Dampfern für die Handels- und Kriegsmarine, Baggern sowie Lokomotiven verschaffte den F. Schichau-Werken Weltruf und kam der Stadt, dem Hauptsitz der Firma, zugute.

Am Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden auch günstige Aussichten für den Elbinger Handel. Die wichtigsten Faktoren, die neue Handelsmöglichkeiten der Stadt eröffneten, waren vor allem der Bau der neuen Bahnstrecken nach Allenstein, Osterode und Heilsberg, der Bau der 1901 fertiggestellten Haffuferbahn sowie eine entsprechend gute Instandhaltung der Wasserwege in der Region.

Die neue politische Situation nach 1920 hatte die Entwicklungsmöglichkeiten Elbings durch die Trennung vom Reich und die Danziger Freistadt teilweise begrenzt. Elbing war jetzt eine Grenzstadt geworden. Andererseits erlaubten diese neue territorial-politische Lage sowie günstige Verkehrsverbindungen zu Wasser und zu Lande der Stadt, die Rolle eines Verkehrszentrums für das neu entstandene Hinterland zu übernehmen, was auch im Interesse des immer mehr an Bedeutung gewinnenden Hafens von Elbing lag. Das alles führte zur Neuorientierung im Handelsbereich der Stadt.

Der Elbinger Hafen konnte niemals ernstlich dem Danziger Hafen oder dem Königsberger Hafen Konkurrenz machen. Trotzdem versuchte die Stadt Elbing durch den Bau eines modernen Getreidesilos, die Vertiefung des Fahrwassers, die Verbreiterung des Elbingflusses und andere Maßnahmen im Hafen den Handel und die Schiffahrt zu fördern.

Im Jahre 1932 entstand im Elbinger Städtischen Tiefbauamt sogar das Projekt einer Trockenlegung des Frischen Haffs und eines Durchstichs durch die Frische Nehrung bei Kahlberg, wodurch Elbing einen direkten Großschiffahrtsweg zur Ostsee er- halten sollte. Die Planungen sahen unter anderem vor, das Frische Haff durch Einpolderung nach holländischem Vorbild teilweise trocken zu legen.

Diese Maßnahme sollte auch der Schaffung von Arbeitsplätzen und der Gewinnung von Neuland für Siedlungszwecke dienen. Ganz besonders hätte von diesem Projekt die Stadt Elbing profitiert, die infolge des Zusammenbruchs ihrer Industrie in eine verzweifelte Lage geraten war. Bei 70.000 Einwohnern waren damals in Elbing rund 10.000 Erwerbslose vorhanden.

Der Durchstich bei Kahlberg, mit einer Fahrrinne von 60 Metern Breite, sollte etwa 1,3 Kilometer nördlich vom Kahl-

berger Leuchtturm erfolgen. Bei den damaligen Verhältnissen konnte Elbing mit Seeschiffen nur von Pillau aus, durch die Fahrrinne des Frischen Haffs erreicht werden. Die Länge der Fahrstraße im Haff vom Elbinger Leuchtfeuer bis Pillau betrug rund 60 Kilometer, die Länge des neuen Großschiffahrtsweges - nur acht. Der Kanal hätte für die Elbinger Seeschiffahrt eine große Ersparnis bedeutet. Die Gesamtkosten des Projektes wurden damals auf 32.500.000 Reichsmark geschätzt, und die Realisierungsdauer des Projektes auf etwa sechs bis zehn Jahre. Bei einer Dauer der Arbeiten von sieben Jahren hätten rund 3.000 Arbeiter jährlich beschäftigt werden können.

Dies ist ein Beispiel für die Themen, die in der Ausstellung dargestellt werden. Einen angemessenen Platz auf den Ausstellungs-

tafeln nehmen die Informationen aus der Geschichte der größten und bekanntesten Elbinger Firmen wie Schichau, Komnick, Loeser & Wolf und die Brauerei Englisch Brunnen ein; es wird aber auch über die kleineren Firmen berichtet wie die Molkerei Schroeter und die F. Schenk-Werft. Der Zusammenhang zwischen der bedeutenden künstlichen Wasserstraße Oberlän-

discher Kanal einerseits und der Wirtschafts- und Verkehrslage der Elbinger Region andererseits wird ebenso thematisiert wie die Interdependenzen zwischen der Wirtschaft der Gegend um das Frische Haff - zum Beispiel Industrie, Fischerei und Fremdenverkehr - auf der einen Seite sowie der Elbinger Seefahrt und den Elbinger Reedereien auf der anderen. Über die Bedeutung des berühmten Badeortes Kahlberg-

Liep im Leben der Elbinger wird ebenfalls berichtet, genauso wie über Cadinen, Succase und Tolkemit. Und noch weitere Themen fanden auf den Ausstellungstafeln ihren Platz. Als Beispiele seien hier die Eisenbahn, die Straßenbahn und die Haffuferbahn genannt.

Es bleibt zu hoffen, daß diese Ausstellung des Kulturzentrums Ostpreußen in Elbing sich als ein erster von vielen erfolgreichen Schritten im Rahmen einer fruchtbaren Zusammenarbeit des Kulturzentrums in Ellingen mit dem Elbinger Stadtmuseum erweisen wird. W.-R. Gogan