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10.08.02 / Was Hänschen nicht lernt ...

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 10. August 2002


Was Hänschen nicht lernt ...
Kinder schon frühzeitig an die Schönheit der deutschen Sprache heranführen

Pisa bewegt die Gemüter der Menschen. Nein, nicht der berühmte schiefe Turm in der italienischen Stadt, der wurde inzwischen ja wieder ins rechte Lot gebracht. Grund zur Aufregung gibt vielmehr eine gleichnamige Studie über den Wissensstand europäischer Schüler der 9. Klassen. Im internationalen Vergleich hat Deutschland da äußerst schlecht abgeschnitten. Knapp zehn Prozent der 15jährigen Deutschen können nach dieser Studie gerade mal eben ihren Namen schreiben, weitere 13 Prozent können kaum lesen. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland so an 20. Stelle. Wenn auch CDU-regierte Bun-desländer besser dastehen als andere, ist die Misere doch nicht zu unterschätzen.

Was soll werden aus dem Land der Dichter und Denker? Und wer hat überhaupt schuld an diesem Bildungsmißstand? Diese Schuld allein auf die Lehrer abzuwälzen scheint mir unfair, schließlich tragen auch die Eltern ein gerüttelt Maß an Verantwortung. Kinder, die nicht lesen und schreiben können, sind gewiß nicht alle Legastheniker. Solche Kinder sind kaum herangeführt worden an die Schönheit unserer Sprache, an ein Buch, an das Abenteuer Wissen.

Moderne Medien wie Fernsehen oder Computerspiele sind aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken, sie jedoch als Babysitter einzusetzen, wenn die lieben Kleinen mal wieder allzu sehr nerven, ist eine Zeitbombe, die bereits begonnen hat, immer schneller zu ticken. Die rasanten Schnittfolgen der Filme und Videoclips lassen den kindlichen und jugendlichen "Konsumenten" kaum Zeit, nachzudenken, sich einzulassen auf das Gesehene. Lehrer berichten von Schülern, die kaum zu einem guten Buch greifen. Comics sind beliebtere Lektüre - wenn überhaupt gelesen wird.

Wie aber mit der deutschen Sprache in Kontakt kommen, wie ein Sprachgefühl entwickeln, ohne zu lesen? Eltern und Großeltern sind hier gefragt, dem Nachwuchs ein gutes Vorbild zu sein. Wer erinnert sich selbst nicht gern an die Zeit, da Mutter oder Großmutter Märchen erzählten oder aus einem Buch vorlasen? Gemeinsam in einem Bilderbuch zu blättern und so auf eine Ent- deckungsreise zu gehen, gehört zu den schönsten frühen Erinnerungen. Aus der Fülle der neu erschienenen Kinder- und Jugendbücher sei hier nun eine kleine Auswahl vorgestellt, die die Phantasie der Kinder anregen oder ihr Wissen vertiefen können.

Daß Wissen durchaus nicht auf langweilige und trockene Art vermittelt werden muß, zeigt ein Buch von Gerhard Staguhn aus dem Hanser Verlag, München. Warum fallen Katzen immer auf die Füße? fragt er und löst auch andere Rätsel der Alltags (223 Seiten, geb., 14,90 a, ab 12 Jahre). "Von Anfang an besitzen Kinder das geistige Werkzeug, um Versuche auszuführen und die Ergebnisse zu analysieren", so Staguhn. "Umso unverständlicher ist deshalb die Tatsache, daß Kinder mit dem Eintritt in die Schule die Lust auf Lernen und Forschen meist schlagartig verlieren. Für echte Wissenschaftler, die Kinder von Natur aus sind, bietet die Schule offenbar zu wenig geistigen Anreiz ..." Diese Anreize findet nicht nur der jugendliche Leser in diesem wissenschaftlichen Buch, das mit augenzwinkernder Leichtigkeit komplizierte Sachverhalte erläutert.

"Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr", sagt der Volksmund. Und so mag es denn notwendig sein, schon kleine Kinder an die Welt des Buches heranzuführen. Bunte Bilder und strapazierfähige Verarbeitung sind hier zunächst besonders gefragt. Beides bieten drei Bücher, die für Kinder ab 3 Jahren geeignet sind. Volkmar O. Döring erzählt in Guten Flug, Wuschelbär und in Wuschelbär am Bahnhof (Velber im oz Verlag, Freiburg. 16 Seiten, Pappbilderbuch, durchgehend farbig illustriert, jeweils 7,50 a) Geschichten von Max und Ina, die mit ihrem Teddy auf große Reisen gehen. Auf den bunten Bildern gibt es so allerlei zu entdecken, außerdem erfahren Kinder auf spielerische Art, was auf einem Flughafen und auf dem Bahnhof alles geschieht. Ebenfalls ab 3 Jahre geeignet ist ein Buch von Rotraut Susanne Berner aus dem Hanser Verlag. Wo ist Karlchen, ist die Frage, die Oma Nickel an diesem Tag besonders beschäftigt (20 Seiten, durchgehend farbig illustriert, Pappbil-derbuch, 6,90 a). Sie kann ihren Enkel nicht finden, der eigentlich im Garten Möhren für den Kuchen holen sollte. Aber Karlchen, das liebenswerte Karnickel, bleibt verschwunden, bis Oma Nickel ihn nach langer Suche durch Haus und Hof schließlich im Kleiderschrank entdeckt. Ein Buch, das sich vor allem auch durch seine reizenden Illustrationen auszeichnet.

Tierisch zu geht's auch in dem Buch aus der Edition Riesenrad. Oh, Paulchen, stöhnt Sally Chambers, die den putzigen Kater Paulchen an einem frühen Morgen allerlei Unheil anrichten läßt. Ein hinreißendes Buch vor allem für Katzenfreunde (24 Seiten, durchgehend farbig illustriert, 12 a, ab 3 Jahre). Aufregung herrscht auch bei Lina, schließlich hat sie morgen Geburtstag. Doch als sie morgens aufwacht, ist die Mama mit dem Papa verschwunden, um das neue Baby im Krankenhaus in Empfang zu nehmen. Nur die Großmutter ist noch da, aber ob die so richtig schön Geburtstag feiern kann? Und ob! Omi kriegt alles hin von Friederike Wilhelmi und Julia Ginsbach ist eine turbulente Bildergeschichte voller zauberhafter Einfälle und lustiger Bilder (Prestel Verlag, 28 Seiten, durchgehend farbig illustriert, 12,95 a, ab 4 Jahre).

Zwei wunderschöne Geschichten über ein Mädchen mit dem ungewöhnlichen Namen Lila haben die Schauspielerin Katja Riemann und ihre Schwester Susanne zu erzählen. Die eine, Katja, mit einfühlsamen Worten, die andere, Susanne, mit zauberhaften Illustrationen. In der ersten Geschichte Der Name der Sonne (Edition Riesenrad, Hamburg. 26 Seiten, durchgehend farbig illustriert, 12 a, ab 4 Jahre) kann Lila der Sonne helfen, wieder zu scheinen, und in der anderen entdeckt sie in ihren Träumen den wundersamen Chor der Engel. Kinder aus aller Welt sind da vereinigt, um mit wunderschönen Stimmen zu singen. Was aber geschieht, wenn ein Kind plötzlich krank wird? Kann Lila helfen? Oder ist alles doch nur ein Traum? Zwei Geschichten voller Poesie und dennoch realitätsnah, nicht zuletzt auch durch die ausgesprochen ansprechenden Zeichnungen.

Bilder, auf denen es so sehr viel zu entdecken gibt, und eine sehr spannende Geschichte haben auch Gertrud Fussenegger und Annegret Fuchshuber zu bieten. Die 1912 in Pilsen geborene Autorin Fussenegger, die auch durch ihre packenden Romane (soeben erschien für Erwachsene bei Langen Müller Das Haus der dunklen Krüge, 24,20 a) bekannt ist, erzählt die Geschichte um Noah und seine Familie neu. Die Arche Noah (Annette Betz Verlag, Wien. 32 Seiten, durchgehend farbig illustriert, 12,90 a, ab 6 Jahren) ist ein Buch zum Vorlesen, Selberlesen und - Staunen, wie lebendig der Text aus dem Alten Testament auch erzählt werden kann. Staunen kann man schließ- lich auch über Erwin mit der Tröte (Eichborn Verlag, Frankfurt/Main. 64 Seiten, farb. Abb., 14,95 a), den Volker Kriegel das ganz besondere Abenteuer der Musik erleben läßt. Der Nasenbär Erwin tritt in den größten Häusern der Welt auf, eben weil er so schön tröten kann, seine Freunde jedoch sind ihm schließlich mehr wert als aller Ruhm. Ein heiter-ironisches Buch für junge Erwachsene und manchmal auch so komisch wie ein Comic. Silke Osman