28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
24.08.02 / Solidarität - keine Einbahnstraße

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 24. August 2002


Hans-Jürgen Mahlitz:
Solidarität - keine Einbahnstraße

Solche Meldungen kennen wir seit vielen Jahren: Millionenspenden für Katastrophenopfer überwiesen, Rettungsexperten vor Ort eingetroffen, Soldaten bauen Zeltlager auf, mobiles Lazarett versorgt Verletzte, Rettungsexperten rund um die Uhr im Einsatz: Gemeinsame Herkunft der Hilfen und der Helfer: Deutschland.

Solche Meldungen kannten wir bisher noch nicht: Spanier, Franzosen, Italiener, Österreicher und Slowaken schicken Sandsäcke ins Katastrophengebiet, Rußland setzt LKW-Kolonne mit Pumpen, Trocknern und einem Speziallabor in Marsch, Polen überweist Spendengelder für Flutopfer, Spitzenstars aus Belgien, Großbritannien und vielen anderen Ländern wirken honorarfrei an Spendengala mit, amerikanische Soldaten als Nothelfer im Einsatz. Gemeinsames Ziel der Hilfen und Helfer: Deutschland.

Wann immer in den vergangenen Jahren auf diesem Planeten die Erde bebte oder Feuer spie, Flutwellen Städte und Dörfer hinwegspülten, Lawinen todbringend zu Tal gingen oder Hungersnöte die Menschen hinwegrafften - die Deutschen standen immer mit an vorderster Spenden- und Helferfront. "Kritische" Geister pflegten dies gern zu kommentieren mit Hinweisen auf das "schlechte Gewissen", die "ewige Schuld" der Deutschen, andere meinten, wir würden uns mit Spendenmillionen nur von internationaler Verantwortung freikaufen wollen. Die Idee, daß wir eben gern helfen, wo wir helfen können und wo Hilfe gebraucht wird, ist da wohl manchem zu simpel.

Natürlich gab es auch immer wieder Kritik daran, daß in Deutschland Nächstenliebe vorzugsweise als Fernstenliebe praktiziert wird - die "Betroffenheit" steigert sich proportional zur Entfernung des Katastrophenortes. Solche Kritik ist berechtigt, wenn sie sich gegen Bemühungen richtet, unser Land zum "Sozialamt aller Welt" umzufunktionieren. Allerdings ist auch zu bedenken, daß die neutestamentliche Nächstenliebe eben nicht nur geographisch definiert ist.

Auf jeden Fall aber sind die von Not betroffenen "Nächsten" uns nun wirklich sehr nahe. Und da ist es eine gute, tröstliche Erfahrung, daß so viele Völker in unserer näheren und weiteren Nachbarschaft uns jetzt einiges von dem zurück-geben, was sie selber von uns an Hilfsbereitschaft erfahren haben. Solidarität ist keine Einbahnstraße - in diesen Tagen ist das kein Wunschdenken, sondern erfahrbare Realität.

Eine weitere durchaus tröstliche Erfahrung: In diesen Stunden und Tagen der Not scheuen sich unsere Spitzenpolitiker - bis hin zum Bundeskanzler und Bundespräsidenten - nicht, nationale Solidarität zu beschwören. Darauf haben wir lange, allzu lange warten müssen; hoffen wir, daß es sich nicht um eine "Eintagsfliege" handelt. Immerhin: Bislang haben Regierung und Opposition es sich versagt, das Leid der Flutopfer zu Wahlkampfzwecken auszunutzen. Auch dies ist ein gutes Zeichen. Vielleicht sind unsere Politiker ja doch besser als ihr Ruf ...