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24.08.02 / Toleranz - Liberale Beliebigkeit

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 24. August 2002


Toleranz - Liberale Beliebigkeit
von Wilhelm Paul

Es ist kein Geheimnis gutdeutschen Wohlgefühls, daß spaßbringende bzw. grenzenlose Freiheit für das Individuum und die bisweilen seltsam anmutende Toleranz für alles Andersartige hierzulande höchste Priorität genießen. Das medienempfohlene "Gesetz der Moderne" stellt eigene nationale Interessen, christliche Werte, demokratische Mitsprache und wissenschaftliche Objektivität in Frage. Seit längerem definiert sich Christentum aus dem "Dialog der Religionen", Demokratie aus dem Verzicht auf Kompetenz und Objektivität beziehungsweise aus der Übereinstim- mung mit den Prämissen poli-tischer Korrektheit und wirt-schaftlicher Nützlichkeit. Mit verschwommener Toleranz glaubt man den Spannungszustand zwischen Tradition und Moderne, zwischen Eigen- und Fremdinter-esse zu unterlaufen. Im Vordergrund heutiger Bemühungen steht das "globale Dorf", das sich bunt mit allen Kulturen bevölkert. Die zu erwartende Vergreisung der westlichen Gesellschaft glaubt man durch immer mehr Migranten und alternative, nicht reproduktive Lebensformen auszugleichen.

In dem Maße aber, in dem sich in unserem Land Menschen dieser Logik entziehen und auf die Erhaltung von erprobten Werten bestehen, welche die pauschale Verordnung von Toleranz gegenüber fremden Religionen, Kulturen, Menschen in Frage stellen, sind Ausgrenzung, Schmähung und Bestrafung für sie gängige Folgen. Wer sich nicht selbst aufgibt, geißelt oder wenigstens für alles entschuldigt, läuft Gefahr, grundlos an den Pranger gestellt zu werden. Als zentraler Begriff eines unnachgiebigen Korrekturbedürfnisses erweist sich die "Totschlagvokabel" Rechtsradikalismus als besonders wirkungsvoll. Ihre Verwendung ist häufig dann festzustellen, wenn falsch verstandene Toleranz aufgelistet, die Folgen für die Allgemeinheit aufgezeigt werden.

Während kirchliche Würdenträger in Harburg beispielsweise (siehe Die Welt vom 28. Juni 2002) aus falsch verstandener Toleranz einem polizeibekannten Kriminellen Kirchenasyl gewähren, wir in zunehmendem Maße die Aussonderung christlicher Symbole betreiben, nehmen andererseits die blutigen Christenverfolgungen im Sudan, Indonesien, Algerien oder anderswo spürbar zu, ohne daß wir wenigstens dagegen protestieren.

Erst wurde das morgendliche Schulgebet abgeschafft, dann kamen die Kruzifixe von der Wand, und schließlich verkümmerte der Religionsunterricht zum beliebigen Potpourri zwischen Ethik und Sozialkunde. In Berlin beispielsweise wird dank eines Entscheids des örtlichen Verwaltungsgerichts zukünftig Islamunterricht erlaubt, dessen Inhalte von den Schulbehörden nicht einmal mehr kontrolliert werden dürfen.

Vielen engagierten Christen dürfte entgangen sein, daß die Religionsbehörde in Medina letztmalig 1995 festgelegt hat, daß für das Gebiet des Islam jede Gemeinsamkeit mit anderen Religionen kategorisch abgelehnt wird. Wer aufmerksam in der 2. oder der 47. Sure des Koran liest, sollte über den Islam als "kriegerische" Religion keine Illusionen hegen, der bis heute keineswegs den Abschied vom Mittelalter geschafft hat beziehungsweise die Anerkennung der individuellen Menschenrechte nach wie vor verweigert.

Muslimen, die "islambedingt" ihre Frauen töten, werden hier toleranzbedingt mildernde Umstände zugestanden, so daß die hier lebende Muslimin nur bedingt durch die im Grundgesetz verankerten Menschenrechte verbindlich geschützt wird. Wenn aber die Ausübung und Anwendung des Rechts in diesem Land derartige Risse aufweist, grundlegende Rechtselemente mehr und mehr "kulturbedingt" Anwendung finden, neuerdings auch das Schächten mit allerhöchster richterlicher Billigung trotz Aufnahme des Tierschutzes in die Verfassung erlaubt wurde, geraten wichtige Indikatoren für den Bestand und die Qualität gesellschaftlicher Strukturen gewollt ins Rutschen.

Was hier im Hinblick auf Religion, Recht, Kultur aus falsch verstandener Toleranz nur angerissen werden kann, zeigt seine Entsprechung in der Annäherung vieler Parteien an totalitäre Alternativen politischen Denkens. Die rasante Hoffähigkeit der gewendeten Kommunisten in sämtlichen politischen "Peep-Shows", bei den Hofbällen der vermeintlichen politischen Elite und die zum Teil erbärmliche Verbrüderung mit manchem "Musterdemokraten" irritiert genauso wie die weitgehende Tolerierung von ausländischen Kampfkadern vom Schlage Milli Görüsh oder ähnlicher Gruppierungen in diesem Lande. Fundamentalisten nutzen auf den verschiedensten Ebenen das großzügige Toleranzangebot der liberalen Bürgergesellschaft.

Karl Jaspers erinnerte einmal daran, daß es keine Freiheit geben darf, die Freiheit zu zerstören. Der Einzug des unkontrollierten Islamismus in unsere Schulen, die willfährige Übernahme fremdartiger Spielregeln in unser Recht bilden keinen Gewinn, kein Mehr an Toleranz. Daß die heutige Spaßgesellschaft schon bald die Folgelasten und Brüche des eigenen Interessenverlusts mit wachsender Staatsverschuldung und Erosion der Sozialsysteme bezahlen wird, erscheint zwangsläufig. Im Schweigen der "vielen Lämmer" zur Irrationalität liberaler Entgrenzung wird Toleranz zum Index des fortschreitenden Abbaus gewachsener und bewährter eigener Strukturen und Wertvorstellungen.