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24.08.02 / Was auch die Witwe Bolte kannte ...

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 24. August 2002


Was auch die Witwe Bolte kannte ...
Konservieren damals: Vom Kühlen, Säuern, Dörren und Pökeln

Schon früh war es den Menschen ein Anliegen, ihre kostbaren Vorräte haltbar zu machen. Nachdem man herausgefunden hatte, daß gefrorenes Wild nicht verdirbt, versuchte man es mit der Kälte. Die Höhlen der Menschen dienten also nicht nur zum Wohnen, sondern auch als Kühlraum. Im Winter hackte man Eis aus Seen und Flüssen und deponierte es bis zum Sommer in Gruben. Es wurde zum Transport von Fischen und zur Herstellung der begehrten Eisdesserts gebraucht.

Lange Zeit gab es beinahe in jedem Haus einen Naturbodenkeller, in dem sich die Temperatur nahezu konstant tief hält, ideal zum Lagern von Kartoffeln und Gemüse. Man buddelt Gemüse auch in leicht feuchten Sand ein. Größere Mengen Kartoffeln und Gemüse kamen in Mieten, in denen sie schichtweise mit Erde bedeckt wurden.

Unsere Urgroßmütter nutzten die Vorzüge eines kühlen Kellers, in dem Butter und Milch in Steintöpfen eine Zeitlang frisch blieben. Die im Sommer etwas mehr gesalzene Butter schlugen sie noch in Rhabarberblätter ein. Met, der berühmte Honigwein, wurde im Mittelalter zum Reifen samt Faß eingegraben. Der Zucker- gehalt des Honigs trug zur Konservierung bei. Die alten Römer machten Wein haltbar, indem sie die Tongefäße mit Tonpfropfen verschlossen und die Stöpsel mit Pech oder Gips versiegelten. Voll ausgereifte Trauben hängte man samt Stiel, dessen Ende mit flüssigem Wachs bestrichen wurde, in kühlen Räumen auf. So blieben die Trauben monatelang wie frisch gepflückt.

Auch Wind und Sonne nutzte man zur Haltbarmachung. Mongolen bereiteten bereits im 13. Jahrhundert Magermilchpulver, indem sie entrahmte Milch in flachen Schüsseln in die Sonne stellten. Das Dörren von Obst, Gemüse und Pilzen ist eine sehr alte Technik. Dabei verdunstet der Wassergehalt bis zu 95 Prozent. Die konzentrierten Fruchtsäuren und der Zuckergehalt in Obst und Gemüse begünstigen die spätere Haltbarkeit.

Früher holte sich nicht nur die Witwe Bolte eine Portion Sauerkohl aus einem Krautfaß, sondern fast jede Familie. Sauerkraut kam übrigens aus dem Orient über die slawischen Länder zu uns. Die im Gemüse enthaltene Stärke und der Zucker werden in bekömmliche Milchsäure umgewandelt, die die lange Haltbarkeit bewirkt. Man kann auch Rote Bete, Karotten oder Sellerie einsäuern, und alles auch in kleineren Portionen im Glas.

Das Einsalzen von Fisch und Fleisch gehört zu den ältesten Konservierungsarten. Im Mittelalter wurde sogar geraten, Früchte einzusalzen (und sie vor dem Verzehr zu wässern). Doch schon Elisabeth I. suchte nach Möglichkeiten, Fleisch für lange Seereisen nicht immer nur zu pökeln, sondern Frisches haltbar zu machen. Das gelang viel später durch stundenlanges Kochen (und Eindosen) - eine Methode, die Obst und Gemüse allerdings abträglich war. Als man herausgefunden hatte, daß es auf das Abtöten schädlicher Bakterien ankommt, tauchten jene Einwecktöpfe auf, in denen man gefüllte Gläser im Wasserbad sterilisierte. Sie gehörten wie das Krautfaß zum Bestand jeder Küche. Später erhitzte man das Einmachgut und füllte es heiß in Gläser, die man entweder mit speziellen Einmachtropfen oder mit reinem Alkohol sterilisierte. Der brennende Alkohol verbrauchte den Sauerstoff im Glas und entzog Bakterien den Nährboden. Den selben Effekt erzielt man heute mit Schraub-deckelgläsern. Man muß das Glas nach dem Einfüllen kurze Zeit auf den Kopf stellen, wodurch sich das nötige Vakuum bildet.

Bald fand man heraus, daß Zucker wie Salz ein idealer Konservierungsstoff ist. Dieser Entdeckung verdanken wir die Konfitüre, die kandierten Früchte und schnittfesten Fruchtpasten. Wenn sich zur Verstärkung zum Zucker noch der Alkohol gesellt, entstehen solche Leckereien wie Rumfrüchte.

Was nicht zu Kompott, Marmelade oder Dörrobst verarbeitet wurde, endete als köstlicher Saft. Auch ein Entsafter gehörte unbedingt zum Inventar. Und Getreide schließlich wurde ungemahlen aufbewahrt. So hielt es sich jahrelang. Ingeborg Wingert