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28.09.02 / Kameradschaftsbund Fallschirmpanzerkorps: Die wohl letzte Reise

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 28.September 2002


Kameradschaftsbund Fallschirmpanzerkorps: Die wohl letzte Reise
Der Bund gedachte in Trakehnen der gefallenen Kameraden

Der Kameradschaftsbund Fallschirmpanzerkorps hat in diesem Sommer eine Fahrt nach Ostpreußen durchgeführt, wobei Insterburg Standquartier war. Ein Höhepunkt der Veranstaltungen im Raum Insterburg-Königsberg war neben der Einweihung des deutschen Soldatenfriedhofes in Heiligenbeil (s. Folge 33) die Feier am Ehrenmal in Trakehnen.

Hatten an der Fahrt nach Trakehnen im August des vorletzten Jahres noch rund ein Dutzend überlebende Veteranen teilgenommen, so waren es dieses Mal nur noch zwei alte Soldaten, die im Fallschirmpanzerkorps im Raum Trakehnen gekämpft haben. Der eine Veteran war der Fahnenjunker, Unteroffizier und Zugführer Wilfried Seide. Der am 11. November 1944 auf dem Friedhof in Jonasthal in der Nähe von Trakehnen Verwundete berichtet, daß die Soldaten auf dem Gottesacker ihre Unterstände mit Grabplatten und Gedenksteinen abgedeckt hatten, um dem Feuer der russischen Artillerie zu entgehen. Der zweite Veteran war der Gefreite Hans Arthur Werner, der am 16. Oktober 1944 an der Pissa-Brücke in Trakehnen eine Kopfverletzung erhielt. Schwer verwundet landete er zusammen mit einem ebenfalls verwundeten Russen im Lazarett. Vier weitere Mitglieder des Kameradschaftsbundes und sonstige Interessenten waren die übrigen Reiseteilnehmer.

Die Hinfahrt nach Ostpreußen erfolgte mit Übernachtung in Gotenhafen über den Grenzübergang Braunsberg/Heiligenbeil. Stammquartier war in Insterburg das Hotel "Zum Bären". Auf der polnisch verwalteten Seite mußte die Gruppe rund drei Stunden warten, die Russen fertigten sie hingegen zügig ab. In Insterburg wurden die Gäste aus der Bundesrepublik am Eingang des Hotels mit Brot und Salz empfangen. Die Eingangshalle war mit der russischen, der ostpreußischen und der deutschen Flagge geschmückt. Das verbreitete einen ausgesprochenen "Stallgeruch". Alte Stiche aus Insterburg zierten die Wände, im Speisesaal hingen die Bilder von Fried- rich dem Großen und der Königin Luise. Schautafeln unterrichteten die Besucher über den Auf- und Niedergang des Königreiches Preußen. Unterkunft und Verpflegung fanden allgemeine Anerkennung.

Insterburg weist noch einige alte historische Bauten auf. Erschütternd der Anblick der Namenstafeln auf dem deutschen Soldatenfriedhof - eine Gedenkstätte des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge.

Die Feierlichkeiten in Trakehnen waren vom Kameradschaftsbund sorgfältig vorbereitet worden. Alexander Rak, Geschäfts-

führer der Firma Basis, Trakehnen, hatte als Gewährsmann entsprechende Vorarbeiten geleistet. Die Russen hatten durch die Armee Zelte aufgerichtet, vor dem Café Elch wehten die Flaggen der Russischen Föderation und der Bundesrepublik Deutschland. Nach einem Mittagessen in diesem Café, das von Rußlanddeutschen betrieben wird, legte der Kameradschaftsbund vor dem russischen Ehrenmal einen Kranz nieder. Die russische Militärkapelle spielte einen Trauermarsch, zahlreiche alte russische Veteranen - ordengeschmückt - waren anwesend. Ein Ehrenzug der Armee schoß Salut.

Die Deutschen wurden überall freundlich empfangen, offensichtlich hatte niemand etwas gegen sie.

Bei der anschließenden Feier am Gedenkstein für die gefallenen Kameraden des Fallschirmpanzerkorps war die russische Seite durch ihre Administration vertreten. Außerdem waren mehrere Fernseh- und Rundfunkreporter zugegen. Anwesend waren auch der Vorsitzende des russischen Veteranenverbandes, der russische Landrat der Rayonverwaltung aus Ebenrode und eine Abordnung aus der russischen Garnison in Gumbinnen. Aus ihren Ansprachen entnahm man die sachliche Feststellung, daß auch die deutschen Soldaten für ihre Heimat gekämpft hätten. Ergreifend die vom russischen Musikkorps gespielten Weisen vom "guten Kameraden" und "Ich bete an die Macht der Liebe" sowie "Nun danket alle Gott".

Der russisch-orthodoxe Pope und Pfarrer Barthke von der evangelischen Salzburger Kirche in Gumbinnen hielten Andachten und baten um den Frieden in der Welt. Wilfried Seide vom Kameradschaftsbund gedachte am Gedenkstein der gefallenen Kameraden und bedankte sich bei der russischen Administration für die Mitwirkung am Gelingen dieser Feier.

Russen und Deutsche stellten bei dieser Feier fest, daß nunmehr ihre Soldaten zusammen an den Brennpunkten der Welt eingesetzt würden, um den Weltfrieden zu bewahren. Bei den anschließenden Kranzniederlegungen - auch russische Veteranen legten einen Kranz nieder - gab Wilfried Seide der Hoffnung Ausdruck, daß auch die im Raum Trakehnen gefallenen deutschen Soldaten bald eine würdige Gedenkstätte als letztes Grab erhalten. Die in Trakehnen beerdigten gefallenen Soldaten sind bis heute noch nicht umgebettet worden. Die russische und die deutsche Nationalhymne beschlossen die Feierstunde. Danach wurden die rund 300 Gäste zum Essen in die von der Armee aufgebauten Zelte gebeten. Der obligatorische kaukasische Hirtenspieß wurde von Soldaten der Armee gegrillt, Kascha und belegte Brote standen zusammen mit allerlei Getränken (wobei natürlich Wodka nicht fehlen durfte) auf den repräsentativ dekorierten Tischen.

Sowohl die russischen Einwohner von Trakehnen als auch die Armee waren vom Kameradschaftsbund eingeladen worden.

Danach begann ein buntes Folkloreprogramm, russische Kinder trugen gekonnt ihre Lieder vor, aber auch deutsche Volkslieder. Ein kleiner russischer Junge sang das Lied "Hänschen klein ...". Der sehr gelungene Volkstanz der deutschen Schule in Trakehnen erhielt viel Beifall. Im Café Elch begrüßten die beiden Vertreter des Kameradschaftsbundes, Seide und Michel, die Vertreter der Administration und der Armee, darunter den Divisionskommandeur der Panzergrenadier-Division Gumbinnen, die Musikkorps und Soldaten für diese Feier abgestellt hatte.

Welche Bedeutung man russischerseits diesem Ereignis beigemessen hatte, wurde daran deutlich, daß beide russische Fernsehanstalten aus Moskau anwesend waren. Auch war die Regierungszeitung Iswestija mit einem Reporter vor Ort.

Seide und Michel wurden ausgiebig interviewt. Es wurde nicht nur nach den Ereignissen 1944/45 gefragt, vielmehr war man stark daran interessiert, wie die Deutschen die Entwicklung im Königsberger Gebiet beurteilen, wenn denn dann Polen und Litauen der EU angehören.

In Trakehnen sind die Spuren des letzten Krieges noch nicht beseitigt. Ein Großteil der Gebäude zerfällt. Lediglich das Landstallmeisterhaus mit der Eingangspforte ist renoviert - weiß angestrichen - worden. Auf einer Gedenktafel für eine im Hintergrund gepflanzte alte kapitale Eiche stand "von Lehndorff". Die Neubau- ten der Agnes-Miegel-Siedlung stechen ins Auge, sie sind mit deutschen Spenden errichtet worden.

Mit Wehmut bleibt festzustellen, daß es wohl die letzte Reise des Kameradschaftsbundes ins nördliche Ostpreußen war, denn altersbedingt wird sich wohl kaum noch einmal eine Reisegruppe zusammenfinden. Bernd Dauskardt

Die Kämpfe 1944/45 - Das Fallschirmpanzerkorps und Ostpreußen

Die Geschichte des Fallschirmpanzerkorps ist mit jener der deutschen Provinz Ostpreußen eng verwoben. So deckte das Korps mit seinen zwei Divisionen, der Fallschirmpanzer-Division 1 HG und der Fallschirmpanzergrenadier-Division 2 HG, ab Herbst 1944 den Bereich zwischen Insterburg und Gumbinnen ab. Beim Angriff auf Ostpreußen war die Übermacht der Roten Armee erdrückend. Fünf russischen Armeen standen deutscherseits nur elf Infanterie-Divisionen, zweieinhalb Panzer-Divi

sionen und zwei Kavallerie-Brigaden gegenüber.

Verhängnisvoll wirkte sich auf deutscher Seite die Herausnahme der Fallschirmpanzerdivision 1 und des Panzerkorps Großdeutschland Mitte Januar 1945 aus. Der russische Angriff am 16. Oktober 1944 mit Vorstoß über Großwaltersdorf nach Nemmersdorf - 19./22. Oktober 1944 - konnte noch einmal aufgefangen werden. Danach verlief die Hauptkampflinie nach Abschluß der Kämpfe ungefähr auf der Linie Goldap - Großwaltersdorf - Grünweiden - Schloßberg. Der unmittelbare Gegner des Fallschirmpanzerkorps war die 11. Garde-Armee der Russen.

Zwischen Ebenrode, Trakehnen, Weidengrund und Großwaltersdorf bestand ein durchlaufendes Grabensystem, das deutscherseits ständig besetzt war. Um Trakehnen wurde erbittert gekämpft, es ging allerdings am 24. Oktober 1944 verloren. Der Gefechtsstand der Fallschirmpanzer-Division 1 befand sich zuerst in Trakehnen, wurde aber nach dem Verlust des Ortes nach Jonasthal verlegt.

Hierzu berichtet der ehemalige Gefreite Hans Arthur Werner, daß nach schweren Kämpfen im Raum Trakehnen die Russen an der Pissa zum Stehen gebracht wurden. Am 20. Oktober 1944 und 30. November 1944 wurde dem Hauptmann Werner Stuchlik und dem Gefreiten Konrad Steets vom Fallschirmpanzergrenadierregiment 2, II. Bataillon, wegen besonderer Tapferkeit vor dem Feind das Rit- terkreuz verliehen.

Am 13. Januar 1945 durchbrachen die Russen in einer Großoffensive die Hauptkampflinie. Die Soldaten des Fallschirmpanzerkorps wurden unaufhaltsam in den Kessel von Heiligenbeil zurückgedrängt. Nur we- nige Soldaten überlebten das Inferno. B. D.

Fotos: Ehrenbezeugung: Deutsche und Russen vor dem Gedenkstein in Trakehnen

Folklore: Sie bildete nach der feierlichen Kranzniederlegung am Stein unter dem Baum einen festen Programmpunkt Fotos (2): Dauskardt