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05.10.02 / Vom Glück, Zufall und Schicksal / Der ostpreußische Autor Arno Surminski zeigt abermals sein erzählerisches Können

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 05. Oktober 2002


Vom Glück, Zufall und Schicksal
Der ostpreußische Autor Arno Surminski zeigt abermals sein erzählerisches Können

Ruhig und kraftvoll dringt die Stimme durch den Innenhof. Die Zuhörer lauschen gebannt und lassen sich willig auf die erzählten Geschichten ein. Die Stimme gehört Arno Surminski. Der 1934 in Jäg-lack/Kreis Rastenburg Geborene stellt im HanseMerkur-Gebäude sein neues Buch "Der Winter der Tiere" vor. Diesmal präsentiert der anerkannte Romanautor allerdings kein zusammenhängendes Werk, sondern kurze Erzählungen. Es sind Geschichten unterschiedlichster Menschen der Gegenwart und der nahen Vergangenheit.

Der Ullstein-Verlag, bei dem das Buch erschienen ist, betont, die Neuerscheinung belege, daß der Romancier Surminski auch ein "Meister der kleinen Kunst" sei. Eine Behauptung, der sich die meisten Leser anschließen werden.

Anschaulich schildert Surmin-ski Geschichten von Menschen zur Zeit des Zweiten Weltkrieges, Schicksale, die durch das geteilte Deutschland geprägt wurden und erst nach der Wende in ihrer ganzen Tragik offenbar werden und kleine Anekdoten aus unserer doch manchmal ziemlich bizarren, modernen Welt.

Neugierig wie die alte Guscha in der Erzählung "Am Wolchow" fragt sich der Leser, was der fremde Deutsche in Jelnikowo eigentlich will. Die Lösung ist unspektakulär, stimmt aber nachdenklich. Surminskis Erzählungen sind nie grell, bunt und mit Knalleffekten versehen, die zwar kurzfristig schockieren, dann aber verpuffen. Für ihn zählt die Geschichte. Dieser widmet sich der Autor in seiner gewohnten Erzählfreude.

Vor allem jene Menschen, die selbst Heimatvertriebene sind, werden die Titelgeschichte "Der Winter der Tiere" nachvollziehen können. Sie spielt 1945, als die Russen in Ostpreußen einrücken. Die Bauersleute der Geschichte hören zwar schon den Schlachtlärm, wollen aber ihre Tiere nicht mitten im Winter ohne Futter alleine lassen. Die Vorstellung, ihre Kühe und Hühner in der Kalten Jahreszeit ihrem Schicksal zu überlassen, läßt sie die notwendige Endscheidung für die Flucht immer wieder verschieben. Erst in letzter Sekunde treten sie den Rückzug an, im Gepäck die Hoffnung, im Sommer wieder daheim bei ihren Tieren zu sein.

Wer Arno Surminskis neustes Werk liest, sollte sich Zeit nehmen, denn obwohl seine Erzählungen häufig nur einige Seiten umfassen, entfalten sie die volle Kraft aufgrund des geruhsamen Erzähltempos erst in Phasen der Muße. R. B.

Arno Surminski: "Der Winter der Tiere", Ullstein Verlag, München 2002, gebunden, 223 Seiten, 18 Euro