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05.10.02 / Das Gesetz von Saat und Ernte

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 05. Oktober 2002


Das Gesetz von Saat und Ernte
Christliches Wort zum Erntedankfest
von Christian Heinze, Pfarrer i.R.

Gal. 6,7: Irret euch nicht! GOTT läßt sich nicht spotten. Denn was der Mensch sät, das wird er ernten.

Am Sonntag nach Michaelis - Erntedankfest. Wir freuen uns darauf - die Kirchen werden mit den Gaben aus Feld und Garten ein Stück bunte Schöpfung Gottes sichtbar machen. Die alten Lieder werden erklingen - "Wir pflügen und wir streuen den Samen auf das Land, doch Wachstum und Gedeihen steht in des Himmels Hand" - und die Lob- und Danklieder Paul Gerhardts und die Lobpsalmen des Alten Testaments. Die Kollekten in den Gottesdiensten werden wieder hoch sein. Erntedankfest!

Doch wie viele Menschen gehen daran vorbei, begnügen sich damit, daß man in der Wohlstandsgesellschaft überreiche Auswahl an allem hat, das Brot beim Bäcker zu haben ist, die Elektrizität aus der Steckdose kommt und es bei Krankheit Pillen gibt. Das reicht doch - oder fehlt da noch was?

Erntedankfest will uns nachdenken lassen. Wie ist das - reicht der Supermarkt wirklich aus? Und alles geht seinen Gang - Frühling, Sommer, Herbst und Winter - selbstverständlich, war ja immer so, ist ein Naturgesetz. Doch was, wenn einmal nicht "selbstverständlich" alles seinen Gang geht, nach dem Jahr 2002 nicht 2003 kommt, obwohl es "immer" so war?

Im August 1999 war ich gerade in Stuttgart, als dort die Sonnenfinsternis besonders gut zu beobachten war. Der leichte Regen hörte auf, Wind kam und alles versank in ein fahles Grau und schließlich dunkles Grau. Und da ahnte wohl mancher: was, wenn's so bleibt, nicht wieder hell wird; wenn die Zeit, die Erde, das All doch mal "entgleisen"? Und ich dachte an das Abendlied, in dem es heißt: "... in gleichem festen Gleise der goldne Wagen geht". Aber was, wenn "der goldne Wagen" doch mal aus den Schienen springt? Es ist ja ohnehin der Eindruck nicht zu übersehen, daß die Erdachse kräftig ausgeschlagen ist und das Rad der Geschichte "eiert".

"Der Du die Zeit in Händen hast", dichtet Jochen Klepper in den Wirrnissen des Krieges. Ein Bild: wie man einen Globus in den Händen halten kann - so hat Gott die Zeit, die Zeiten, das Weltall in den Händen - und auch dein Leben. Also: Er macht den "Fahrplan" des Weges der Sterne und Planeten, Er legt die Gleise für den Goldnen Wagen - "und gleich den Sternen lenket Er deinen Weg". Er bestimmt die Termine für Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Erntedankfest erinnert uns daran!

Und Erntedankfest mahnt uns auch an das "Naturgesetz" von Saat und Ernte. "Was der Mensch sät, das wird er ernten." Ein hartes Wort! Das hat auch einen Bezug zur deutschen Geschichte. Und ich erinnere mich: Erntedankfest 1989. Wer vor dem Gottesdienst noch die Nachrichten gehört hatte, erfuhr: die Flüchtlinge in den deutschen Botschaften in Warschau und Prag dürfen ausreisen, die Eisenbahnzüge fahren über Dresden, und ahnte, nein wußte: das ist das Ende. Die Saat der vergangenen 45 Jahre war aufgegangen. Mancher sagt: es war doch nicht alles schlecht. Freilich - aber diente es auch dem Guten? Wenn Menschen mit Wasser gefoltert werden, hilft es nicht, daß Wasser eigentlich gut ist, Leben ermöglicht.

"Was der Mensch sät, das wird er ernten." Saat und Ernte - ein uraltes Menschheitsthema! Seit die Menschen seßhaft geworden sind und Ackerbau betrieben, war ihr Leben davon bestimmt und abhängig von Saat und Ernte. Davon hing das Leben ab - mit Hoffnung, Angst, Erwartung und Furcht. Saat und Ernte - begleitet vom Flehen um eine gute Ernte; Klage bei Mißernte und Jubel bei reicher Ernte. Ernte entschied über Tod und Leben. Todesängste und Glückseligkeit - das waren die Gefühle zwischen Saat und Ernte.

So ist das ja nun nicht mehr unsere Situation. Ein Jahr Mißernte hätte wohl kaum Auswirkungen im Supermarkt. Doch hoffentlich ist uns nicht ganz verloren gegangen das Wissen um unsere menschliche Situation und Abhängigkeit, die mit dem Lied beschrieben ist: "Wachstum und Gedeihen steht in des Himmels Hand." Und alles, was wir als "Bodenschätze" bezeichnen, gehört dazu.

Saat und Ernte - das gilt auch im persönlichen Leben und in der Familie. Ich denke an die Kinder. Was wird "hineingesät" in ihre Herzen und Seelen? Im Kindesalter, als Baby, vor der Geburt? Wo mit Fernsehen, Videos und Computerspielen nur Gewalt und Rowdytum eingefüllt werden, kommen eben nur wieder Gewalttäter und Rowdies raus. Das ist das Gesetz von Saat und Ernte!

Ist die Mahnung wirklich so abwegig, daß die Familie neu an innerer Kraft und Glauben (!) wachsen muß? "Was der Mensch sät, das wird er ernten."

Saat und Ernte - das gilt in unserem Land, in den politischen Bereichen. Wir erleben eine "gute Ernte". Es tut sich was an Aufbau in den Städten und Dörfern in Mitteldeutschland. Und die "blühenden Landschaften" sind nicht zu übersehen. Freilich ist vieles mühsam, dauert seine Zeit. Aber das ist bei Saat und Ernte so. Und viel Unkraut ist mit sichtbar geworden. Die Wahrhaftigkeit der Medien, Wirtschaft und Rechtsprechung sind manchmal fragwürdig. Die Presse scheint mehr am Absatz als an der Wahrheit orientiert zu sein. Schmutz verkauft sich nun mal besser - aber: man muß ihn nicht kaufen! Und wir erleben eine "schlechte Ernte" in der politischen Kultur - ich meine die Art und Weise, wie über Menschen, die ein öffentliches Amt oder eine andere politische Meinung haben, hergezogen wird. Wie ist da mit dem 1. Satz des Grundgesetzes: "Die Würde des Menschen ist unantastbar"?

Das ist alles auch eine Frage des Samens. Was hast du "gesät" in unser Land, in die neue Zeit, in die "staatliche Ordnung"? Klage, Egoismus, Habsucht, Neid? Oder gute Gedanken, Mittun, helfende Kritik und sachlichen Widerspruch? Und die "Fürbitte für die Obrigkeit" gehört auch dazu!

"Irret euch nicht, Gott läßt sich nicht spotten. Denn was der Mensch sät, das wird er ernten." Eigentlich ein gnadenloses Gesetz! Jeder erntet, was er gesät hat, bekommt dafür die Quittung. Aber da ist nicht nur dieses Gesetz der Natur. Da ist noch die Saat, die Gott in seinem Sohn Jesus Christus in unsere Erde gesät hat. Aus ihr ist seine Barmherzigkeit erwachsen. "Solange die Erde steht soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht." Das gilt auch! Das gibt Freiheit, die Schönheiten des Lebens zu suchen und zu genießen. Das läßt uns den Reichtum von Gottes Schöpfung mit Dankbarkeit annehmen und mit Freude und Dank singen: "Alle gute Gabe kommt her von Gott, dem Herrn. Drum dankt ihm, dankt und hofft auf ihn".