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16.11.02 / Schlesien: Momente tiefer Symbolik, Deutscher Soldatenfriedhof bei Breslau eingeweiht

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 16. November 2002


Schlesien: Momente tiefer Symbolik, Deutscher Soldatenfriedhof bei Breslau eingeweiht

So viele Gäste und so viel Promi nenz wie an diesem 5. Oktober hatte das niederschlesische Dorf Groß-Nädlitz wohl noch nie gesehen. An die zehn Busse und zahlreiche Autos steuerten von Breslau her den Ort an, der 1936 von den Nationalsozialisten in "Nädingen" umbenannt worden war und seit 1945 den polnischen Namen "Nadolice Wielkie" führt.

Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. hatte zur Einweihung des ersten Sammelfriedhofs für die 1945 in Niederschlesien gefallenen Soldaten der Wehrmacht geladen. Bereits 1998 wurden hier die ersten Toten eingebettet; heute sind es schon fast 10 000 und weitere rund 8000 warten noch auf die Umbettung. 583 von sogenannten Baumpaten gestiftete Bäume umschließen als "Friedenspark" das große Gräberfeld am Rande des Dorfes.

Im Mai 2000 arbeiteten zum ersten Mal deutsche und polnische Soldaten gemeinsam auf dem Friedhof. "Nebenbei" bauten sie an den Feierabenden einen Spielplatz für die Kinder der Gemeinde.

Am Morgen des 5. Oktober blies ein scharfer Westwind über die weite Ebene östlich von Breslau; die Sonne, die nur ab und zu die Wolken durchbrach, brachte keine Erwärmung. Ordner des Volksbundes wiesen die vielen Fahrzeuge auf einen Parkplatz auf einem Stoppelfeld ein. Lange vor Beginn des Gedenkgottesdienstes füllte sich die kleine Dorfkirche bis auf den letzten Platz. Das offizielle Deutschland wurde von Botschafter Frank Elbe und Generalkonsul Dr. Peter Ohr vertreten.

Kardinal Gulbinowicz, der Erzbischof von Breslau, hatte es sich nicht nehmen lassen, persönlich die Totenmesse für die deutschen Soldaten zu zelebrieren. Lesungen und Gebete wurden in deutsch und polnisch sowie in völkerverbindendem Latein vorgetragen, unter anderem von einem Oberstabsfeldwebel der Bundeswehr. Dazu sang ein Chor aus Salzgitter.

Nach dem Hochamt bewegte sich der lange Zug der Teilnehmer dem Eingang des Friedhofes zu, wo im Anschluß an die beiden Nationalhymnen zahlreiche Grußworte gesprochen wurden. Neben Karl Wilhelm Lange, dem Präsidenten des Volksbundes, gehörten auch Ryszard Nawrat als Wojewode von Niederschlesien sowie Stefan Debski, der Vogt der Gemeinde Groß-Nädlitz, zu den Rednern.

Beeindruckend waren die Worte des Wojewoden, die in einen schlichten Kernsatz mündeten: "Diese Soldaten haben ihre Pflicht erfüllt. Sie gaben dafür das Höchste, was sie geben konnten, ihr junges Leben."

Am Hochkreuz in der Mitte des Friedhofs sprachen Geistliche beider Konfessionen Gebete und segneten das Kreuz. Viele Kränze und Blumen wurden niedergelegt, auch von Traditionsverbänden der Wehrmacht.

Und dann kam der Augenblick, an dem wohl alle Anwesenden den Atem anhielten: Ein polnisches Musikkorps stimmte das Lied vom "Guten Kameraden" an. Das war ein fast historischer Augenblick voll tiefer Symbolik. Die Soldaten der Wehrmacht, die in Deutschland ungestraft als "Mörder" beschimpft werden dürfen und durch eine von Millionen Menschen besuchte Ausstellung zu Verbrechern gestempelt werden, sind für diese jungen polnischen Soldaten mittlerweile ihre "guten Kameraden".

"Kriegsgräber sind die großen Prediger des Friedens" hat Albert Schweitzer einmal gesagt. Und hier, unweit der Oder, unter den vom kalten Herbstwind geschüttelten Bäumchen des Friedensparkes, geriet es zur Gewißheit: Mit diesen zehntausend Gefallenen wurden auch Feindschaft, Haß und alle Rachegedanken tief in die Erde versenkt.

Über diese und alle anderen Millionen Kriegsgräber hinweg führt nun - dank der Arbeit des Volksbundes, der polnischen Stiftung "Pamiec" (Gedenken) und ihrer vielen, meist jungen Helfer - auch für Polen und Deutsche der Weg in ein neues Europa. Sigismund Frhr. v. Zedlitz

Trauernder Vater (Käthe Kollwitz)