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23.11.02 / Ein verschwundener Kanzler, ein geschundener Minister und - endlich: Ein neues Wahlversprechen!

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 23. November 2002


Nacht und Nebel
Ein verschwundener Kanzler, ein geschundener Minister und - endlich: Ein neues Wahlversprechen!
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Drei Meldungen der Berliner Lokalpresse von einem einzigen Tag der vergangenen Woche: Erste Meldung: Dem Senat fehlt der neuesten Steuerschätzung zufolge eine weitere Milliarde im ohnehin desolaten Haushalt, dazu kommen Hunderte von Millionen, die Berlin weniger für veräußertes Staats- eigentum erwarten kann. Zweite Meldung: Die Gewerkschaft Verdi weigert sich strikt, Gehaltseinbußen im öffentlichen Dienst hinzunehmen. Zitat: "Es gibt keinen Cent für diesen Senat!" Dritte Meldung: Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) weilt zu einem Arbeitsessen in Hollywood, Kalifornien.

Satire vermag viel, aber so etwas wäre selbst der bösesten Feder nicht eingefallen: Während zu Hause alles sturzbachartig in die Grütze saust, diniert der Regierungschef auf Kosten der Steuerkasse in der Tausende von Kilometern entfernten Traumfabrik. Unübertrefflich!

Wo ist Gerhard Schröder eigentlich? Jüngst noch schien ihn die Furcht anzutreiben, er könnte nach nur einem Tag ohne Interview vertrocknen, in Vergessenheit geraten. Es kanzlerte 24 Stunden durch alle Kanäle. Heute sehnt sich der Mann offenkundig nach einer Tarnkappe, die ihn, "Nacht und Nebel gleich", ins Sphärische entrinnen ließe. Wie verirrte Höhlenforscher tappen Häufchen von Journalisten durchs Berliner Dunkel. Nur selten huscht ein schröderähnliches Wesen hurtig durch die Gänge der Macht, an einen schüchternen Waldgeist gemahnend. Und was wir in solch seltenen Momenten erblicken, sieht in der Tat von Tag zu Tag schratiger aus.

Da der Kanzler kaum noch zu fassen ist (und was er tut, schon gar nicht mehr), vergreift sich CDU-Wirtschafts- und Finanzexperte Friedrich Merz ersatzweise am armseligen Eichel. Der Finanzminister muß ja alle paar Stunden vors messerwetzende Volk, um die wer-weiß-wievielte Version irgendeines zerbeulten Gesetzentwurfs feilzu- bieten. Jeweils längst ahnend, daß sein Tarnkappen-Kanzler schon morgen alles wieder über den Haufen werfen wird. Eichel macht dabei ein Gesicht wie jene traurigen Figuren, die einst auf Jahrmärkten ihren Kopf durch eine Wand stecken mußten, damit sie der kreischende Pöbel von der anderen Seite mit Eiern beschmeißen konnte.

Auf diesen Eichel hat Merz Anfang der Woche zur Jagd geblasen. Er solle zurücktreten. Überhaupt halte diese Koalition die vier Jahre gar nicht durch. Mutige Worte. Aber was will die Union eigentlich machen, wenn die rotgrüne Bude tatsächlich über Nacht zusammenkracht? Mit wem will sie uns regieren? Unlängst erst wählte die CDU ihre Spitze neu. Chefin Merkel bekam vier Stellvertreter, von denen mindestens drei weithin bekannte Konterfeis in die Kameras halten können. Jürgen Rüttgers beispielsweise. Der war "Zukunftsminister" zu der Zeit, als Deutschland es gerade verpennte, ausreichend Computerexperten auszubilden. Später wollte uns derselbe mit dem Bonmot "Kinder statt Inder" entzücken.

Der zweite heißt Christoph Böhr, ein typisches Gewächs aus den Eingeweiden des Archipel Kohl. Er besitzt den Ruf, ein "Pragmatiker" zu sein, sprich, ein bekenntnisfreier Opportunist. Der Dritte im Bunde schließlich, Christian Wulff, droht den Deutschen ganz unverblümt: Die Politik, sagt er, müsse "näher an die Menschen kommen". Noch näher? Mit Verlaub, das verbitten wir uns! Schon jetzt sitzt uns die Politik flächendeckend im Nacken. Parteibuchwirtschaft in Ämtern und staatsnahen Betrieben, nach Proporz ausgemendelte Stellenbesetzungen in den öffentlich-rechtlichen Medien, parteipolitisierende Pfarrer, Lehrer, Militärs ("Soldaten für Schröder"). Es reicht. Bleibt uns gefälligst vom Halse.

Lafontaine ist wieder da! Hundsgemein, wie wir ihn kennen, biß er dem Kanzler tief in die Waden. Schulden-Schröder sei so einer wie Heinrich Brüning, der als Kanzler die Weimarer Republik sturmreif gestümpert habe. Brüning sah sich einem Rudel unfähiger Parlamentarier gegenüber und regierte am Reichstag vorbei. Richtig, das tut Schröder auch. Dreimal so viele Kommissionen (die der Kanzler nach Gutdünken zusammenstellt) hat er eingesetzt, wie es parlamentarische Fachausschüsse gibt. Zudem tauft Rot-Grün seine neuesten Eingebungen nur noch "Notgesetze". Wer denkt da nicht an Brünings Notverordnungen?

Angesichts der blamablen Hakelei um die Frage, ob, wie und in welchem Umfang die Berliner Parlamentarier zur 40-Jahr-Feier des deutsch-französischen Vertrages nach Paris reisen, haben sich die Franzosen nun pikiert anerboten, die Reichstägler per Transportmaschine selber abzuholen. Die Nachricht provoziert spontan wüste Traumbilder. Eine phantastische Szenerie verbreitet sich vor dem inneren Auge: Übers Stoppelfeld wanken die Abgeordneten zu einer staubigen Landepiste irgendwo in der Mark Brandenburg. Das Handgepäck fest umklammert, verschwinden sie hastig im Heck einer ausländischen Militärmaschine. Eine fremde Macht kommt, evakuiert die ganze Polit-Bagage, und wir sind sie los. Herrlich. Schluß jetzt! Ist ja erschreckend, was einem so alles einfällt, in diesen Tagen ...

Licht! Licht am Ende des Tunnels. Am Montag hat uns SPD-Generalsekretär Olaf Scholz zugesichert: Nach den Landtagswahlen im Februar wird es keine neuen Steuererhöhungen mehr geben. Das mit der geplanten Mehrwertsteueranhebung sei nur giftiges "Gerede" der Opposition. Fest versprochen! Großes Ehrenwort! Und welchen Grund hätten wir, an diesen ehernen Worten zu zweifeln.