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23.11.02 / Gottesfurcht als Tugend

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 23. November 2002


Gottesfurcht als Tugend
von Dr. Andreas Neidel

Die Thematik des Ewigkeits- oder Totensonntags, wie der Volksmund den Begriff noch fast überall kennt, erschließt sich uns Nichttheologen wohl eher emotional als wissenschaftlich-theologisch, was der Andacht keinen Abbruch tun muß. Sollten Sie jetzt ein trauriges Sinnieren über unsere Vergänglichkeit erwarten, werde ich Sie enttäuschen müssen. Noch vor dem ersten Federstrich habe ich mir fest vorgenommen, dies würde keine traurige, sondern eine fröhlich-optimistische Andacht werden, bei der die Hoffnung im Vordergrund steht.

Es mag Ihnen noch nicht bewußt sein, aber der Totensonntag ist kein trauriger, sondern ein hoffnungsvoller Anlaß, auch wenn das Wort uns etwas anderes suggerieren mag. Die richtige Sichtweise vorausgesetzt, ist er sogar ein Grund zur Freude. Natürlich habe ich, der ich wegen naher Verwandter noch nicht ein einziges Mal den Gang auf den Friedhof antreten mußte, hier leicht reden. Wahr bleibt meine Aussage aber dennoch. Ich werde Ihnen auch zeigen, warum.

Für viele Völker ist dieser Optimismus, ja geradezu die Freude, die sich mit dem Tod nahestehender Menschen verbindet, im übrigen selbstverständlich, denken Sie nur an einige afrikanische Naturreligionen oder auch an die Afroamerikaner, deren Gospels und Spirituals teilweise als Trauerlieder entstanden. Traurig sind davon die wenigsten. Nicht überraschend ist freilich, daß diese Sicht der Dinge bei Menschen vorherrscht, denen es während ihres irdischen Daseins weniger gut geht als uns.

Wir müssen aber nicht "arm sein und elende", um uns diese Geisteshaltung zu eigen zu machen. Christsein ist heutzutage nicht eben bequem und manchmal richtig unkomfortabel. Nach der Überwindung des Kommunismus in Europa ist es zwar nicht mehr existenzbedrohend für uns, die wir auf der falschen Seite des Eisernen Vorhangs lebten, wohl aber manchmal unbequem, paßt es doch so gar nicht zur oberflächlichen Philosophie der Spaßgesellschaft. In vielen Regionen bedeutet es heute auch, zu einer kleinen Minderheit zu gehören.

Bei der Frage nach Tod und Auferstehung aber haben die Christen einen Schatz, eine unschätzbar wertvolle optimistische Weltsicht, die stärker ist als die Angst vor dem Tod und auch stärker als Schmerz und Trauer um Verstorbene. Für Christen sollten damit Todesängste vielleicht nicht im physischen, wohl aber im spirituellen Sinne Schnee von gestern sein. Das ist ein Pfund, mit dem wir wuchern können und sollten, müssen wir doch im Hoffen auf ein besseres Dasein nach unserer irdischen Existenz keine Angst vor der eigenen Vergänglichkeit haben. Wir wissen, daß der Tod nicht das letzte Wort hat. Wir wissen um die Auferstehung unseres HERRN und damit auch um die eigene. Freilich funktioniert all das nur, wenn JESUS fester Bestandteil unseres Lebens ist. Seinerseits steht das Angebot immer. Annehmen müssen wir es schon selbst.

Todesnahe Erfahrungen können Menschen machen, die beispielsweise wegen eines Verkehrsunfalls oder Komplikationen bei einer Operation die Schwelle zum Tod schon fast überschritten hatten. Im übrigen ist das kein Hokuspokus, sondern mittlerweile ein Teilgebiet der Psychologie. Die meisten Berichte über todesnahe Erfahrungen sind von positiver Grundstimmung und erzählen unter anderem von Begegnungen mit JESUS und bereits verstorbenen nahestehenden Menschen, insgesamt von einer weit besseren als der irdischen Welt. Wie auch immer man sie interpretieren mag: Für diejenigen, die diese Berichte grundsätzlich anerkennen, ist die Existenz eines Lebens nach dem Tod bewiesene Sache. Mir ist klar, daß ich mich hier auf sehr dünnem Eis bewege, aber Hausmannskost wollte ich Ihnen heute ganz bewußt nicht anbieten.

Ich sehe aber auch noch ein Element der Selbstdisziplinierung in diesem Zusammenhang. Es wird Ihnen vielleicht weit hergeholt erscheinen, aber das vielzitierte Wort von der Gottesfurcht als Tugend kann durchaus ja auch wörtlich genommen werden. In dem Sinne zum Beispiel, daß man vielleicht gut daran tut, seine Zeit hier auf Erden einigermaßen anständig zu bestreiten, da man früher oder später vor seinen Schöpfer treten muß. Gerade im Protestantismus wird zwar die "Freiheit im Glauben" immer wieder betont, dennoch finde ich, manchem von uns täte eine mehr wörtlich genommene Gottes"furcht" manchmal ganz gut. Ich denke, wir hätten dann eine bessere Welt.

Lassen Sie uns heute beten für die Verstorbenen, insbesondere die des letzten Jahres, wie wir es in unseren Gottesdiensten zum Ewigkeitssonntag traditionell tun. Lassen Sie uns beten für ihre Begegnung mit CHRISTUS. Ich glaube fest daran, daß diese "Kommunikation im Gebet" auch auf umgekehrtem Wege funktioniert. Ich glaube, daß wohlmeinende Menschen, die bereits verstorben sind, zusammen mit den Engeln für uns beten, sozusagen bei JESUS ein gutes Wort für uns einlegen. Daher kommt der Glaube an Schutzengel. Mir ist wohl bewußt, wie schwer sich der deutsche Protestantismus mit dem Engelsglauben tut. Wir sollten ihn uns aber nicht ausreden lassen.

Alle Gebete werden gehört. Nicht alle aber erhört. Manchmal sagt der HERR auch "Nein". Vor einem Jahr bat ich Sie in meiner Andacht zum Erntedankfest an dieser Stelle, mit mir für den politischen Machtwechsel zu beten. Diese Gebete wurden nicht erhört. Unserem Land stehen weitere vier verlorene Jahre des Stillstands, ja Rückschritts bevor. Einmal abgesehen davon, wie untergeordnet Sachfragen in deutschen Wahlkämpfen geworden sind, ist für mich besonders erstaunlich, wie wenige erkennen, daß für Christen die Wahlentscheidung eben nicht eine rein politische ist. Kann man sein Christsein an der Tür des Wahllokals abgeben und den ausgesprochen unchristlichen Wertekanon der "Fortschrittsparteien" einfach ausblenden? Antireligiös sind diese Multikulti-Advokaten sicher nicht, wohl aber antichristlich. Die Mitgliedschaft vieler Christen in den Regierungsparteien ist dafür völlig unerheblich und relativiert die Aussage keineswegs. Warum werden diese Parteien dann von so vielen Christen gewählt? Vielleicht, weil in einigen Kirchenleitungen eine ähnliche Politik vertreten wird? Ich jedenfalls bete weiter für den Machtwechsel. Sie auch?