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30.11.02 / Im Namen Santiagos / Auf den heiligen Pfaden der Pilger

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 30. November 2002


Im Namen Santiagos
Auf den heiligen Pfaden der Pilger

Santiago, Santiago!" riefen spanische Soldaten, die im fernen Südamerika die Reiche der Azteken und Inkas eroberten. "Santiago" heißt ein angeblich in Nordwestspanien begraben liegender Apostel. Die Stadt Santiago de Compostela beherbergt seine Gebeine.

Die Legende um Santiago (dt. Jakob) geht auf das 9. Jahrhundert zurück, jene Epoche, in der Mauren fast ganz Spanien okkupiert hatten. Glaubt man der Bibel, dann wurde Jakob, der zeitweise in Spanien missionierte, von Herodes geköpft. Christliche Spanier benötigten eine religiöse Figur als Leitbild im Kampf gegen die Mauren. Also wurde die Grabstätte des Apostels in Galicien `entdeckt und Santiago de Compostela gegründet, wo erst 1982 mit Johannes Paul III. ein Papst erschien.

Seit dem 11. Jahrhundert führt der Pilgerweg Camino Frances zum Grab des Jakob. Er schlängelt sich durch das nördliche Spanien und quert Navarra, Leon, Kastilien und Galicien. Damals wandelten hier viele Franzosen, aber auch andere Europäer, die Sündennachlaß begehrten. Während des Spätmittelalters erlebte der Jakobsweg seine Blütephase und verlor im 18./19. Jahrhundert fast jede Bedeutung.

Heute haben Touristen die alten, versteckten Pfade neu entdeckt. Wer sie betritt, reist in die Zeit des christlich/maurischen Spanien und atmet das Denken mittelalterlichen Pilgertums. Zwei qualifizierte Autoren beschreiben nicht nur den Camino France, sondern auch einen Nebenweg von und nach Santiago, Camino del Norte genannt, welcher der spanischen Atlantikküste folgt.

Höllhuber und Schäfke erläutern sachkundig, untermalt mit exzellenten Fotos, die "Kunst am Jakobsweg". Nicht minder berücksichtigen sie Sprachen, Brauchtümer, historische Hintergründe und Naturschönheiten. Am intensivsten widmen sich die Autoren interessanten Städten, die am Jakobsweg liegen, so Burgos, Leon, Santiago de Compostela, um nur wenige zu nennen. Viele Kathedralen und andere Sakralbauten beschreiben sie in Wort und Bild. Auch Kulinarisches kommt nicht zu kurz. Empfehlenswert ist beispielsweise das altkastilische Gericht "Morcilla: Reis als Teil der Blutwurstmasse, außen kroß geröstet, innen hauchzart und köstlich nach Gewürzen duftend".

Am Zielort Santiago de Compostela angelangt, kann jeder Tourist die Kathedrale der Stadt und das Jakobsgrab bestaunen. Alfons VI. legte 1085 den Grundstein dieses monumentalen Bauwerkes, das erst im 18. Jahrhundert seine Vollendung erlebte.

Als Rückweg bietet sich der Camino del Norte an, der durch Galicien, Asturien und das Baskenland führt. Zu den Höhepunkten dieser Route gehören Städte wie Oviedo und Bilbao, aber auch faszinierende Steinzeithöhlen, besonders Alta mira, die 40.000 Jahre alte Bildnisse enthalten.

Der Band schließt mit praktischen Reisetips und ist so gut gestaltet, daß die Lektüre auch dann lohnt, wenn die Gelegenheit fehlt, nach Spanien zu reisen. Rolf Helfert

Dietrich Höllhuber: "Werner Schäfke, Der Spanische Jakobsweg. Landschaft, Geschichte und Kunst auf dem Weg nach Santiago de Compostela", DuMont Reiseverlag, Hamburg 2002, 352 Seiten, 25, 90 Euro