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14.12.02 / Ein Knacks im Rückgrat / Der Mittelstand benötigt unbedingt Geld zum Wirtschaften

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 14. Dezember 2002


Ein Knacks im Rückgrat
Der Mittelstand benötigt unbedingt Geld zum Wirtschaften
von Karl-Peter Gerigk

Von seiten der deutschen Unternehmensverbände hagelt es Kritik an der Mittelstandspolitik der Bundesregierung. Noch kurz vor der Wahlentscheidung sprachen die rot-grünen Minister, allen voran Finanzjongleur Eichel, von wirtschaftlich verträg- licher Haushaltskonsolidierung und maßvoller Steuerpolitik. Schwerpunkt der Vorhaben sei dabei die Verbesserung der Kapitalausstattung der Unternehmen. Dazu sollten vor allem die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und die Deutsche Ausgleichsbank dienen, nicht aber Steuererleichterungen. Alles auf Pump - möchte man da denken. Doch das scheint nicht mehr zu funktionieren. Die von den Instituten geschaffenen Kriterien für die Kreditvergabe sind den meisten Unternehmen zu kleinlich, da sie die geforderte Eigenkapitalbasis nicht haben.

Schon greift - auch noch vor der Bundestagswahl - der damalige Wirtschaftsminister Müller ein und schlägt die Schaffung der Mittelstandsbank vor, die gerade "Kleineren und Mittelständischen Unternehmen" (KMU) ohne Sicherheiten Kapital zur Büroausstattung bis 25.000 Euro vermitteln soll. Doch heute ist davon nichts mehr zu hören. Grund dafür sei nach Ausführungen von Minister Hans Eichel, vor allem die restriktive Politik der Basel-II-Konferenz. Basel II ist ein internationaler Banken-Ausschuß, der Standards für die Kreditvergabe auch an kleinere Unternehmen festlegt. Basel II will die Kredite nach individueller Prüfung der Kreditwürdigkeit erst bei ausreichender Eigenkapitalausstattung vergeben. Hiermit sei die Bundesregierung jedoch nicht einverstanden, da kleinere Unternehmen benachteiligt würden und die besondere Funktion des Mittelstandes für die Wirtschaftskraft Deutschlands nicht berück-sichtigt werde. Die besondere Stellung des Mittelstandes für die deutsche Wirtschaft ist bekannt.

Im Jahr 2000 gab es in der Bundesrepublik Deutschland 3,3 Millionen mittelständische Unternehmen mit über 20 Millionen Beschäftigten. Das waren 99,7 Prozent aller umsatzsteuerpflichtigen Un- ternehmen. Sie beschäftigten 69,7 Prozent aller Arbeitskräfte und bildeten 83 Prozent der Lehrlinge aus. Dies muß die Bundesregierung eigentlich mit Besorgnis erfüllen, angesichts 48.000 Firmenpleiten in 2001 und über 40.000 Konkursen schon in diesem Jahr. Wenn nur jedes dieser Unternehmen einen Arbeitnehmer freisetzte, stiege die Arbeitslosenzahl auf insgesamt über sieben Millionen! Wie aber die Eigenkapitalbasis der Unternehmen ohne Haushaltsbelastungen stärken? Eichel will nach dem ersten Schritt von Steuersenkung in 2001 zwischen 2003 und 2005 Steuern für die Gesamtbevölkerung senken - also die indirekten Steuern -, wobei hingegen die Ökosteuer angehoben wird. Die Steuerentlastung läge im Vergleich zu 1998 in 2005 bei 57 Milliarden Euro. Doch der Mittelstand wird hier wiederum benachteiligt - es soll augenscheinlich über die Entlastung der Arbeitnehmer der Konsum angeregt werden. Nichts da - von wegen Eigenkapitalstärkung der Unternehmen. Dahingegen wird die Steuerbelastung für den Mittelstand an verschiedenen Fronten erhöht. Ein Beispiel hierfür ist die geplante Maut für das Transportgewerbe. So beklagt der Deutsche Industrie- und Handelskam-mertag (DIHT), daß die Kosten- erhöhung in Form der Maut gerade wieder die Unternehmen träfe, die in ländlichen Regionen Struktur böten. Die Bundesregierung verteure auf diese Weise die Mobilität, ähnlich wie über die Ökosteuer. Erhöhte Mobilitätskosten träfen immer wieder die strukturschwachen Regionen und würden die Disparitäten zwischen Ost und West verstärken. Zudem denkt der DIHT nicht, daß die erhöhten Einnahmen aus der Verteuerung von Mobilität wieder in Infrastruktur investiert werden. So werde gerade der kommunale Straßenbau, aber auch andere wichtige Aufgaben wie etwa Bildung vernachlässigt, und es werde auch die Rechnung der Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene und das Binnenschiff nicht aufgehen. So fordert die Vereinigung Mittelständischer Unternehmer (VMU) mit Sitz in München auch eine andere Ausrichtung der Mittelstandspolitik. In der jüngst durch den Verband publizierten "Berliner Erklärung" fordert er echte Reformen. Dazu zähle vor allem der Abbau von Subventionen. Es müsse eine Arbeitsmarktpolitik betrieben werden, welche die Zahl der Selbständigen wieder steigere, um so das Steueraufkommen zu stabilisieren. Dies wäre nicht durch verbilligte Kredite zu erreichen, aber durch eine generell arbeitgeberfreundliche Politik, die variable Kündigungsfristen, Zeitverträge, Aufhebung der Mindestlohnvereinbarung und Tarifneuregelungen ermögliche. Dies müsse flankiert werden durch wirkliche Steuersenkungen vor allem der Einkommens- und Körperschaftssteuern. Die Vereinigung Mittelständischer Unternehmer (VMU) fordert zudem eine generelle Abschaffung der Gewerbesteuer und Erbschaftssteuer für Familienbetriebe. Statt dessen, so ein Modell aus der Wirtschaft, soll eine generelle Einkommensteuer bei allen Bewohnern einer Kommune, also auch bei Ärzten und Freiberuflern erhoben werden, damit Städte und Gemeinden ihre Aufgaben noch erfüllen können. Eine Abschaffung der Erbschaftssteuer zugunsten der Familienbetriebe stößt jedoch bei Verfassungsrechtlern auf Bedenken, denn sie verstößt gegeg die Gleichheit vor dem Steuergesetz.