19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
25.01.03 / Wenn man sein Haus bestellt

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 25. Januar 2003


Wenn man sein Haus bestellt
Christel Bethke kramt in alten Fotoalben und erinnert sich an die Kindheit in Ostpreußen

An diesem Nachmittag kommen die beiden Freundinnen überein, im Winter werden sie ihr Haus bestellen. Viele der alten Garde sind schon nicht mehr da, und sie haben erlebt, daß danach tatsächlich alles im Container landet. "Stimmt ja auch", meint Lotte. "Was sollen die auch mit dem alten Gebrasel." - "Das ist es eben", meint die Freundin "fangen wir doch gleich damit an." Sie blickt auf Lottes Regal, in dem die Fotoalben wie Bücher aufgereiht sind. Eines neben dem anderen. Dokumentationen eines Lebens. Erst schwarz auf weiß, dann bunt. Alles festgehalten.

Lotte steht auf, geht an das Regal und zieht ein Album aus der Reihe, in der sofort eine Lücke wie in einem Gebiß entsteht. "Wie ist es aber mit den Erinnerungen", fragt sie die Freundin, "landen die auch im Container?" Sie setzt sich und schlägt das Album auf. Jetzt merkt sie, daß es nicht einmal ihre eigenen Bilder sind, die hier Zeugnis von der Vergangenheit ablegen. Es sind Bilder ihres längst verstorbenen Mannes, die er ihr erklärte, die von seiner Kindheit erzählen. Da ist zum Beispiel Onkel Fritz auf der Gig mit seinem Burschen Karl. Sie löst das Bild aus den Ecken und betrachtet es sinnierend. Die Freundin fragt: "Was ist denn nun mit Onkel Fritz?", und greift nach dem Bild.

Also, das war so, im Sommer durfte der Junge in den Ferien zu den Großeltern aufs Gut. Danziger Werder. Alter Hof mit Vorlaubenhaus. Mehr als zweihundert Jahre Familienbesitz. An der Bahnstation wartete der Kutscher mit dem Wagen auf das Kind. Das imponierte ihm.

Der Großvater immer im Cut, die Großmutter mit Schlüsselkorb. Wenn der Speiseplan mit der Mamsell besprochen war, bekam sie den Schlüssel für den Vorratsraum ausgehändigt. "Das wäre nuscht für mich gewesen", sagt die Freundin "ich muß nachts immer an den Eisschrank." Sie lachen. Herrschaft und Gesinde, das war eben damals so.

Am liebsten hielt sich der Junge bei den "Leuten" auf. Trieb sich bei ihnen in den Ställen rum, besuchte sie in der Küche. Nur manchmal schämte er sich. Das war, wenn die Großmutter eines der Mädchen ausschalt, wenn es etwas ver- oder zerbrochen hatte. Am liebsten hätte er sich dann unsichtbar gemacht. Er schämte sich für etwas, was er damals noch nicht benennen konnte.

Lustig wurde es, wenn Onkel Fritz aus Berlin kam mit seinem Burschen Karl. Karl hatte den Sohn des Hauses in die Garnison begleitet, hatte für blanke Stiefel und die Ausgehuniform des Hauptmanns der Reserve zu sorgen. Und abends wartete er oft bis in die Nacht vor dem Kasino. "Tolle Nacht jehabt, beinah Frau jeküßt", scherzte er in der Küche, wo ihm alle begierig zuhörten. "Primaprima" war eine Redensart, die er auch mitgebracht hatte.

Aber der Junge ging auch gern zu den Bobmühlen, die auf dem Deich standen, und manchmal nahm ihn der Großvater mit, wenn er über die Felder fuhr. Dann fragte der ihn wohl, was er mal werden wolle: Offizier oder Bauer. Um dem Alten eine Freude zu machen, sagte er dann Bauer ... - Der Nachmittag vergeht. Es wird dunkel, der Kaffee kalt. Das ist ihnen noch nie passiert. Lotte stellt das Album zurück, schließt die Lücke. Onkel Fritz und Vorlaubenhaus bleiben auf dem Tisch liegen. Wie nun, in den Container?

"Da haben wir ja ordentlich was vor, im Winter", meint Lotte, "sind untergebracht und beschäftigt." Sie reden noch dies und das, kommen aber zu dem Schluß, daß es gut ist, daß es heute keine Herrschaft und Gesinde mehr gibt. Man muß sich nicht mehr ausschimpfen lassen. "Aber gibt es heute nicht so etwas wie Mobbing?", meint die Freundin, "das wäre doch früher undenkbar gewesen." - "Meinst? Wir nannten es nur anders. Wir sagten schuriegeln, trietzen oder schikanieren."

Die Freundin will nun nach Hause. Lotte bringt sie zur Tür und fragt: "Na, wie war das nun mit der Hausbestellung?" - "Primaprima", antwortete sie lachend und fügt hinzu: "Das nächste Mal bei mir ..."

 

Zufriedenheit
von Günter Hagner

Welch Glücksgefühl -

Zufriedenheit.

Es braucht nicht viel,

nur Dankbarkeit

für alle "Selbstverständlichkeit",

die dir alltäglich wird geschenkt

vom Herrn,

der dein Geschicke lenkt,

vom frohen Schlaferwachen

bis du zum Abend müde ruhst.

Dann wirst du Alltagsplagen

gern ertragen

ohn' Leidenslast und Frust.