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15.02.03 / Starker Euro schadet / Die Stabilität des Euro schwächt Rußlands Wirtschaft

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 15. Februar 2003


Starker Euro schadet
Die Stabilität des Euro schwächt Rußlands Wirtschaft
von M. Rosenthal

Die allgemeine Wirtschaftskrise hat Rußland nicht von der Seite ergriffen, von der man es am ehesten hätte erwarten können: nicht die hohen Auslandsschulden, der niedrige Ölpreis und ein verlangsamtes Produktionstempo versetzten der russischen Wirtschaft einen Schlag, sondern er kam - für Rußland völlig unerwartet - seitens der nächsten Nachbarn und seiner wichtigsten Handelspartner Europas mit seiner erstarkten Währung, dem Euro.

Den galoppierenden Kursanstieg des Euro im Vergleich zum Dollar spüren die Russen bereits deutlich im Portemonnaie. Viele Läden haben begonnen, ihre Waren in Euro auszuzeichnen, und das bedeutet in der Praxis eine automatische Preissteigerung von sieben Prozent bei der Umrechnung in Rubel.

Ob ein Geschäft Euro oder Dollar als Maßeinheit für die Umrechnung wählt, hängt von der Währung in den Ländern ab, aus denen die Waren eingeführt wurden. Viele große Geschäfte, die überwiegend mit europäischen Produkten handeln - Parfümerieartikel, Bekleidung, Haushaltstechnik -, rechnen bereits in Euro, insgesamt sind es etwa 20 Prozent aller Geschäfte.

Wenn der Eurokurs weiter stabiler als der des Dollar bleibt, wird sich diese Tendenz der Bevorzugung der europäischen Währung nach Aussage des Vizepräsidenten der internationalen Verbrauchervereinigung festigen. Es wird zu einer allgemeinen Preissteigerung kommen. Das hängt in erster Linie damit zusammen, daß die wichtigsten Partner Rußlands auf dem Verbrauchermarkt europäische Länder sind, mit denen russische Firmen immer häufiger nur noch in Euro abrechnen.

Die russischen Auslandsschulden werden meist in europäischer Währung geführt. Deshalb wird Rußland im Jahr 2003 seinen ausländischen Kreditgebern über eine Million Dollar mehr zurückzahlen müssen, wie der Analyst Alexej Worowjew gegenüber der Zeitung "Nesawissimaja gaseta" erklärte. Andere Spezialisten gehen von noch höheren Zahlen aus.

Darüber hinaus werde der höhere Eurokurs auch die Handelsbilanz des Landes schwächen, meinen Finanz- und Wirtschaftsexperten. Denn die Grundwährung für den Export ist der Dollar, gleichzeitig ist die Hauptwährung für importierte Waren jedoch der Euro.

Das heißt, der russische Export wird billiger, während der Import sich verteuert. Für russische Hersteller sei dies allerdings kein Nachteil, meint Worowjew, weil die Nachfrage nach einheimischen Produk- ten steige, wenn der Import zu teuer werde.

Doch nicht nur Verbrauchsgüter werden teurer, sondern auch Reisen nach Europa; die Reiseagenturen konstatierten schon im vergangenen Jahr einen starken Buchungsrück-gang. Reisen, die bisher in Dollar gezahlt wurden und jetzt in Euro angeboten werden, haben sich deutlich spürbar verteuert.

Nach Ansicht von Dmitrij Mitjaew, Chef eines russischen Meinungsforschungszentrums, wird die Abschwächung des Dollars mittelfristig dazu führen, daß Investoren in großem Maße beginnen werden, ihre Mittel in die Wirtschaft der Europäischen Union einzusetzen. Auf diese Weise gelänge es Europa vielleicht, die Folgen des langjährigen Geldflusses von Europa in die USA zu kompensieren. Langfristig gesehen sei die Dollarschwächung eher für Amerika ein Vorteil, weil amerikanische Produkte auf den internationalen Märkten konkurrenzfähiger würden. Doch damit dieser Fall einträfe, müsse die amerikanische Währung noch um einiges schwächer werden, als sie es heute ist.

Die Mehrheit der russischen Experten glaubt, daß der Euro 2003 noch weiter steigen wird. Alexej Worowjew hält einen Anstieg des Euro auf 1,17 Dollar für möglich, wenn auch mit zwischenzeitlichen Korrekturen, das hieße, der Euro befände sich auf dem Kursniveau, das er bei seiner Einführung 1998 schon einmal hatte.

Kleinanleger, die wegen der Entwicklung schon um ihr Erspartes fürchteten, hoben zum Run auf Banken an, um ihre Dollardepots in Euroanlagen umzuwandeln. Darauf waren die Banken nicht vorbereitet, so daß es kurzfristig sogar zu Engpässen bei ihrem Eurovorrat kam. Diese Überängstlichkeit der Bürger halten die Experten für unbegründet. Sie raten dem Otto Normalverbraucher zu einer 50:50-Lösung, was meint, die Hälfte des Geldes in Euro und die andere Hälfte in Dollar anzulegen. Dies sei neben Immobilienkäufen die sicherste Variante der Vermögenssicherung.