23.04.2024

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29.03.03 / Putin als "Friedensfürst"

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 29. März 2003


Putin als "Friedensfürst"
Grosny bleibt russisch

In diesen Tagen ist der Irak-Krieg das bestimmende Thema der Massenmedien; Berichte über weitere Ereignisse treten in den Hintergrund. So wurde die Volksabstimmung in Tschetschenien über die Annahme der neuen Verfassung, das heißt über die Rückkehr der Republik Tschetschenien in die Russische Föderation sowie die Wahl des Präsidenten und des Parlaments der Republik Tschetschenien, im Fernsehen nur in ein paar Nebensätzen erwähnt. Russischen Pressenachrichten zufolge lag die Wahlbeteiligung am vergangenen Wochenende bei knapp 80 Prozent, das Referendum fand mehrheitlich Zustimmung. Präsident Putin begrüßte das unerwartet positive Ergebnis und sprach davon, daß das tschetschenische Volk sich "auf demokratischem Wege" entschieden habe und "für den Frieden". Am Tag vor der Volksabstimmung kam es allerdings noch zu bewaffneten Überfällen auf Wahllokale in Itschkerien. Eine Schule wurde abgebrannt.

Putin hatte sich eine Woche vor dem Wahltermin in einer Fernseh-ansprache, die nur im tschetschenischen Fernsehen ausgestrahlt wurde, direkt an das tschetschenische Volk gewandt, um für die Annahme des Referendums zu werben. Darin sprach er von einem "historischen Augenblick", da es die erste Volksabstimmung in Tschetschenien sei. Er sprach auch das Schicksal der tschetschenischen Väter und Großväter an, die die Ungerechtigkeit und die "Tragödie" der stalinistischen Deportationen erleiden mußten. Die besondere Sorge Rußlands gelte dem Wiederaufbau der Wirtschaft im zerstörten Tschetschenien, sie benötige maximale Unterstützung. Darüber hinaus sei eine vernünftige Nutzung natürlicher Ressourcen Tschetscheniens, besonders des Öls, notwendig.

Für die Zerstörung von Wohnraum habe die russische Regierung der betroffenen tschetschenischen Bevölkerung Entschädigungszahlungen zugesichert. Zur Zeit beschäftige sich die Regierung mit der Auszahlung an zirka 280.000 Menschen, die ihr Dach über dem Kopf verloren haben.

Die russische Tageszeitung Kommersant betrachtete den Auftritt des Präsidenten skeptisch. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre hätten gezeigt, daß Amnestien sowie Verhandlungen über die Entwaffnung der Tschetschenen nie zu spürbaren Erfolgen geführt hätten.

Bei einem Treffen mit tschetschenischen Geistlichen trat Putin gleichsam als Friedensfürst auf. Er nannte den Irak-Krieg einen schweren Fehler, der menschliche Opfer fordern werde, und unterstrich noch einmal die russische Bereitschaft, Konflikte auf politisch-diplomatischer Ebene zu lösen. Er gestand gegenüber den Geistlichen sogar ein, daß in den vergangenen zehn Jahren in der russischen Politik gegenüber Tschetschenien eine Menge Fehler begangen wurde.

Nun muß Moskau sich ernsthaft mit der Frage der Amnestie auseinandersetzen, da der russische Präsident sowohl seinen geistlichen Gesprächspartnern als auch der Presse angekündigt hatte, im Kreml nach Annahme des Referendums nicht nur für wirtschaftliche Unterstützung Tschetscheniens, sondern auch für eine Amnestie sorgen zu wollen. Auch der tschetschenische Präsident Achmad Kadyrew hatte erklärt, viele Menschen seien durch Lügen in den bewaffneten Kampf hineingezogen worden. Diese Menschen könne man in ein friedliches Leben zurückführen. MRK