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19.04.03 / Das Milzkraut: Eine vitaminreiche und wohlschmeckende Wildpflanze

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 19. April 2003


Aus der Apotheke der Natur
Das Milzkraut: Eine vitaminreiche und wohlschmeckende Wildpflanze

Gründonnerstags- auch "Osterkraut" hat man mancherorts die unscheinbare kleine Wildpflanze genannt, ein Steinbrechgewächs, das zwischen Frühlings- und Sommerbeginn oft an Quellen, Bachufern, in Sümpfen, Au- und Buchenwäldern einen lindgrünen, 10 - 15 cm hohen, gelb betupften Teppich bildet. Denn gern pflückte man nach der entbehrungsreichen Fastenzeit das zarte, würzige, vitaminreiche Milzkraut für die Gründonnerstagssuppe. Auch Kartoffelsalat und Eier, das Gericht am Abend vor Ostern, bekam durch gehacktes Milzkraut einen guten, frischen Geschmack. Von Vitaminen wußte man lange nichts.

Wir haben durch die große Auswahl an eingeführtem Obst und Frischgemüse meist keinen Mangel an Vitamin C, oft auch keine Kenntnis von vielen heimischen Würz- und Heilkräutern, die man kostenlos sammeln kann. Auch das Milzkraut scheint ganz in Vergessenheit geraten zu sein. Vielleicht sehen wir es bereits mit seinen kleinen Blütensternen geschmückt bei einem Ausflug in die österliche Natur. Von gelben Krugblättern sind die winzigen Blüten umgeben. Aber nur Mücken, Fliegen, Käfer kehren zum Naschen ein. Die Mühe der Honigsammler kann hier nicht belohnt werden.

Das Milzkraut vermehrt sich vorwiegend durch Rhizome, die sich fadenförmig an den Wurzeln bilden und im Boden kriechen. Ständig wandernd erweitern sie den Lebensraum. Das Laub der Pflanze, sattgrün, rund oder milz- bzw. nierenförmig, breitet sich wechselständig um den vierkantigen Stengel aus. Die zarte, stets durstige Pflanze klettert auch in den Mittelgebirgen, aber sie fehlt in Portugal, Irland, Süditalien und im Südosten Europas.

Aus alten Aufzeichnungen wissen wir, daß das Milzkraut früher bei Leber- und Milzerkrankungen als Tee oder Tinktur verabreicht wurde. Die Farbe der Blüten und der sie umgebenden Kragenblätter weisen - so nahm man an - auf die Heilkraft der Pflanze für diese Organe hin. Das bestätigte sich. Aber auch als Medizinpflanze geriet das Milzkraut in Vergessenheit, seit es wirksamere Mittel zur Behandlung leichter Verdauungsstörungen und Harnregulierung gibt.

Aber wenn man das Frischlufttanken mit dem Ausschauhalten nach einem hübschen Milzkrautteppich beim Osterausflug in einen Buchen- oder Auwald verbindet, dabei ein Sträußchen Milzkraut pflückt, um es am Abend als Würze und Beigabe zu Kräuterquark, Tomaten- oder Rapunzelsalat zu servieren, kann man vielleicht beides genießen: die Natur - und das Gaumenfreuden-Erlebnis.

In der berühmten französischen Küche heißt dieses Würzkraut übrigens "cresson des roches". Die hellgrünen Blätter werden auch gern zum Garnieren der Speisen benutzt. Chrysosplenium alternifolium ist der wissenschaftliche Name dieses Frühlingskrautes. Er ist griechisch-lateinischen Ursprungs und erinnert an Chrysos = Gold (Blütenfarbe) und splen = Milz (Form der Blätter).

In der warmen Jahreszeit hat sich das Milzkraut bereits ins Erdreich zurückgezogen. Dort bewahrt die Pflanze in Wurzeln und Rhizomhärchen ihre im Sonnenlicht erworbene Kraft, und ist nach der langen Ruhezeit plötzlich im nächsten Frühling wieder da. Anne Bahrs

Milzkraut: Kleine Blütensterne schmücken die zarte Pflanze, Zeichnung: Anne Bahrs