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26.04.03 / Das alte Berlin / Architektur und Leben in der Hauptstadt

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 26. April 2003


Das alte Berlin / Architektur und Leben in der Hauptstadt

Nach seinen Arbeiten über Kurt Schumacher, Prinz Eugen, König Friedrich Wilhelm II. sowie seinem Sammelband "Von Preußen zur Berliner Republik" legt der Publizist und Historiker Karl Heinz Rose nun seinen Bildband "Preußische Stadtmitte - Moabit und Alt-Berlin" vor.

Das klassische Spree-Athen, nicht Helmut Kohls Neu Manhattan, ist das aufregende Thema dieses Bandes. Was hier gezeigt wird, sind auch nicht die sattsam bekannten Postkartenmotive der Siegessäule und des Brandenburger Tores, die sich auch in zweit- und drittklassigen Berlin-Bildbänden finden. Es ist auch nicht die Ansammlung von alten historischen Gebäuden, die der alliierte Bombenterror in Schutt und Asche gelegt hat. Nicht Berlin, wie es früher einmal aussah, und auch nicht die Glasbetonbunker einer unhistorischen Politikerkaste, die versucht, Architekt zu spielen, werden thematisiert, sondern das, was heute noch an alter und erhaltenswerter Bausubstanz da ist. Nicht Bomber Harris, Walter Ulbricht und Helmut Kohl, sondern Hohenzollern, Militärs und Juden, Hugenotten, der Adel, Bürger, Kaufleute und all die anderen Erscheinungen, die Preußen groß gemacht haben, sind noch da, sind hier sichtbar und können bewundert werden. Die Vernichtung des authentischen Charakters der Hauptstadt ist Gott sei Dank nur teilweise gelungen. Im Zentrum, "Unter den Linden", am Gendarmenmarkt und anderswo, aber vor allem in den Nebenstraßen der beiden alten Hauptstadt- und Regierungsbezirke, da sieht es manchmal so aus, als wäre seine Majestät Kaiser Wilhelm II. hier langspaziert.

Zunächst einmal: Deutschland wird seit 2001 von Moabit aus regiert. Hier in einem von französischen Hugenotten gegründeten Gärtnerdorf liegen Bundespräsidialamt, Bundeskanzleramt, das Innenministerium und natürlich der Reichstag, in dem heute der Bundestag seine Sitzungen abhält. Unter den Linden hat sich manches erhalten, und Bedeutendes, was anglo-amerikanischer Bombenterror vernichtet hatte, wurde von den DDR-Machthabern wieder aufgebaut. Sie waren damit fleißiger als im Westteil der Hauptstadt. Dort wurden nur das Charlottenburger Schloß und das Schloß Bellevue wiederhergestellt. Im Osten hingegen ist die Liste der wiederhergestellten Bauwerke lang: der Berliner Dom, die neue Synagoge in der Hamburger Straße, das Alte Museum, das Zeughaus, die Neue Wache, die Humboldt-Universität, die Staatsbibliothek, das Niederländische Palais, das Prinzessinnenpalais, das Kronprinzenpalais, die Staatsoper, die Hedwigkathedrale und die Alte Staatsbibliothek. Von geschichtlichem Interesse mag das Schicksal der Neuen Synagoge sein. Am 9. November 1938 verhinderte der Berliner Polizeimajor Wilhelm Krützfeld die Brandschatzung des Gotteshauses. Alliierte Bomber holten später das Zerstörungswerk nach. Überhaupt waren die preußischen Juden immer Patrioten gewesen und wurden spätestens 1871 mit der Reichsbildung deutsche Patrioten. Moses Mendelsohn, Bismarcks Bankier Bleichröder, die jüdischen Salons, in denen in der tiefsten Erniedrigung des Vaterlandes unter der napoleonischen Fremd- und Gewaltherrschaft der Volks- und Befreiungskrieg gegen die Besatzer vorbereitet wurde, sie alle gehören zu Berlin und zu Deutschland.

Abseits der Straße "Unter den Linden" ist auch viel Sehenswertes erhalten oder neu errichtet worden, wie das Schloß Bellevue, am Landwehrkanal das heutige Verteidigungsministerium, das 1911 bis 1914 als Reichsmarineamt erbaut worden war, und das jüdische Gymnasium in der Großen Hamburger Straße. In der unmittelbaren Umgebung des Brandenburger Tores wurde das berühmte Hotel Adlon Mitte der 90er Jahre wieder in alter Pracht errichtet.

Karl-Heinz Rose dokumentiert auch bedauerliche Zeugnisse der dem Zeitgeist geschuldeten Bilderstürmereien der "Ära Kohl". Stellvertretend seien hier das "Wegräumen" des Scharnhorstdenkmals wie auch die peinliche Umgestaltung der Neuen Wache genannt. Auch häßliche Beispiele moderner Architektur im Herzen Berlins werden dokumentiert. Peinliche Duplizität der Architektur: Die frappierende Ähnlichkeit des Palastes der Republik der DDR mit dem neu errichteten Auswärtigen Amt der Bundesrepublik. Klaus Gröbig

Karl Heinz Rose: "Preußische Stadtmitte - Moabit und Alt-Berlin", Edition Montecuccoli, Berlin 2002, Farbfotos, 164 Seiten, 28,95 Euro