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10.05.03 / Deutschstämmige Politiker im östlichen Europa

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 10. Mai 2003


Namen erzählen Geschichte: Ethnische Bande
Deutschstämmige Politiker im östlichen Europa
von Martin Schmidt

Bis heute lassen sich frühere deutsche Siedlungsbewegungen gen Osten auch an der fortbestehenden Häufigkeit deutscher Familiennamen erahnen.

Während man bei Trägern solcher Namen, die im italienischen oder französischen Staatsgebiet leben, davon ausgehen kann, daß es sich um Südtiroler bzw. Elsässer oder Lothringer handelt, sind solch eng begrenzte regionale Einordnungen im Osten, Nordosten und Südosten Europas kaum möglich. Und das nicht nur wegen der Massenvertreibungen am Ende des Zweiten Weltkrieges, die gleich mehrere deutsche Neustämme brutal von ihren Wurzeln getrennt haben.

In den Räumen zwischen Elbe, Weichsel und Wolga, Düna und Donau gab es ab dem Hochmittelalter über Jahrhunderte hinweg einen Zuzug zahlloser Deutscher. Dieser Wanderungsstrom wiederum führte zu einer tiefen Durchdringung riesiger slawischer und baltischer Siedlungsgebiete und einer mehr oder weniger freiwilligen Assimilation der einen oder der anderen Ethnie.

Nicht von ungefähr stellten in Buda bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts Deutsche die Bevölkerungsmehrheit. In Preßburg bestand eine solche Majorität noch bis 1900; nach 1918 wurde dort in breiten Bevölkerungskreisen sogar der Anschluß an Deutsch-Österreich gefordert.

In Alt-Prag lebten noch in der Mitte des 19. Jahrhunderts knapp 50 Prozent Deutsche (1880: 20 Prozent, 1910: 8,8 Prozent), in Riga waren es im späten 18. Jahrhundert über 45 Prozent, und in Lai-bach wurde 1910 bei der Volkszählung ein Anteil von 5,4 Prozent ermittelt.

Viele Deutschstämmige gingen aber auch im Tschechentum, Polentum oder Russentum oder in der lange Zeit besonders aggressiven ungarischen Kultur auf und haben außer den alten Namen keine Spuren der eigenen Herkunft behalten. Im späten 19. und im 20. Jahrhundert durften oftmals nicht einmal die Namen bewahrt werden, oder es schien geboten, sie dem eigenen sozialen Aufstieg zu opfern, sprich: zu madjarisieren, russifizieren usw.

Trotz allem zeugen bis in die Gegenwart vor allem in Böhmen, aber auch in Innerpolen oder Rußland deutsche Familiennamen von der einstigen Symbiose.

Sehr aufschlußreich ist es diesbezüglich, den Abspann von Kino- oder Fernsehfilmen aus den betreffenden Ländern genauer zu verfolgen. Häufig tut es auch der Blick auf die jeweiligen Sportkader oder aktuelle Kabinettslisten.

So amtiert in Polen ein Minister für Arbeit und Wirtschaft mit dem zweifellos deutschen Namen Hausner; ein früherer polnischer Vize-Gesundheitsminister heißt Aleksander Naumann und ein ehemaliger Botschafter in Deutschland Janusz Reiter.

Die jetzige ungarische Innenministerin führt den Namen Monika Lamperth. Bekannter sind der ehemalige Ministerpräsident Gyula Horn sowie der jetzige Staatspräsident Ferenc Mádl, dessen deutsche Vorfahren belegt sind. Die rumänische Ministerin für Europäische Integration heißt Hildegard Carola Puwak.

Sie gehört seit Ende 2000 der Linksregierung Nastase an und erzählt offen von ihren deutschen Wurzeln, was eine gewisse Sonderstellung Rumäniens veranschaulicht. Denn dort ist es mittlerweile - anders als in Polen, Tschechien oder Slowenien - eher ein Karrierevorteil als von Nachteil, wenn sich jemand mit seiner deutschen Nationalität zu erkennen gibt.

Welch guten Ruf die Siebenbürger Sachsen (aber auch die Banater Schwaben u. a.) bei der rumänischen Mehrheit genießen, zeigt das Beispiel von Klaus Johannis, der im Jahr 2000 mit einer Zustimmung von 70 Prozent zum Bürgermeister der Großstadt Hermannstadt gewählt wurde, obwohl die dort verbliebenen 4000 Deutschen nur noch einen Bevölkerungsanteil von wenig mehr als zwei Prozent ausmachen.

Inzwischen ist der 1959 in Hermannstadt geborene Johannis auch landesweiter Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR). Zu seiner Herkunft bekennt sich auch der im karpatendeutschen Ort Metzenseifen geborene slowakische Präsident Rudolf Schuster.

Deutsche Vorfahren dürfte auch der in Prag zur Welt gekommene tschechische Präsident Václav Klaus haben. Gleiches gilt für so manche Personen des öffentlichen Lebens in Rußland - etwa den Generaldirektor des Fernsehsenders "Perwyj kanal", Konstantin Ernst, oder den Minister für Wirtschaftliche Entwicklung und Handel, German Oskarowitsch (Hermann Oskarssohn) Gref.

Letzterer kam 1964 als Kind deutscher Eltern in der Verbannung in Kasachstan zur Welt und erklomm höchste Sprossen auf der Karriereleiter.

Für die verbliebenen Angehörigen der rußlanddeutschen Volksgruppe ist das sehr ungewöhnlich, da ein Großteil ihrer einstigen Eliten den stalinistischen Massenmorden der 1930er Jahre zum Opfer gefallen war und sie heute in der Bildungshierarchie des Landes weit unten stehen.

Auch Grefs Familie - der Großvater hatte sich 1913 in St. Petersburg niedergelassen - blieb von den antideutschen Repressionen der ersten Jahrhunderthälfte nicht unberührt. Gerüchten zufolge hieß sie eigentlich "Graf", bis sie den alten Namen in der Sowjetzeit veränderte. Immerhin: Der mit Deutsch als Muttersprache aufgewachsene und mit einer Deutschen verheiratete Gref ist ein enger Vertrauter von Präsident Putin.

Diesen kennt er bereits seit 1993, als das heutige Staatsoberhaupt noch als Stellvertreter des St. Petersburger Bürgermeisters Anatolij Sobtschak die Geschicke der Verwaltung der russischen Ostseemetropole leitete und Gref die städtische Privatisierungsbehörde. Aus seiner Nationalität machte der rußlanddeutsche Wirtschaftsfachmann, der überdies einen Teil seiner Studienzeit in Frankfurt/Main verbracht hatte, schon damals keinen Hehl.

Nicht nur eingedenk der nationalen Interessen Deutschlands wäre es wünschenswert, wenn die Karrieren germanophiler Persönlichkeiten wie Rudolf Schuster, Klaus Johannis oder German Gref bei möglichst vielen Deutschstämmigen im östlichen Europa eine Fortsetzung fänden.

Denn solche ethnischen Bande sind tragfähige Brücken, die wesentlich mehr Stabilität für die Beziehungen zwischen den Völkern versprechen als alle volksfremden "multikulturellen" Visionen, die - obwohl in den Medien lauthals beschworen - wohl nicht mal den ersten Sturm überstehen dürften.

Ausdehnung des deutschen Sprachraumes bis 1880