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17.05.03 / Ein mühevolles Leben

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 17. Mai 2003


Ein mühevolles Leben
von Erna Richter

Das Jahr begann mit eisiger Kälte. Dicke Schneeflocken überdeckten das Land mit einem weißen Teppich. Eisblumen bemalten die Fensterscheiben. Da war es in der warmen Stube am warmen Kachelofen am gemütlichsten. Aber im Stall mußte das Vieh versorgt werden. Auf dem Hof mußten erst die Wege zu den Wirtschaftsgebäuden freigeschaufelt werden. Hohe Schneeberge türmten sich auf. Um das Einfrieren des für Mensch und Tier notwendigen Wassers zu vermeiden, wurde die Pumpe mit Stroh eingepackt.

Die Winterzeit wurde dazu genutzt, um Geräte und Gebrauchsgegenstände in der Landwirtschaft zu reparieren oder zu erneuern. Der Vater band Besen, flocht Körbe, neue Harken mußten hergestellt werden. Die Sielen für die Pferde waren zu überholen und mit Lederfett einzuschmieren. Für die Fa- milienangehörigen waren neue Schlorren und Klumpen anzufertigen. Die Mutter beschäftigte sich mit Nähen, Spinnen und Stricken. Auch das Weben war damals noch üblich.

Wenn die Sonne dann wieder höher stieg, die Tage länger wurden und der Frost aus dem Erdboden heraus war, begann die Gartenarbeit. Die Erde wurde durch Graben und Düngen für die Aussaat von Gemüse vorbereitet. Im März begann die Feldbestellung. Mit Pferden wurde der Acker gepflügt und geeggt. Per Hand aus dem Sälaken wurde das Getreide ausgesät. Dabei wurde sorgfältig das Feld abgeschritten und der Samen in Regelmäßigkeit in die Erde gebracht.

Im April mußten die Kartoffeln gelegt werden. Die Saatkartoffeln, die im Keller überwintert hatten, wurden ausgelesen. Es wurden Furchen mit dem Pflug gezogen und die Kartoffeln in gleichmäßigen Abständen hineingelegt. Die Furchen wurden dann wieder zugepflügt. Die Pflanzzeit war etwa drei Wochen vor den Eisheiligen, um das Abfrieren der auflaufenden Keimlinge zu vermeiden.

Im Mai erfolgte das Pflanzen der Rübensetzlinge, diese wurden zuvor im Garten gezogen. Bei blauem Himmel und strahlendem Sonnenschein konnte im Juni dann die Heuernte beginnen. Das Gras auf den Wiesen wurde allerdings noch mit der Sense gemäht. Später gab es auch Mähmaschinen. Die Schwaden wurden mit der Harke dann des öfteren gewendet. Wenn das Heu dann trocken war, wurde es zu Käpsten zusammengetragen und nach einigen Tagen mit einem Leiterwagen in die Scheune gefahren oder auf dem Stallboden abgelagert.

Ende Juli / Anfang August, in den heißesten Tagen des Sommers, begann dann die Getreideernte. Wogende Getreidefelder, die sich über das weite Land hinzogen, gaben Zeugnis von der Fruchtbarkeit dieser Erde. Als erstes ist die Gerste reif. Es folgen dann Roggen, Weizen und Hafer.

Die Ernte war damals für Mensch und Tier eine besonders schwere Arbeit. Das reife Getreide wurde von mehreren Schnittern über viele Stunden des Tages mit der Sense gemäht, von den Binderinnen zu Garben gebunden und in Hocken aufgestellt. Die Getreidekör- ner müssen einen bestimmten Trocknungsgrad erreicht haben. Die Garben wurden dann von geschick-ten Händen auf einem Leiterwagen zu einem Fuder gepackt. In der Scheune wurden die Garben in ein Fach abgestakt und bis zum Dreschen gelagert.

Im Monat September begann die Kartoffelernte. Auch diese wurde in manueller Arbeit ausgeführt. In den früheren Jahren wurden die Zeilen aufgepflügt und die Kartoffeln mit einer Hacke ausgebuddelt. Später gab es Kartoffelmaschinen. Helfer sammelten die Kartoffeln auf und füllten sie in Säcke. Mit Leiterwagen wurden die Säcke mit den Kartoffeln in den Keller transportiert. Der Kartoffelacker wurde dann für die Aussaat des Wintergetreides vorbereitet.

Im Oktober erfolgte das Einbringen der Rüben. Sie wurden ausgezogen und von der Erde und den Blättern befreit. Mit Kastenwagen wurden sie in den Keller gefahren oder zum Überwintern in Mieten gelagert. Auch die Weißkohlköpfe wurden geerntet, gehobelt und in Fässern mit mehreren Zutaten zu Sauerkraut eingestampft.

Im November wurde das Getreide gedroschen. Mehrere Bauern zusammen hatten einen Dreschsatz gekauft. Die Technik war damals noch nicht so weit fortgeschritten, da war Nachbarschaftshilfe angesagt.

Besonderer Wert wurde auf deftige Mahlzeiten gelegt. Da mußte die Hausfrau sich große Mühe geben. Das gedroschene Getreide wurde auf dem Boden des Hauses oder des Stalles über den Winter für den eigenen Familiengebrauch und das Vieh eingelagert. Das übrige Getreide wurde zur Mühle gebracht und verkauft.

Etwas ruhiger wurde die Zeit dann im Dezember. Da stand lediglich das Schlachtfest an. Ein Schwein mußte sein Leben lassen, um die Versorgungslage für die nächsten Monate zu sichern. Das Fleisch wurde zu Wurst verarbeitet, geräuchert oder eingeweckt.

Die Weihnachtstage und das Jahresende waren dann Tage der Ruhe und Erholung. Es mußten neue Kräfte gesammelt werden für die anstehenden Aufgaben im kommenden Jahr. N

 

Ruf an die Heimat
von Wilhelm Fuehrer

Müd', vertrieben von dem Herde,

steh' ich einsam auf der Höh',

heimatlos auf fremder Erde,

fast zerbricht mein Herz vor Weh'.

Lieblich locken Harzes Auen,

doch umflort erstirbt mein Blick,

kann nicht neue Lande schauen,

denn mein Herz

blieb noch zurück.

In Gedanken seh' ich glitzern

schaumgekrönter Wellen Band,

kecke Sonnenstrahlen blitzen

über hellem Bernsteinstrand.

Dunkelgrüne Wälder säumen

silberne Masurenseen,

und in nebelfernen Träumen,

Elche durch die Moore ziehn.

Doch was narren mich die Bilder,

täuscht mein sehnend Herz

der Klang,

denn mein Schmerz

wird immer stärker, wilder,

da der Seele Saite sprang.

Fern von dir

sind deine Kinder,

Heimat, laß uns nicht allein!

Grausamer als eis'ger Winter

friert die Fremde uns zu Stein.

Doch auch dir

fehlt heut' das Klingen,

deines Volkes Blut und Brauch.

Uns're Arbeit, unser Singen

gaben dir den Lebenshauch.

Heimat, blieben dir

nur Trümmer,

ist dir all' dein Stolz genommen,

ruf uns!

Zu dir zieht's uns immer ...

Alle, alle werden kommen!