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31.05.03 / Tief bewegend / Literarische Liebeserklärungen an Ostpreußen

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 31. Mai 2003


Tief bewegend
Literarische Liebeserklärungen an Ostpreußen

Dir ein Lied zu singen ...", diese Anfangszeile der "Pruzzischen Elegie" des 1917 in Tilsit geborenen und 1965 verstorbenen Dichters Johannes Bobrowski bildet den Titel des vorliegenden Buches. Winfried Freund, Professor für Neuere Deutsche Literatur an der Universität Paderborn, hat eine - man kann es nicht anders nennen - eindrucksvolle Erinnerungs-Hymne auf eine Landschaft "komponiert", die jedem Ostpreußen, Kenner oder Besucher des Landes Lesewonne bietet.

Bereits Wilhelm von Humboldt schrieb 1809 anläßlich seiner Reise auf die Kurische Nehrung, "daß man sie eigentlich ebensogut als Spanien und Italien gesehen haben muß, wenn einem nicht ein wunderbares Bild in der Seele fehlen soll". Doch nicht nur diese von Schriftstellern gerühmte und von Malern verherrlichte schmale Landzunge, die die Ostsee vom Kurischen Haff trennt, wird von Freund ausführlich dargestellt, vielmehr führt er den Leser vom nördlichsten bis zum südlichsten Ostpreußen durch Großstädte, Klein- städte, stille Dörfer mit ihren holprigen Landstraßen. Zahlreiche Zitate aus Werken von Dichtern bindet er in seine Beschreibung ein.

Die berühmteste Ballade der Königsbergerin Agnes Miegel "Die Frauen von Nidden" schildert den freiwilligen Tod von sieben Frauen, die als einzige die vor 300 Jahren wütende Pest überlebten. Sie lassen sich vom Wandersand der "Hohen Düne" auf der Nehrung verschütten: "Sieh, wir liegen und warten ganz mit Ruh",/ Und die Düne kam und deckte sie zu."

Die bestaunte Kurische Nehrung wird litauisch "Neringa" genannt. Der Name geht auf die Sage um die in der Ostsee lebende Meerriesin gleichen Namens zurück. Vor Urzeiten, als Ostsee und Haff noch nicht getrennt waren, überfluteten bei Sturm die Wellenberge die Häuser und Äcker der Fischer und Bauern. Der Not dieser Menschen erbarmte sich Neringa. Sie baute einen Sanddamm. So entstand die Kurische Nehrung, die fortan die See, das Memeldelta und das Haff scheidet.

Schriftsteller von Rang und Autoren, die über Ostpreußen schrieben, sind in Freunds Buch vereint: Johann Gottfried Herder, E. T. A. Hoffmann, Ernst Wiechert, Fanny Lewald, Arno Surminski, Marion Gräfin Dönhoff. Siegfried Lenz, in Lyck geboren, prägte dem Gedächtnis des Lesers mit "So zärtlich war Suleyken!" seine masurische Heimat ein. Hans Hellmut Kirst aus Osterode veröffentlichte 1968 "Deutschland, deine Ostpreußen". Er porträtierte seine Landsleute zwar kritisch, aber mit durchschimmerndem Humor: ihre Vorliebe für Festivitäten, für ausgiebiges Essen und Trinken, ihre freudvolle Lebenskraft in anderen Bereichen.

Schließen wir mit dem Barock-dichter Simon Dach aus Memel. Nicht nur, daß er das bis heute populäre "Ännchen von Tharau" zur Heirat seines Freundes mit der anmutigen Pfarrerstochter verfaßte, er gründete auch als "Professor der Poesie" in Königsberg die literarische Vereinigung "Kürbishütte", die mit Lesungen und Vorträgen Ansehen errang. Sein "Freundschaftslied" aber galt nicht allein den Ostpreußen, sondern allen Volksgemeinschaften. Hier die erste Strophe: "Der Mensch hat nichts so eigen / So wohl steht ihm nichts an / Als daß er Treu erzeigen / Und Freundschaft halten kann ..."

Eine Lektüre, die Freude bereitet und für viele ostpreußische Leser auch Traurigkeit einschließt.

Esther Knorr-Anders

Winfried Freund: "Dir ein Lied zu singen - Eine literarische Reise durch das alte Ostpreußen", Hinstorff Verlag, Rostock 2002, 198 Seiten, Abb., 18,90 Euro