20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
21.06.03 / Kommentare

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 21. Juni 2003


Kommentare

17. Juni: Moskau ist verschnupft

Am Montag schaltete sich der russische Botschafter in Berlin, Sergej Krylow, in die Debatte um den 50. Jahrestag des 17. Juni ein. In einem Gastkommentar für die Welt gibt der Diplomat offen seinem Unbehagen darüber Ausdruck, daß die Deutschen diesem Tag plötzlich wieder mehr Bedeutung beimessen: "Heute einigen uns ... gemeinsame Werte. Deswegen ergibt es wenig Sinn, diese Geschichtsdaten zu nutzen, um alte Rechnungen zu begleichen und Ressentiments zu reanimieren."

Diese Empfindlichkeit irritiert. Gelten diese "gemeinsamen Werte" am 8. Mai nicht auch, wenn die "alten Rechnungen" im Stechschritt über Moskaus Roten Platz paradieren? Der Diplomat argumentiert mit den sehr unterschiedlichen Opferzahlen, die hinter dem 8. Mai und dem 17. Juni stehen. Doch das überzeugt nur vordergründig. So gesehen wäre der 30jährige Krieg (mit all seinen "antischwedischen, -dänischen, -französischen, -spanischen etc. Ressentiments") noch heute das bedeutendste Ereignis deutschen Geschichtsbewußtseins.

Doch es sind nicht allein Zahlen, es ist die oft erst später erkannte Bedeutung, die historischen Tagen dauerhaftes Gewicht verleiht. In diesem Licht ist der 17. Juni ein europäischer "Tag der Befreiung". Vor 50 Jahren haben Deutsche eine Kette von Aufständen begonnen, an deren Ende der Zusammenbruch des Kommunismus und somit auch die Freiheit des russischen Volkes stand.

Was also bewegt Krylow? Will er die Würdigung der Vergangenheit ausschließlich auf Geschehnisse reduziert sehen, bei denen Deutsche die Rolle des zu Verurteilenden einnahmen? In solchen Fällen heißt es fast gebieterisch: "Keine Versöhnung ohne (dauernde) Erinnerung." Wo es anders gelaufen ist, wo Deutsche Kämpfer der gerechten Sache waren, Opfer wurden und am Ende doch recht behielten, lautet die Handlungsanweisung des russischen Botschafters hingegen: Im neuen, freien Europa gebe es "keinen Platz" mehr "für Tragödien wie die am 17. Juni". Hans Heckel