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05.07.03 / Von der Ziehmutter inspiriert / Der Schleswig-Holsteiner Daßau erinnert an das Schicksal der Ostpreußen

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 05. Juli 2003


Von der Ziehmutter inspiriert
Der Schleswig-Holsteiner Daßau erinnert an das Schicksal der Ostpreußen

Wie oft sind sie schon beschrieben worden, die Wege durch Ostpreußen. Sie führen durch ein Land, das sich immer wieder mit der Prägung durch seine deutschen Einwohner schmückt. Daß dieser Landstrich nach Kriegsende unter polnische und sowjetische Verwaltung fiel, spielt dabei keine Rolle. Wir leben inzwischen in einer Epoche, in der die letzte Generation, die in den Gebieten jenseits von Oder und Neiße aufgewachsen ist, allmählich ausstirbt. Damit verschwinden Erinnerungen, Zeitzeugnisse und auch Bräuche. Von jenem für den Landstrich so typischen Dialekt nicht zu reden. Doch dieses Verschwinden geschieht - Gott sei Dank - nicht sang- und klanglos. Wie kaum eine andere Region der Ostgebiete wird uns Ostpreußen in Fernsehberichten und Filmaufzeichnungen vorgeführt. Und schließlich die Bücher, die die Einmaligkeit der durch Ostsee, herrliche Wälder und schlichte Landwirtschaft geprägten Landschaft und deren Menschen beschreiben.

Eines dieser wunderbaren Werke ist das soeben erschienene Buch "Wege durch Ostpreußen" von Hans Daßau. Dem 1950 in Schleswig-Holstein geborenen Autor ist, als wäre er in Ostpreußen aufgewachsen, vieles vertraut. Er wuchs in Fitzbek, einem kleinen Ort in der holsteinischen Geest, auf und verbrachte viel Zeit mit Flüchtlingen und Heimatvertriebenen. Dazu gehörte seine Ziehmutter, die aus Trakehnen stammt und gemeinsam mit ihrem Mann damals auf dem dortigen weltberühmten Gestüt arbeitete. Von ihr und einem pensionierten Lehrer erhielt er soviel Erzählstoff, daß er sich nach sechsjährigen, gründlichen Recherchen an seinen "Jahrhundert-Roman" (so der Untertitel) wagte. Dabei ist Daßau bestimmt kein Mensch, der auf die Lebensgeschichten anderer Leute angewiesen wäre. Er selbst hat ein bewegtes Leben hinter sich. Schon beizeiten zog es ihn in die Fremde: Als 18jähriger übte er in Paris drei Jahre die Stelle eines Volontärs aus, so daß er noch heute von Sprache und Lebensweise der Franzosen fasziniert ist. Danach lockte ihn die Seefahrt. Mehr als zwei Jahrzehnte streifte er als Seemann und Schiffskoch über die Weltmeere und lernte Länder, Menschen, Sitten, Bräuche und Religionen kennen. Mittlerweile hat er sich - in Seenähe freilich - niedergelassen.

Sein neues Buch eröffnet mit der Lebensgeschichte seines Ich-Erzählers Hartmann bereits Anfang des 20. Jahrhunderts in einer Danziger Präparandenschule. Es folgt der Ausbruch des Ersten Weltkrieges, in dem Hartmann unausweichlich seine Einberufung zum Militär bekommt und am Rußlandfeldzug teilnehmen muß. Der russische Winter, das Soldatenleben in den deutschen Stellungen und schließlich die Zurückdrängung der Deutschen geraten zu einem lebensnahen Zeugnis, das trotz der romanhaften Gestaltung im Buch glaubhaft und jederzeit spannend dargestellt wird. Ebenso überzeugend werden die Zustände geschildert, die sich in Rußland mit dem Ausbruch der Revolution ergeben haben. Chaotische Lebensverhältnisse, Plünderungen, militärische Gewalt, Morde - all das, was unter den Tisch der Geschichte zu fallen droht, beinhaltet jener Abschnitt des Buches. Nach der Rückkehr des Handlungshelden in seine ostpreußische Heimat setzt die Beschreibung des Schul- und Bildungssystems in der Weimarer Zeit ein, allerdings in einem rückständigen Teil des ansonsten zumindest scheinbarwirtschaftlich und kulturell boomenden Deutschlands. Der Autor glänzt hier mit erfreulich vielen Informationen, so daß seine Beschreibungen interessant und lebensnah wirken und gleichzeitig immer wieder Emotionen beim Leser wecken.

Bei seinen weiteren Schilderungen hält sich Daßau konsequent an das Motto seines Untertitels, indem er das Geschehen des 20. Jahrhunderts chronologisch weiterverfolgt und dabei persönliche Schicksale einflicht. So werden die Grausamkeiten des Zweiten Weltkrieges ebenso beschrieben wie die Vertreibung aus Ostpreußen und später die Aufnahme der Vertriebenen im westlichen Teil Deutschlands, die keinesfalls freundlich war. Versöhnlich hat Hans Daßau schließlich den Schluß seines Romans gestaltet. Vielleicht, weil er auf diese Weise dem Schicksal derjenigen Ostpreußen, die den Weg aus ihrer Heimat in den Westen fanden und hier Fuß faßten, am besten gerecht wird.

Wolfgang Mayer

Hans Daßau: "Wege durch Ostpreußen - ein Jahrhundert-Roman", First minute Taschenbuchver- lag Emsdetten, 160 Seiten, 14,90 Euro