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12.07.03 / Ein König der Evergreens / Vor 15 Jahren starb der Komponist unvergessener Melodien, Michael Jary

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 12. Juli 2003


Ein König der Evergreens
Vor 15 Jahren starb der Komponist unvergessener Melodien, Michael Jary

Eine besondere Melodienfülle, Schlager, Filmmusiken, hatte Michael Jary zu bieten. Und - er stammte aus Laurahütte in Oberschlesien, wo er am 24. September 1906 geboren wurde. Reinhard Seu- fert hatte das Glück, von diesem Erfolgskomponisten, als er sich schon ein wenig zurückgezogen hatte vom alltäglichen Schlagergeschäft, ein Interview mit Fototermin gewährt zu bekommen. Dieses fand in München statt, wo Jary sich nach Zwischenstationen in Berlin, Hamburg und Saarbrücken niedergelassen hatte. Bald kamen die beiden Männer ins Fachsimpeln.

"Der Name Jary ist mein Künstlername, eigentlich hieß ich Jar-czyk. Aber Minister Goebbels, mit dem ich des öfteren zu tun hatte, hätte sich geschüttelt wie ein nasser Hund mit diesem polnisch klingenden Namen. So war es also gut, daß ich beides hatte: einen Künstlernamen und einen einigermaßen deutsch klingenden dazu."

"Was waren denn Ihre ersten großen Erfolge?"

"Ich hatte das Glück, mit den am meisten gefeierten und begehrten weiblichen Stars hier zu arbeiten und für sie komponieren zu dürfen. ‚Roter Mohn' schrieb ich für die reizende und temperamentvolle Rosita Serrano. Sie war sehr hübsch, musikalisch und konnte gleich die Tonart angeben, in der sie ihre zuweilen koloraturartigen, ausgeschmückten Melodien brachte. Auch noch weitere Sängerinnen, nicht zuletzt auch Evelyn Künneke, zählten ebenfalls zu meinem näheren Bekanntenkreis. Für Evelyn hatte ich einige recht freche und flapsige Schlager geschrieben, die auch sehr populär wurden.

Der absolute Höhepunkt aber war das Phänomen aus Schweden: Zarah Leander. Diese Frau hatte wirklich alles, was man sich als kreativer Künstler und wohl auch als Mann nur wünschen konnte: Schönheit und Attraktivität wie keine andere Darstellerin jener Epoche und eine Figur, nun ja, die keineswegs unterhalb der Taille aufhörte, wie es die UfA mit ihren stark verhüllenden, nur mit großem Dekolleté versehenen Kleidern glauben machen wollte. Na, und die Stimme, sie ist heute noch ein Weltbegriff. Sie konnte vom Blatt singen, Klavierspielen und manches andere, was hier ohne Belang ist ..."

"Was schreibt man für solch einen Star? Und zwar für einen Film, der ‚Die große Liebe' heißen sollte?"

"Ich war mit meinem Textdichter Bruno Balz der Meinung, daß gerade in diesem Film zum einen etwas Sentimentales, zum anderen etwas enorm Schwungvolles, Mitreißendes enthalten sein sollte. Dies würde auch zur Kriegslage passen. Es war 1942. Noch siegten wir oder konnten zumindest die Tausende Kilometer entfernten und auseinandergezogenen Stellungen halten.

Aus dem Blitzkrieg, mit dem man Moskau erobern wollte, war nichts geworden. Im Westen stießen alle Friedensangebote auf Verweigerung. Es war ein Weltkrieg mit allen Konsequenzen geworden, was hier in irgendeiner Form seinen Niederschlag finden sollte. Bruno Balz brachte die Zeile ‚Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh'n'. Ich fand die Melodie, die schon nach dem ersten Durakkord in verminderte Klänge und Moll übergeht. Das Ganze im getragenen Dreivierteltakt.

Dann erinnere ich mich an meinen großen Erfolg von 1939: ‚Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern' in Dur und Marschrhythmus. Jetzt wurde ein Erfolgsschlager, den heute noch jeder kennt, erfunden, ein Schunkelwalzer: ‚Davon geht die Welt nicht unter.' Eine Melodie, die ins Ohr geht und mitreißt und die ich nicht am Flügel, sondern am - Schreibtisch erfunden habe."

Auch nach dem Krieg entstanden noch viele Melodien für große Interpreten. "Die reizvolle und sehr talentierte Bibi Johns war auch dabei. Wer kann schon von sich sagen, daß eine seiner Melodien (‚Zwei Herzen im Mai') sogar für eine Hupenfanfare verwendet worden ist?"

Für den Evergreenkönig Michael Jary hatte sein Verlag zum 80. Geburtstag eine grandiose Party und Einladung mit viel Prominenz und ehemaligen Interpreten ausgerichtet, bei der auch Reinhard Seufert mit dabei war und Fotos machte. Das war 1986 im großen Saal des Münchener Arabella-Hotels.

Ein besonders typisches Bild ist jenes, auf dem der Meister am Klavier sitzt und das Programm hält. Dieser Film, der Auftakt zu einem großartigen Comeback des Komponisten, wird heute noch hin und wieder im Fernsehen gezeigt. - Am 12. Juli 1988, vor nunmehr 15 Jahren, starb Michael Jary in München. R. S. / os

Michael Jary: Der Komponist aus Oberschlesien schuf viele unsterbliche Melodien Foto: Seufert