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09.08.03 / Polen: Überall korrupte Zöllner

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 09. August 2003


Polen: Überall korrupte Zöllner
Schmuggelwaren überschwemmen die Grenzregionen
von Martin Schmidt

Auf Flohmärkten oder bei Haushaltsauflösungen lassen sich interessante Funde machen. So hat der Verfasser bei einem seiner entsprechenden Streifzüge eine Broschüre mit folgendem Titel aufgestöbert: "Der lustige Pieron. Allen fröhlichen Oberschlesiern gewidmet!"

Das vom Zahn der Zeit schon leicht angenagte Heft wurde 1921 im Gleiwitzer Guttenberg-Verlag gedruckt und betreibt als Fortsetzung eines seinerzeit beliebten wöchentlichen Witzblattes über den "Lustigen Pieron" eine derb-komische Abstimmungspropaganda zugunsten Deutschlands und gegen Polen.

Kurzgeschichten und Karikaturen wiederholen in immer neuen Variationen bis heute bekannte deutsche Klischees über "die Polen", ihre angebliche Arbeitsscheu, ihr liederliches Aussehen (einschließlich der "polnischen Wirtschaft" im ganzen Land), den übermäßigen Alkoholkonsum, die Veranlagung zu krummen Geschäften u. a.

Wer in der Nach-Wende-Zeit durch die Republik Polen gereist ist und sich näher mit der Entwicklung unseres östlichen Nachbarn beschäftigt, erkennt rasch, wie diese kollektiven Bilder immer weniger Entsprechungen in der Wirklichkeit finden. Dies gilt um so mehr, als es mit so manchen einst sprichwörtlichen deutschen Tugenden, auf die auch die genannte oberschlesische Broschüre immer wieder Bezug nimmt, nicht mehr weit her ist.

Bei aller Anerkennung der jüngsten polnischen Aufbauleistungen zwischen Oder und Bug gilt es im Vorfeld des EU-Beitritts allerdings auch, den Blick auf verbliebene Schattenseiten zu richten, die sich mit einigen der früheren Negativ-Stereotype decken. Vor allem die weitverbreitete Korruption sollte nicht nur in Polen selbst Anlaß zur Sorge geben.

Während in der Bundesrepublik Deutschland Korruptionsfälle beim nationalen Zoll oder beim Bundesgrenzschutz eine große Seltenheit darstellen, sind sie im polnischen Machtbereich zu einer regelrechten Landplage geworden.

Die Zeitung Trybuna berichtete am 31. Juli, daß das Land derzeit von einem Strom unverzollter Zigaretten und geschmuggelten Wodkas überflutet werde, der der Staatskasse viele Millionen Zloty an Einnahmeverlusten bringe.

Das Problem habe derartige Ausmaße angenommen, daß sich die Leitung der Zollbehörde zu drastischen Disziplinarstrafen genötigt sehe - bis hin zu fristlosen Kündigungen bestechlicher Beamter ohne Abwarten des Gerichtsurteils.

Gleich mehrere laufende Gerichtsverfahren zeugen von dem weitverbreiteten Schmuggelunwesen und der Korruptheit der Zöllner.

Zuletzt begann am 30. Juli vor dem Bezirksgericht im ostpreußischen Bartenstein (Bartoszyce) ein Prozeß gegen 13 Beamte, denen vorgeworfen wird, am nahegelegenen Grenzübergang Bezledy Schmiergelder für das Wegschauen beim Schmuggel von Alkohol und Zigaretten erhalten zu haben. Für das Durchlassen eines illegalen Transportes sollen sie zwischen 50 und 400 Zloty (etwa 12 bis 100 Euro) kassiert haben.

Im Zusammenhang mit diesem Verfahren haben Schmuggler die haarsträubende Behauptung aufgestellt, daß jeder von ihnen an der Grenze seinen "eigenen" Beamten habe. Und wie zum Beweis dieser Aussage wurden nach der Verhaftung der in Bartenstein angeklagten Personen am selben Grenzübergang Bezledy drei weitere Zollbeamtinnen erwischt, wie sie Gelder kassierten, weil sie die abgabenfreie Einfuhr von Zigaretten und Wodka duldeten.

Insbesondere für die drei in Ermland bzw. Masuren gelegenen polnischen Grenzübergänge zum Königsberger Gebiet ist der Schmuggel im kleinen Stil eine geradezu charakteristische Erscheinung. Zehntausende Menschen verdienen damit ihren Lebensunterhalt, zumal die Arbeitslosigkeit in der fast rein agrarischen Region bei über 30 Prozent liegt und in einigen Grenzorten beinahe die Hälfte der Bewohner im arbeitsfähigen Alter von der "Kuroniowka", der polnischen Sozialhilfe, lebt. Den Übergang Bezledy passieren jährlich immerhin über eine Million Personen und mehr als 70 000 Lkws.

An den Grenzsperren herrscht meist ein unübersichtliches Verkehrschaos, das offenbar nur durch die obligatorischen Bestechungsgelder sowie durch die ungeschriebenen Gesetze der Schmuggler immer wieder entwirrt werden kann.

Die polnischen Bauern an dieser innerostpreußischen Demarkationslinie betanken ihre Trecker wie selbstverständlich mit illegal eingeführtem russischen Diesel; selbst trinken sie "natürlich" russischen Schmuggel-Wodka.

Einige der mit durchschnittlich etwa 3200 Zloty brutto (ca. 800 Euro) vergleichweise gut bezahlten polnischen Zöllner, die allerdings im Vorfeld der EU-Osterweiterung von Massenentlassungen bedroht sind, sagten im Bartensteiner Gerichtsverfahren aus, durch die Einnahme von Schmiergeldern rund 2000 Zloty (etwa 500 Euro) im Monat zusätzlich verdienen zu können.

Die Agentur für Innere Sicherheit wies darauf hin, daß Zollbeamte und Schmuggler besondere Gesellschaften gegründet hätten, bei denen die Höhe der Schmiergelder nach bestimmten Kriterien festgeschrieben würde: beispielsweise nach dem Rang, dem Dienstalter der Zöllner und nach der Art der durchgeführten Kontrollen.

All dies verstärkt die Erkenntnis, daß der Vollzug der EU-Osterweiterung im Mai kommenden Jahres noch eine Menge praktischer Probleme aufwirft, zumal dann die polnischen Nord-und Ostgrenzen zum Königsberger Gebiet, zu Weißrußland und zur Ukraine zugleich die Außengrenzen der Europäischen Union sein werden.

Darüber hinaus veranschaulicht die in Ostmitteleuropa allgemein weitverbreitete Korruption, daß es im wirtschaftlich-moralisch zusehends schwächer werdenden bundesdeutschen Staat durchaus noch Standards gibt, die international Zeichen setzen - nicht zuletzt die Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit der Zollbeamten und Bundesgrenzschützer.

In diesem Zusammenhang ist es eine mitteleuropäische Entwicklungshilfe von allgemeinem Interesse, wenn bald überall an der der neuen EU-Ostgrenze an Angerapp oder Bug gemeinsame deutsch-polnische Streifen patrouillieren. An der Grenze zwischen dem Freistaat Sachsen und der Tschechischen Republik gibt es solche binationalen Streifen übrigens schon seit Februar.

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